Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 14.02.2007; Aktenzeichen 28 O 292/06) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 14.2.2007 verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des LG Köln - 28 O 292/06 - abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten beider Rechtszüge.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten darum, ob die Klägerin urheberrechtliche Nutzungsrechte an dem von dem Dramatiker M I geschriebenen Jugendtheaterstück "D" vergeben kann, ohne damit Persönlichkeitsrechte der Beklagten und deren verstorbener Tochter G zu verletzen. Die Klägerin ist der Theaterverlag des Autors, der das Stück 2005 im Auftrag der Theater & Philharmonie F GmbH schrieb. Mit Autorenvertrag vom 1./4.12.2005 übertrug der Autor der Klägerin die Verwertung sämtlicher Urheberrechte einschließlich aller sog. Nebenrechte an dem Stück, das am 9.12.2005 in F uraufgeführt wurde. Die Beklagte ist die Mutter der am 31.5.2004 getöteten G S. Das damals 14 Jahre alte Mädchen wurde auf einem Parkplatz in J von einem türkischen Heranwachsenden nach einem gemeinsam mit der 13 Jahre alten Freundin von G und einem Freund des Täters unternommenen Wochenendausflug nach L mit zahlreichen Messerstichen getötet. Die Freundin wurde von dem zweiten türkischen Jugendlichen ebenfalls mit Messerstichen lebensgefährlich verletzt. Das Tatgeschehen hatte wegen seiner Brutalität großes Aufsehen erregt und war als sog. "J'er Mädchenmord" Gegenstand bundesweiter Medienberichte gewesen. Die beiden Täter wurden mit Urteil des LG Hagen vom 16.3.2005 wegen Totschlags und Anstiftung zum Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung bzw. wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung rechtskräftig zu zehn bzw. neun Jahren Jugendstrafe verurteilt. Die Beklagte sieht in dem Bühnenstück "D" eine teilweise detailgetreue Darstellung des Geschehens um den Tod ihrer Tochter und vertritt die Auffassung, dass ihre Tochter in der Hauptfigur der "E" unschwer wiederzuerkennen sei. Durch die Konzentration auf charakterliche und moralische Mängel und die Hinzudichtung unwahrer Tatsachen erscheine ihre Tochter in der Gestalt der Hauptfigur des Stückes "E" in einem extrem negativen Licht, welches das Lebensbild der Tochter entstelle und ihren postmortalen Achtungsanspruch negiere. Sie hat gegen die bereits an verschiedenen Bühnen erfolgten Inszenierungen des Stückes gerichtlich interveniert und ist damit beim OLG Hamm sowie bei den LG Hagen, Düsseldorf und Münster erfolgreich gewesen. Die Klägerin, die mit der vorliegenden negativen Feststellungsklage eine allgemeinverbindliche Klärung zur Wahrung ihrer Nutzungsrechte anstrebt, macht geltend, der "J'er Mädchenmord" habe lediglich als eines von verschiedenen als "Ehrenmord" apostrophierten Tötungsdelikten die Folie für das Bühnenwerk gebildet, mit dem der Autor in einem Jugendstück kulturelle Prägungen der zweiten und dritten Immigrantengeneration habe thematisieren wollen. Die fiktive Rekonstruktion versuche, die aus einem vermeintlichen "Ehrenkodex" resultierenden Motive und Konflikte offen zu legen und auf diese Weise zur Diskussion unter Jugendlichen anzuregen. Die Leitfiguren seien, was von den Zuschauern auch erkannt werde, lediglich Prototypen mit generalisierenden Zügen, so dass die Zuschauer eine Identifizierung der Tochter der Beklagten mit der "E" nicht vornähmen.
Mit Urteil vom 14.2.2007 hat das LG Köln entsprechend dem Schlussantrag der Klägerin festgestellt, dass der Inszenierung, Aufführung und Veröffentlichung des Bühnenwerkes "D" des Dramatikers M I aus dem Jahr 2005 Persönlichkeitsrechte der Beklagten und ihrer verstorbenen Tochter nicht entgegenstehen. Das für die Zulässigkeit der Klage notwendige Feststellungsinteresse der Klägerin hat das LG in dem berechtigten Verlangen der Klägerin nach Rechtsklarheit bei der weiteren Verwertung ihrer Nutzungsrechte gesehen, welches unabhängig von den gerichtlichen Auseinandersetzungen der Beklagten mit den einzelnen Theatern bestehe. Die Klage sei auch begründet, weil durch die Inszenierung, Aufführung oder Veröffentlichung des Bühnenwerkes "D" weder das postmortale Persönlichkeitsrecht der Tochter der Beklagten noch das Persönlichkeitsrecht der Beklagten selbst in rechtswidriger Weise verletzt seien. Zwar sei die Tochter der Beklagten angesichts der deutlichen Parallelen und Ähnlichkeiten zum realen Tatgeschehen als Vorbild der Hauptfigur "E" erkennbar. Die zur Feststellung der Rechtswidrigkeit des Eingriffs in das postmortale Persönlichkeitsrecht der Tochter vorzunehmende Güterabwägung falle jedoch zugunsten der für die Klägerin streitenden Kunstfreiheit a...