Verfahrensgang

LG Aachen (Urteil vom 24.11.2004; Aktenzeichen 11 O 156/03)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 24.11.2004 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des LG Aachen - 11 O 156/03 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn der Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Beklagte führte bei der Klägerin am 29.4.1998 und am 12.5.1998 Krebsvorsorgeabstriche durch, die er jeweils mit PAP II befundete. Wegen persistierender Unterbauchbeschwerden stellte sich die Klägerin danach noch mehrmals beim Beklagten vor, der sie am 9.6.1998, am 22.7.1998 und am 13.8.1998 gynäkologisch untersuchte. Bei einem weiteren Termin am 15.9.1998 verzichtete er auf eine erneute gynäkologische Untersuchung.

Am 6.11.1998 suchte die Klägerin einen anderen Gynäkologen auf, der sie wegen einer polypösen Struktur der Portio, einer vaginalsonographisch festgestellten Raumforderung im Endozervikalkanal sowie wegen dysfunktioneller Blutungen in die J-Klinik überwies. Dort wurde aufgrund einer intraoperativ getroffenen Entscheidung eine Portiokonisation durchgeführt; ferner erfolgte eine Tubensterilisation. Der histologische Befund des Konuspräparates ergab ein Plattenepithelkarzinom, das über die Grenzen des entnommenen Konus hinausging, sowie die vereinzelten Nachweise einer Lymphangiosis. Daraufhin wurde am 23.11.1998 im Klinikum B eine radikale Hysterektomie vorgenommen, bei der sich im Rahmen der interaoperativen Schnellschnittdiagnsotik ein metastatischer Tumorbefall eines Lymphknotens ergab. In der Folgezeit wurde eine Chemotherapie mit sechs Therapiezyklen durchgeführt.

Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte habe in der Behandlungszeit von Mai bis September 1998 vorwerfbar das Plattenepithelkarzinom nicht erkannt. Vor allem sei der Abstrich vom 12.5.1998 fehlerhaft befundet worden. Auch habe er fehlerhaft am 15.9.1998 eine weitere gynäkologische Untersuchung unterlassen. Wäre die zutreffende Diagnose früher gestellt worden, hätte das Karzinom eher behandelt werden können. Zu einer Metastasierung wäre es dann nicht mehr gekommen, so dass ihr jedenfalls die Entfernung der Lymphknoten und die Chemotherapie erspart geblieben wären.

Die Klägerin hat beantragt,

a) den Beklagten zu verurteilen, wegen seiner fehlerhaften ärztlichen Behandlung in der Zeit von Mai 1998 bis September 1998 an sie ein angemessenes, in das Ermessen des Gerichts gestellten Schmerzensgeld (Größenordnung: 25.000 EUR) zu zahlen, wobei dieses mit 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 1.1.1998 zu verzinsen ist:

b) festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr allen zukünftigen materiellen Schaden zu ersetzen, der ihr aus der fehlerhaften ärztlichen Behandlung in der Zeit von Mai 1998 bis September 1998 entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf Dritte übergegangen ist.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat sich auf den Standpunkt gestellt, die - objektiv vorliegende - Fehlbeurteilung des Abstriches vom 12.5.1998 liege noch im Rahmen des ärztlichen Standards und sei ihm daher nicht vorwerfbar. Im Übrigen hätte das Karzinom auch bei richtiger Befundung frühestens im August 1998 entdeckt werden können; es wäre sei dann in gleicher Weise wie tatsächlich im November 1998 geschehen behandelt worden.

Das LG hat die Klage mit Urt. v. 24.11.2004, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, abgewiesen. Es hat - sachverständig beraten - zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Dem Beklagten sei zwar, indem er den Abstrich vom 12.5.1998 mit PAP II statt mit PAP III D befundet habe, ein Diagnosefehler unterlaufen, der aber nicht als grob zu beurteilen sei. Dass die Fehlbeurteilung des Abstriches für die Klägerin negative Folgen gehabt habe, stehe aber nicht fest. Bei richtiger Befundung mit PAP III D hätte lediglich eine Kontrolluntersuchung nach 3 Monaten, also am 12.8.1998, erfolgen müssen. Es sei nicht auszuschließen, dass auch diese Untersuchung, wäre sie vorgenommen worden, wiederum den Befund PAP III D mit der Notwendigkeit einer weiteren Kontrolluntersuchung in wiederum 3 Monaten ergeben hätte; im November 1998 sei der Tumor indes ohnehin bereits erkannt worden. Wäre bei einer am 12.8.1998 vorgenommenen Kontrolluntersuchung der Abstrich mit PAP IV a, PAP III oder PAP V befundet worden, wäre der Tumor wahrscheinlich bei einer dann anzuordnenden Gewebeprobenentnahme entdeckt worden. Es stehe aber nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht fest, dass der Behandlungsverlauf bei einer Entdeckung des Tumors im August 1998 ein anderer gewesen wäre. Dies gehe zu Lasten der Klägerin. Dass der Beklagte die Klägerin am 15.9.1998 nicht nochmals gynäkologisch untersucht habe, sei mit Rücksicht auf die zuvor mehrfach in kurzen Abständen durchgeführten g...

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