Entscheidungsstichwort (Thema)
Kreditvertrag als Gesamtschuld von Eheleuten und anderweitige Vereinbarungen i.S.v. § 426 Abs. 1 S. 1 BGB
Leitsatz (redaktionell)
Haben Eheleute während intakter Ehe gemeinsam einen Kredit aufgenommen, regelt sich die interne Ausgleichspflicht nach § 426 Abs. 1 S. BGB nach der konkreten Gestaltung ihrer ehelichen Lebensverhältnisse. Von dieser Gestaltung kann die regelmäßig bestehende hälftige Ausgleichspflicht der Gesamtschuldner im Sinne einer anderweitigen Vereinbarung des § 426 Abs. 1 S. 1 Halbs. 2 BGB überlagert sein.
Normenkette
BGB § 426 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 24.05.2005; Aktenzeichen 3 O 325/02) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Köln vom 24.5.2005 - 3 O 325/02 - abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.
Die Kosten beider Rechtszüge trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg.
Denn dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Gesamtschuldnerausgleichsanspruch wegen der von ihm an die D.-Bank auf den Kreditvertrag vom 2.10.1997 Nr. ..1 bereits gezahlten oder noch zu zahlenden monatlichen Raten zu.
Dabei geht der Senat ebenso wie das LG davon aus, dass beide Parteien den streitigen Kreditvertrag als Gesamtschuldner unterzeichnet haben und die Mitverpflichtung der Beklagten auch nicht sittenwidrig ist. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden und überzeugenden Ausführungen des LG.
Allerdings ist dem LG nicht darin zu folgen, dass die Beklagte im Verhältnis zum Kläger gem. § 426 Abs. 1 S. 1 BGB verpflichtet ist, sich an der Rückführung des Kredits zur Hälfte zu beteiligen.
Denn es liegt eine stillschweigend geschlossene anderweitige Vereinbarung im Sinn der Vorschrift vor.
Der streitige Kreditvertrag wurde am 7.10.1997 geschlossen, zu einer Zeit also, als die Parteien noch miteinander verheiratet waren.
Während intakter Ehe wird jedoch die regelmäßige hälftige Ausgleichspflicht durch die konkrete Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse überlagert (BGH v. 13.4.2000 - IX ZR 372/98, MDR 2000, 912 = NJW 2000, 1944; NJW 2005, 2307; Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 426 Rz. 9, m.w.N.). Vorliegend waren die ehelichen Lebensverhältnisse dadurch geprägt, dass der Kläger als (im Wesentlichen) Alleinverdiener für den Lebensunterhalt der Familie aufkam und die Beklagte Hausfrau war und die Kinder betreute. Unter solchen Verhältnissen ist regelmäßig von einer stillschweigenden Vereinbarung dahin auszugehen, dass der allein verdienende Ehegatte im Innenverhältnis allein verpflichtet ist, die Kreditraten aufzubringen, es ihm also verwehrt ist, einen Ausgleich für seine Zahlungen zu verlangen (BGH v. 13.4.2000 - IX ZR 372/98, MDR 2000, 912 = NJW 2000, 1944; NJW 2005, 2307).
Nach dem Scheitern der Ehe können an die Stelle der ehelichen Lebensgemeinschaft andere besondere Umstände treten, die einem Ausgleichsanspruch auch weiterhin entgegen stehen (BGH v. 13.4.2000 - IX ZR 372/98, MDR 2000, 912 = NJW 2000, 1944; NJW 2005, 2307). Solche Umstände haben hier unstreitig vorgelegen.
Denn nach der Trennung der Parteien haben die gemeinsamen minderjährigen Kinder bei der Beklagten gelebt und sind weiterhin von ihr betreut worden, so dass sich die während intakter Ehe gegen eine Ausgleichspflicht sprechenden maßgeblichen Verhältnisse der Aufgabenteilung unter den Ehegatten nach der Scheidung fortgesetzt haben.
Als die Parteien sich im Sommer 1998 trennten, waren die Kinder erst 8 und 10 Jahre alt. Nach den Unterhaltsleitlinien des OLG Köln ist eine Mutter, die Kinder in diesem Alter betreut, im Verhältnis zum Vater der Kinder nicht verpflichtet, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, sie darf sich der Betreuung der Kinder widmen. Dies hat die Beklagte getan. Sie hat auch tatsächlich nicht über nennenswerte Einkünfte verfügt.
Als die Parteien Ende 2001 den Vergleich über den höheren Kindesunterhalt schlossen, waren die Kinder 11 und 14 Jahre alt. Zu dieser Zeit war die Beklagte im Verhältnis zum Kläger höchstens zu einer halbschichtigen Erwerbstätigkeit verpflichtet, weil die Kinder noch betreuungsbedürftig waren. Mit einer solchen Tätigkeit hätte die Beklagte kaum mehr als ihren notwendigen Selbstbehalt (damals 840 EUR) verdienen können, so dass sie auch zu diesem Zeitpunkt nicht verpflichtet gewesen ist, sich an den Kreditraten zu beteiligen.
Unter diesen Umständen ist es zwar nicht entscheidend, ob der Senat seinerzeit die Kreditraten noch vom unterhaltspflichtigen Einkommen des Klägers abgesetzt hat. Zur Klarstellung sei jedoch darauf hingewiesen, dass die Kreditraten zwar weiterhin absetzbar gewesen sind, dem Kläger aber gem. § 1603 Abs. 2 BGB ggü. seinen minderjährigen Kindern eine gesteigerte Unterhaltspflicht oblegen hat, die dazu führen kann, dass ggf. Mehrarbeit (z.B. Überstunden, Nebenjob) geleistet werden muss, um eine Leistungsfähigkeit wenigstens in Höhe der Regelbeträge zu erzielen.
Nunmehr - seit September 2005 - sind die Kinder 15 und 18 Jahre alt, so...