Verfahrensgang

LG Bonn (Entscheidung vom 23.03.2010; Aktenzeichen 13 O 287/09)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 23. März 2010 verkündete Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 13 O 287/09 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I.

Die klagende Autovermietung macht gegenüber der Beklagten aus abgetretenem Recht restliche Mietzinsansprüche aus 26 Verträgen geltend, die aus Anlass der Vermietung von Fahrzeugen nach einem Unfall entstanden sind. Die Fahrzeuge der Schädiger waren sämtlich bei der Beklagten versichert; die volle Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig. Während die Klägerin ihrer Abrechnung den sogen. gewichteten (Modus-)Normaltarif nach dem Schwacke Automietpreisspiegel 2008 (im Folgenden: Schwacke AMS) - mit einem pauschalen Aufschlag von 20 % - zugrunde legt, ist nach Auffassung der Beklagten die Verwendung des Schwacke AMS ungeeignet. Für die Berechnung des zu ersetzenden Mietpreises sei vielmehr der durch das Fraunhofer Institut für Arbeitswissenschaft und Organisation erstellte "Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2008" (im Folgenden: Fraunhofer MMD) zu verwenden.

Das Landgericht hat der Klage zum überwiegenden Teil stattgegeben, wobei es von der Anwendbarkeit des Schwacke AMS ausgegangen ist. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils sowie den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Streitig ist im Berufungsverfahren die Frage, ob der vom Landgericht in seinem Urteil zugrunde gelegte Schwacke AMS eine geeignete Grundlage für die Schadensberechnung darstellt. Mit dem Landgericht ist auch der Senat der Auffassung, dass der Schwacke AMS eine geeignete Grundlage für die Schadensschätzung der erforderlichen Mietwagenkosten darstellt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die ausführlichen und zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil Bezug. Diese Ausführungen werden durch das Berufungsvorbringen nicht erschüttert.

Das Ermessen kann im Rahmen des § 287 ZPO in zulässiger Weise dahin ausgeübt werden, dass der vom Schädiger dem Geschädigten zu ersetzende "Normaltarif" für Mietwagenkosten auch auf der Grundlage des Schwacke AMS im Postleitzahlengebiet des Geschädigten ermittelt wird. Das kann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht mehr ernstlich zweifelhaft sein (vgl. zuletzt: Bundesgerichtshof, Urt. v. 9.3.2010 - VI ZR 6/09; Urt. v. 19.1. 2010 - VI ZR 112/09 = VersR 2010, 494, vom 2. 2.2010 - VI ZR 7/09 = VersR 2010, 683 und 2.2.2010 - VI ZR 139/08 - VersR 2010, 545, jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

Die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, bedarf nur der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken (vgl. Bundesgerichtshof v.11. 3. 2008 - VI ZR 164/07 - VersR 2008, 699, 670; v. 14. 10. 2008 - VI ZR 308/07 - VersR 2008, 1706, 1708 und v. 2. 2. 2010 - VI ZR 7/09 - VersR 2010, 683). Solche konkreten Mängel legt die Beklagte hier nicht dar.

Soweit die Beklagte generell anführt, der Fraunhofer MMD sei wegen der anonymisiert erhobenen Daten allein für eine Schadensberechnung geeignet, vermag der Senat ihr nicht zu folgen. Er befindet sich damit in Übereinstimmung mit der o. a. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die auch von den meisten Senaten des Oberlandesgerichts Köln geteilt wird (vgl. u. a. OLG Köln, Urt. v. 23.2.2010 - 9 U 141/09 -, Urt. v. 22.12.2009 - 15 U 98/09 - NZV 2010, 144; Beschl. v. 12.5.2009- 11 U 219/08; Beschl. v. 20.4.2009 - 13 U 6/09).

Weder der Schwacke AMS noch der Fraunhofer MMD gehen methodisch von einem falschen Ansatz aus. Der - nicht unbeachtliche - Umstand, dass dem Schwacke AMS im Gegensatz zum Fraunhofer MMD keine anonymen Befragungen zugrunde liegen, macht ihn deswegen nicht ungeeignet. Insoweit bietet der Fraunhofer MMD durch seine anonyme Erhebung der Daten durch telefonische Befragung oder per E-Mail zwar einen Vorteil, weist aber andererseits auch Nachteile auf, die in ihrer Gesamtheit dazu führen, dass der Fraunhofer MMD keineswegs als geeignetere oder gar einzig geeignete Grundlage angesehen werden kann. So liegen der Erhebung des Fraunhofer MMD Preise mit einer gewissen Vorbuchzeit zugrunde, die nicht selten günstiger sind als Soforttarife. Da ein Unfallgeschädigter aber nicht im Vorhinein weiß, wann er einen Unfall haben wird und in der Regel ein kurzfristiger Ersatz notwendig ist, weist diese Erhebung insoweit Schwächen auf. Hinzu kommt, dass der Fraunhofer MMD zum weit überwiegenden Teil nur sechs Internetanbieter erfasst. Darüber hinaus sind die Ergebnisse weniger ortsnah als bei dem Schwacke AMS, weil sich die Ergebnisse auf eine zweistellige Zuordnung von Postleitzahlen beschränken, während dem Schwacke AMS Ermitt...

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