Leitsatz (amtlich)
1. Der Verteilungsplan der GEMA als Bestandteil eines mit dem Verleger geschlossenen Beteiligungsvertrages unterliegt der AGB-Kontrolle gemäß §§ 305 ff. BGB; es handelt sich bei den Bestimmungen zur Verlagsbeteiligung auch nicht um Preisvereinbarungen im Sinne des § 307 Abs. 3 BGB.
2. Verteilungspläne bis 2016, die eine prozentuale Beteiligung der Verleger vorsahen, wenn von einem Verlagsvertrag umfasste Werke als verlegt angemeldet worden waren und hierzu niemand widersprochen hat, waren mit wesentlichen Grundgedanken des § 7 S. 1 Urheberwahrnehmungsgesetz (jetzt § 27 Abs. 1, S. 1 VGG) unvereinbar.
3. Das gilt nicht nur für die Verteilung von Einnahmen aus gesetzlichen Vergütungsansprüchen, sondern auch für Ausschüttungen auf Nutzungsrechte, weil Verlage auch dann beteiligt wurden, wenn der Musikurheber vor der Rechteeinräumung an den Verlag bereits einen Berechtigungsvertrag mit der GEMA geschlossen und dieser seine Rechte zur Wahrnehmung übertragen hatte.
4. Die bis 2016 erfolgte Verlagsbeteiligung kann auch nicht auf Gewohnheitsrecht gestützt werden.
Normenkette
BGB § 1. Alt, §§ 307, 812 Abs. 1 S. 1; UrhwahrnG § 7 S. 1; VGG § 27 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 14 O 252/19) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 25.02.2022 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 14 O 252/19 - wird zurückgewiesen. Klarstellend wird in Abänderung des Tenors der angefochtenen Entscheidung zu Ziff. 2.a) festgestellt, dass sich die Widerklage auch insoweit erledigt hat, d.h. in Höhe von 3.631,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 19.05.2020 sowie aus 4.545,80 EUR für die Zeit seit dem 19.05.2020 bis zum 28.02.2021.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Dieses Urteil und das des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin, ein Musikverlag, ist Mitglied bei der beklagten Verwertungsgesellschaft GEMA. Die Parteien streiten mit Klage und Widerklage um die Berechtigung der Beklagten, von der Klägerin Rückzahlung der in den Geschäftsjahren 2012 bis 2016 auf die Verlegerbeteiligungen vorgenommenen Ausschüttungen zu verlangen bzw. hierauf Verrechnungen vorzunehmen. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil des Landgerichts Köln vom 25.02.2022 Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Widerklage der Beklagten hat es die Klägerin zur Zahlung von 3.631,00 EUR verurteilt und festgestellt, dass die Widerklage in Höhe von 4.545,80 EUR erledigt sei. Im Übrigen hat es die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht angeführt, dass die Klägerin in den Jahren 2012 bis 2016 Leistungen der Beklagten von ca. 34.000 EUR erhalten habe, in Höhe von insgesamt 14.655,41 EUR auf eine tatsächlich nicht bestehende vertragliche Forderung und mithin ohne Rechtsgrund. Die Beklagte habe die Überweisungen die Klägerin auf der Grundlage des zwischen den Parteien geschlossenen Berechtigungsvertrages vorgenommen, der seinerseits auf die Verteilungspläne der Beklagten verweise. Diese seien im streitgegenständlichen Zeitraum 2012 bis 2016 gemäß der Rechtsprechung des BGH zur Verlegerbeteiligung bei der VG Wort (Urteil vom 21.04.2016, I ZR 198/13 - Verlegerbeteiligung) und, dieser folgend, der Entscheidung des KG vom 14.11.2016 (24 U 96/14) nach § 307 BGB unwirksam gewesen. Der Beklagten stehe daher bezüglich der rechtsgrundlos geleisteten 14.655,41 EUR ein Rückzahlungsanspruch aus §§ 812, 818 BGB zu, so dass die hierauf vorgenommenen Verrechnungen für ab 2017 ermittelte Ausschüttungen in Höhe von 4.764,24 EUR und 4.545,80 EUR sowie einen zunächst auf einem Sperrkonto hinterlegten Betrag von 1.714,37 EUR zu Recht erfolgt seien und der Beklagten ein Rückzahlungsanspruch von noch 3.631,00 EUR zustehe. Da sich die Klägerin an dem durch Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten am 24.05.2017 angeordneten elektronischen Bestätigungsverfahren (EBV) zur Rückabwicklung von Beteiligungen von Urhebern und Verlegern für die Ausschüttungen zwischen dem 01.07.2012 und dem 23.12.2016 bewusst nicht beteiligt habe, sei es auch nicht im Einzelfall unbillig, dass die Klägerin für den streitgegenständlichen Zeitraum "leer" ausgehe.
Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie wendet sich gegen ihre Verurteilung auf die Widerklage und macht im Wege einer Klageerweiterung einen Zahlungsanspruch in Höhe von nunmehr insgesamt 25.679,82 EUR geltend. Sie habe die Ausschüttungen auf den Verlegeranteil nicht ohne Rechtsgrund erhalten und kön...