Entscheidungsstichwort (Thema)
Verbundverfahren: Unzulässigkeit eines Teilurteils aufgrund der Abtrennung von Folgesachen
Leitsatz (redaktionell)
Bei einer Abtrennung von Folgesachen nach § 628 S. 1 Ziff. 4 ZPO muss kumulativ zur außergewöhnlichen Verzögerung eine unzumutbare Härte wegen der Verzögerung vorliegen. Hierzu reicht ein außergewöhnlicher Zeitablauf grundsätzlich nicht aus.
Normenkette
ZPO § 628 S. 1 Ziff. 4
Verfahrensgang
AG Brühl (Urteil vom 07.07.2009; Aktenzeichen 31 F 373/05) |
Tenor
Auf die Berufung des Antragsgegners wird das Urteil des AG - Familiengericht - Brühl vom 7.7.2009 - 31 F 373/05 - mitsamt dem zugrunde liegenden Verfahren aufgehoben und die Sache zur Wiederherstellung des Verbundes und erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Berufungsverfahrens an das AG - Familiengericht - Brühl zurückverwiesen.
Gründe
Die zulässige Berufung des Antragsgegners hat insoweit Erfolg, als sie zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückweisung der Sache führen musste.
Denn das angefochtene Urteil stellt ein unzulässiges Teilurteil dar, weil die Folgesachen Hausrat und Zugewinnausgleich zu Unrecht von dem Verbundverfahren abgetrennt worden sind. Damit leidet das erstinstanzliche Verfahren an einem schweren Verfahrensfehler.
Gemäß § 628 Abs. 1 Ziff. 4 ZPO kann das Familiengericht dem Scheidungsantrag unter Abtrennung von Folgesachen nur dann stattgeben, soweit die gleichzeitige Entscheidung über die abgetrennten Folgesachen den Scheidungsausspruch so außergewöhnlich verzögern würde, dass der Aufschub auch unter Berücksichtigung der Bedeutung der Folgesache eine unzumutbare Härte darstellen würde.
Da nach der Rechtsprechung eine Verfahrensdauer von mehr als zwei Jahren als außergewöhnlich anzusehen ist (vgl. Zöller/Philippi ZPO, 28. Aufl., § 628 Rz. 5, 13 m.w.N.), liegt hier eine außergewöhnliche Verzögerung vor, selbst wenn, da der Scheidungsantrag verfrüht schon im Januar 2006 rechtshängig geworden ist, auf den Ablauf des Trennungsjahres im März 2006 abgestellt wird.
Kumulativ zur außergewöhnlichen Verzögerung muss eine unzumutbare Härte wegen der Verzögerung vorliegen.
Nach ständiger Rechtsprechung reicht allein der außergewöhnliche Zeitablauf nicht aus, um eine unzumutbare Härte zu begründen (Zöller, a.a.O., Rz. 6 m.w.N.). Die Antragstellerin sowie das AG im angefochtenen Urteil haben aber ausschließlich auf den Zeitablauf als unzumutbare Härte abgestellt. Weder in der Berufungsbegründung noch in der ausführlichen Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat sind andere Gründe dargelegt worden, die eine unzumutbare Härte ergeben könnten. Es mag dahin stehen, ob in einem extrem verzögerten Verfahren der Zeitpunkt eintreten kann, in dem allein die Verzögerung als unzumutbare Härte erscheint, wobei nicht übersehen werden darf, dass es immer auch in der Hand der Parteien liegt, ein Verfahren zu beschleunigen oder zu verzögern. Denn keinesfalls liegt bei einer bisherigen Verfahrensdauer von knapp vier Jahren ein extrem verzögerter Fall vor.
Der Verbund war daher wiederherzustellen.
Da die abgetrennten Folgesachen noch nicht entscheidungsreif sind, kann auch der Senat nicht selbst in der Sache entscheiden, so dass die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Familiengericht zurückzuverweisen war.
Berufungswert: 13.600 EUR.
Fundstellen
Haufe-Index 2300029 |
FamFR 2010, 114 |