rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Miet- & Raumrecht. Schriftform für Nachtragsvereinbarungen durch die das Mietverhältnis verlängert und/oder der Mietzins erhöht wird
Leitsatz (amtlich)
1. § 539 BGB gilt auch für Nachtragsvereinbarungen, durch die das Mietverhältnis verlängert und/oder der Mietzins erhöht wird.
2. Ein durch vorbehaltlose Zahlung des Mietzinses nach § 539 BGB ausgeschlossenes Minderungsrecht kann wieder aufleben, wenn der Mieter es sich bei der Mietzinserhöhung ausdrücklich vorbehält oder der Vermieter die Beseitigung der von dem Mieter gerügten Mängel des Mietobjekts zusichert. Der Mieter darf dann zunächst abwarten, ob der Vermieter mit den zugesagten Arbeiten beginnt. Ihm ist insoweit im Hinblick auf mögliche Minderungsansprüche seine Überlegungsfrist von zumindest 2 Monaten zuzubilligen, so dass es unschädlich ist, wenn er in diesem Zeitraum die volle Miete bezahlt.
3. Das mit der Nachtragsvereinbarung wiederaufgelebte Minderungsrecht beschränkt sich auf den Differenzbetrag, um den der Mietzins erhöht worden ist.
4. Der Mieter kann gegenüber den Mietzinsansprüchen ein Zurückbehaltungsrecht wegen Mängelbeseitigungsansprüchen nach Auszug aus dem Mietobjekt nicht mehr geltend machen.
Normenkette
BGB § 539
Verfahrensgang
LG Aachen (Aktenzeichen 1 O 428/99) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 15. Februar 2000 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Aachen – 1 O 428/99 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Unter Abweisung der weitergehenden Klage werden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger 14.700,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 15. August 1999 zu zahlen.
Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger 27 %, die Beklagten als Gesamtschuldner 73 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Gründe
Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung der Beklagten ist nur im erkannten Umfang begründet.
Die von ihnen erhobene Zuständigkeitsrüge greift nicht durch. Entgegen ihrer Auffassung war das Landgericht sachlich zuständig. Eine ausschließliche Zuständigkeit des Amtsgerichts gemäß § 23 Nr. 2 a GVG ist nicht gegeben. Nach herrschender Meinung ist bei Mischmietverhältnissen für die sachliche Zuständigkeit die überwiegende Nutzungsart maßgeblich (vgl. Thomas-Putzo, ZPO, 22. Auflage, § 23 GVG Rn. 12). Hier stand die gewerbliche Nutzung der Gaststätte eindeutig im Vordergrund, was sich schon an der Aufteilung des Pachtzinses – 4.900,00 DM für die gewerblichen Räume, 800,00 DM für die Pächterwohnung – zeigt. Im übrigen greift § 10 ZPO ein, wonach das Urteil eines Landgerichts nicht aus dem Grunde angefochten werden kann, weil die Zuständigkeit des Amtsgerichts begründet gewesen sei. Diese Vorschrift findet auch auf die Fälle der ausschließlichen Zuständigkeit des Amtsgerichts wie Wohnraummietsachen im Sinne von § 23 Nr. 2 a GVG Anwendung (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 22. Auflage, § 10 Rn. 3).
Den Klägern stehen Pachtzinsansprüche gegen die Beklagten gemäß §§ 581, 535 BGB für die Monate Juli bis einschließlich September 1999 nur in Höhe von 14.700,00 DM zu.
Allerdings ist die Nachtragsvereinbarung vom 22. März 1999 entgegen der Auffassung der Beklagten wirksam zustandegekommen. Die Urkunde vom 22. März 1999 (Bl. 16 d. A.) ist sowohl von den damaligen Verpächtern, den Eheleuten Sp., als auch den Beklagten unterschrieben worden. Es kann offen bleiben, ob der beklagte Ehemann nach der Vertragsunterzeichnung noch am selben Abend der Zeugin Sp. gegenüber telefonisch mitgeteilt hat, er sei nicht bereit, an dem Verlängerungsvertrag festzuhalten; denn ein etwaiger nachträglicher Widerruf wäre für die Wirksamkeit der Willenserklärungen der Beklagten ohne Bedeutung. Gemäß § 130 Abs. 1 S. 2 wird die einem Abwesenden gegenüber abzugebende Willenserklärung nur dann nicht wirksam, wenn dem anderen vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht. Vorliegend haben die Beklagten unstreitig den Nachtragsvertrag in Anwesenheit des Zeugen Sp. unterzeichnet. Dieser hat – wie er glaubhaft bekundet hat – bei Abschluss der Vereinbarung vom 22. März 1999 mit Vollmacht seiner Ehefrau gehandelt. Der Senat hat keinen Zweifel an der Richtigkeit dieser Aussage; denn die Zeugin Sp. hat ihrem Ehemann die Vertragsverhandlungen mit den Beklagten überlassen und wollte selbst die Nachtragsvereinbarung mit diesen schließen und das Objekt an die Kläger verkaufen, wie sich aus der Unterzeichnung der Urkunden durch sie ergibt. Besaß der Zeuge Sp. aber Empfangsvollmacht für seine Ehefrau (§ 164 Abs. 1, 3 BGB), so wurden die in seiner Anwesenheit abgegebenen Willenserklärungen der Beklagten sofort wirksam. Die Laufzeit des Pachtvertrages wurde somit bis zum 31. Oktober 2010 verlängert und der Pachtanteil für die Gaststätte auf 4.900,00 DM erhöht.
Die Beklagten sind jedoch nicht verpflichtet, den erhöh...