Entscheidungsstichwort (Thema)

Crocs II

 

Leitsatz (amtlich)

1. Neben dem Hersteller kann auch eine Vertriebsgesellschaft Ansprüche aus § 4 Nr. 9 UWG geltend machen.

2. Zu den Anforderungen an die Darlegung der Marktbedeutung von Produkten des Umfelds, durch die die wettbewerbliche Eigenart des Produkts des Anspruchstellers geschwächt worden sein soll.

3. Eine Herkunftstäuschung kann grundsätzlich auch dann vorliegen, wenn in dem beanstandeten Produkt die prägenden Merkmale zweier unterschiedlicher Produkte des Anspruchstellers kombiniert werden.

 

Normenkette

UWG § 4 Nr. 9 lit. a

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 05.03.2013; Aktenzeichen 31 O 154/14)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 5.3.2013 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des LG Köln - 31 O 154/14 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Dieses Urteil und das genannte Urteil des LG sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klägerinnen abwenden, wenn nicht die Klägerinnen vor der Vollstreckung Sicherheit leisten. Die Höhe der Sicherheit beträgt

für den Tenor zu I.1 (Unterlassung) 200.000 EUR,

für den Tenor zu I. 2 (Auskunft) 20.000 EUR,

im Übrigen für die Beklagte 110 % des aufgrund der Urteile zu vollstreckenden Betrages, für die Klägerinnen 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

(anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen gemäß § 540 Abs. 1 ZPO)

I. Die Klägerin zu 1) ist Herstellerin der Freizeitschuhe "Crocs", die sie weltweit vertreibt. Die Klägerin zu 2) ist eine exklusiv für den Vertrieb in Europa zuständige Tochtergesellschaft der Klägerin zu 1). Der Verkauf der "Crocs" findet seit 2005 auch in Deutschland statt. Mittlerweile bieten die Klägerinnen eine Vielzahl unterschiedlicher Kollektionen mit über 544 Schuhmodellen an.

In Deutschland vertreiben die Klägerinnen unter anderem seit 2005 das Modell "Classic" (Abbildung Anlage K 2, Bl. 35 d.A. und die zur Akte gereichten Originalschuhe, nachfolgend: Modell C) und seit 2007 eine Winterversion mit Fütterung, das Modell "Mammoth" (vgl. Abbildung Anlage K 7, Bl. 64 d.A., nachfolgend Modell M).

Im Oktober 2013 wurden die Klägerinnen auf den Vertrieb von Plastikschuhen im Internetshop der Beklagten aufmerksam, die in Varianten für Frauen, Männer und Kinder in verschiedenen Farben zu je 4,99 EUR beziehungsweise 3,99 EUR angeboten wurden. Nachfolgende Gegenüberstellung zeigt die Produkte der Klägerinnen und der Beklagten:

((Abbildung))

Mit Schreiben vom 15.10.2013 mahnte die Klägerin zu 1) die Rechtsvorgängerin der Beklagten sowie die M Stiftung & Co. KG ab (Anlage K 12, Bl. 84 ff. d.A.). Sie stützte die geltend gemachten Unterlassungs- und Kostenersatzansprüche neben Wettbewerbsrecht vorrangig auf die Verletzung der Gemeinschaftsmarke (3 D-Marke) Nr. 06xx35xx für das Modell C sowie auf das Gemeinschaftsgeschmacksmuster Nummer 00xx33xx2-0001 für das Modell M.

Die Klägerinnen beanstanden das streitgegenständliche Produkt der Beklagten als eine unzulässige Nachahmung ihrer Modelle C und M. Die wettbewerbliche Eigenart ihrer Modelle sehen sie durch die Kombination folgender Merkmale begründet:

  • clogartige Form,
  • umklappbarer Fersenriemen, durch den der Schuh als Sandale und Clog getragen werden kann,
  • halbkreisförmige Löcher rund um die Oberseite des Schuhs, sowie
  • runde Löcher in der Oberseite des Schuhs.

Das Modell M weist darüber hinaus eine Fütterung auf, wobei nur das Kindermodell mit dem umklappbaren Fersenriemen versehen ist.

Die Klägerinnen haben behauptet, die von ihnen vertriebenen Schuhe seien, sowohl allgemein als auch bezogen auf die Modelle C und M, von überragender Bekanntheit. Dies zeige auch die Entwicklung der weltweiten Umsatzzahlen ihrer Produkte von 13,5 Millionen USD im Jahre 2004, über 108,6 Millionen USD im Jahre 2005 und 354,7 Millionen USD im Jahre 2006 und sogar über 1 Milliarde USD im Jahr 2011. Auch in Deutschland würden sie sich einer herausragenden Beliebtheit erfreuen. So sei der Umsatz seit Einführung im April 2005 von rund 1,5 Millionen EUR im Jahr 2006 auf rund 14,3 Millionen EUR im Jahr 2007 und 29,5 Millionen EUR im Jahr 2012 gestiegen.

Die "Crocs" seien im gehobenen Schuhhandel mittlerweile omnipräsent. Neben den 13 Crocs-Flagship-Stores und sieben Discount Outlets unter anderem in Hamburg, Berlin, München, Frankfurt, Leipzig und Köln erfolge der Verkauf über 1957 Verkaufsstätten der über 1009 Vertragshändler sowie über den Onlineshop auf www.crocs.de und zahlreiche namhafte Onlinehändler wie beispielsweise Amazon und Zalando. Darüber hinaus seien die Schuhe auch im Versandhandel (z.B. bei Otto) erhältlich. Obgleich es sich den Produkten um "Selbstläufer" handele, sei der Erfolg seit der Einführung allein in Deutschland zusätzlich mit über 3 Millionen EUR Werbegeldern unterstützt worden. Die Bekanntheit ihrer Produkte werde auch durch diverse Presseberichte belegt.

Die Klägerinnen haben behauptet, auch nach Einführung einer Vielzahl weiterer Crocs-Modelle h...

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