Entscheidungsstichwort (Thema)
Unlauterer Wettbewerb: Einrichtung von Tippfehlerdomains; Begriff des Beauftragten
Leitsatz (amtlich)
1. Die Einrichtung von "Tippfehlerdomains" stellt eine gezielte Behinderung des Inhaber der betreffenden Domain gem. § 4 Nr. 10 UWG dar.(Rz. 4)
2. Beauftragter ist jeder, der in die betriebliche Organisation des Unternehmens in der Weise eingegliedert ist, dass der Erfolg seiner Geschäftstätigkeit dem Inhaber zu Gute kommt und der Inhaber einen bestimmenden durchsetzbaren Einfluss auf diejenige Tätigkeit des Beauftragen hat, in deren Bereich das beanstandete Verhalten fällt. Dabei kommt es nicht darauf an, welchen Einfluss sich der Inhaber gesichert hat, sondern darauf, welchen Einfluss er sich sichern konnte und musste. Der Unternehmensinhaber haftet daher gegebenenfalls auch für ohne sein Wissen und gegen seinen Willen von einem Beauftragten begangene Rechtsverstöße.(Rz. 6)
3. Beauftragte in diesem Sinne sind auch Werbepartner des Betreibers einer Internetseite, die im Rahmen eines Werbepartnerprogramms gegen Zahlung einer erfolgsabhängigen Provision auf ihren Webseiten elektronische Verweise auf jene Internetseite bereitstellen, um für das dortige Angebot zu werben.(Rz. 7)
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 06.02.2013; Aktenzeichen 84 O 208/12) |
Tenor
Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 6.2.2013 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des LG Köln - 84 O 208/12 - wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Gründe
I. Die Parteien stehen als Anbieter von Druckereileistungen über das Internet miteinander im Wettbewerb. Zur Steigerung der Zugriffe auf ihre Website unter "www.T.de" bedient sich die Antragsgegnerin eines Partnerprogramms der ("B"-) Netzwerkbetreiberin C GmbH (nachfolgend: C). Werbepartner ("Publisher") können sich dazu online unter Angabe der Primär-URL ihrer eigenen Website anmelden; die Antragsgegnerin (als "Advertiser") stellt ihnen mit einem Link unterlegte Werbemittel zur Verfügung und gewährt für erfolgreiche Weiterleitungen auf ihre Webseite unter näher definierten Voraussetzungen Provision.
Die Antragstellerin betreibt eine Webseite unter "www.V.de". Am 18.9.2012 stellte sie fest, dass Internetnutzer, die in die Adresszeile ihres Browsers "www.V.de" oder "www.V2.de" eingaben, über das C-Netzwerk unmittelbar zur Webseite der Antragsgegnerin weitergeleitet wurden. Sie hat diese unter dem 26.9.2012 abgemahnt und am 16.10.2012 eine einstweilige Verfügung erwirkt, mit der das LG der Antragsgegnerin untersagt hat, für Druckereiprodukte mittels Verlinkung von den vorgenannten Domains auf ihre Website unter "T. de", wie durch Bildschirmansichten vom 21.9.2012 wiedergegeben, selbst oder durch Dritte Werbung zu betreiben. Nach Widerspruch der Antragsgegnerin, die ihre Haftung in Abrede gestellt, als Inhaberin der genannten Domains ein nicht zu ihrem Partnerprogramm angemeldetes Unternehmen mit Sitz in Hongkong namhaft gemacht und am 24.10.2012 demjenigen Unternehmen die Kooperation gekündigt hat, dem sie nach ihren Angaben den der Weiterleitung zugrunde liegenden Link für die Webseite "www.T2.de" überlassen hatte, ist die einstweilige Verfügung vom LG mit dem angefochtenen Urteil bestätigt worden. Dagegen richtet sich die weiterhin auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung und Zurückweisung des Verfügungsantrags gerichtete Berufung der Antragsgegnerin.
II. Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.
1. Die Annahme des LG, dass die Einrichtung von "Tippfehlerdomains" (hier: "www.V.de", "www.V2.de") mit Weiterleitung zur Webseite eines Mitbewerbers objektiv darauf angelegt ist, Nutzer von der ohne Tippfehler geschriebenen Domain (hier: "www.V.de") "umzuleiten", und in diesem sog. "Typosquatting" eine gezielte Behinderung (§ 4 Nr. 10 UWG) des Inhabers der Domain (hier: der Antragstellerin) liegt, trifft zu (vgl. OLG Köln WRP 2012, 989 = MMR 2012, 462; Müller-Bidinger/Seichter in: Ullmann jurisPK-UWG, 3. Aufl., § 4 Nr. 10, Rz. 50) und wird von der Berufung auch nicht angegriffen.
2. Für die vorbeschriebene unlautere geschäftliche Handlung (§ 3 Abs. 1 UWG) haftet der Antragstellerin (§ 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG) nicht nur derjenige, der die Weiterleitung eingerichtet hat, sondern auch die Antragsgegnerin, denn auf Grund des beiderseitigen Parteivorbringens ist es derzeit überwiegend wahrscheinlich, also glaubhaft gemacht (§ 294, 920 Abs. 2, 936 ZPO), dass einer ihrer Beauftragten die Zuwiderhandlung in ihrem Unternehmen begangen hat (§ 8 Abs. 2 UWG). Dies hat bereits das LG zutreffend ausgeführt; zu Unrecht rügt die Berufung, dass die Kammer für Handelssachen wesentliche technische Zusammenhänge verkannt und die für die Haftung in "B"-Netzwerken geltenden rechtlichen Grundsätze fehlerhaft angewendet habe.
a) Die Tatbestandsmerkmale "in einem Unternehmen von ... einem Beauftragten" (§ 8 Abs. 2 UWG, entsprechend § 14 Nr. 7 MarkenG) sind gemäß dem Zweck der Vorschrift weit auszulegen, denn der Unt...