Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Sittenwidrigkeit eines Grundstückskaufvertrages, wenn sich ein grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung allein bei einer Wertermittlung des veräußerten Grundstückes nach dem Ertragswertverfahren ergibt.

 

Normenkette

BGB §§ 138, 433

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 13.09.2016; Aktenzeichen 32 O 490/14)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichtes Köln vom 13.09.2016 - 32 O 490/14 - abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreites trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien, vormals in einer Liebesbeziehung verbunden, streiten über die Wirksamkeit einer am 18.11.2009 zwischen ihnen notariell geschlossenen Veräußerungs- und Pachtvereinbarung (UR-Nr. Z 1676/2009 - Notar Dr. A); die Klägerin hält diesen Vertrag in Hinblick auf § 138 Abs. 1 BGB als wucherähnliches Geschäft insgesamt für unwirksam und verlangt nach Trennung vom Beklagten die Rückabwicklung, erstinstanzlich also die lastenfreie Rückauflassung, die Feststellung der Erstattungspflicht bezogen auf die Rückauflassungskosten sowie die Feststellung der Unwirksamkeit des notariellen Pachtvertrages, bzw. im Berufungsrechtszug nach der am 08.11.2016 (also nach Verkündung der hier angefochtenen landgerichtlichen Entscheidung) von dem Notar L unter Urkundennummer 1679/2016 beurkundeten Veräußerung an die Erwerberin U N, zu deren Gunsten eine Auflassungsvormerkung eingetragen ist, allein Wert- bzw. Schadensersatz.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 13.09.2016, auf das wegen der Sachverhaltsdarstellung im Übrigen verweisen wird, nach Beweisaufnahme dem Klagebegehren stattgegeben.

Hiergegen hat der Beklagte das Rechtsmittel der Berufung eingelegt und begründet.

Unter Vertiefung und Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens führt der Beklagte aus, das Landgericht gehe zu Unrecht von der Unwirksamkeit der notariellen Veräußerungs- und Pachtvereinbarung aus; von den Parteien seien in einer persönlichen Lebenskrise unter Beratung ihres Steuerberaters komplizierte Abmachungen getroffen worden, die als Gesamtkonzept zu betrachten seien. Im Übrigen erhebt er die Einrede der Verjährung bzw. wendet Verwirkung ein.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteiles vom 13.09.2016 - 32 O 490/14 - die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt letztlich,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen

sowie

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichtes Köln - 32 O 490/14 -

an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 290.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.11.2009 zu zahlen,

die Klägerin gegenüber U N geb. W, wohnhaft in L2, Tring 3 von der Verbindlichkeit aus dem notariellen Pachtvertrag vom 18.11.2009 - UR-Nr. Z 1676/2009 - von Herrn Notar Dr. A und auch aus einen eventuell neu abzuschließenden Pachtvertrag mit der Erwerberin - auch gegenüber eventuell zukünftigen Eigentümern des Grundbesitzes (AG Köln, Grundbuch von N2, Bl. 18290, Gemarkung N2, Flur 68, Flurstück Nr. 953, Hf., Xstraße, 246 qm sowie AG Köln, Grundbuch von N2, Bl. 27990, Gemarkung N2, Flur 68, Flurstück Nr. 1639, Gebäude - und Freifläche, Xstraße 12, 49 qm) - freizustellen;

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, sämtlichen weiter entstandenen und entstehenden Schaden aufgrund der Vollziehung des notariellen Kaufvertrages - UR-Nr. 1679/2016 - vor Herrn Notar L vom 08.11.2016 zu erstatten.

Die Klägerin ist der Berufung des Beklagten im Wesentlichen unter Verteidigung der erstinstanzlichen Ausführungen entgegengetreten, ergänzend mit der Maßgabe, dass im Gleichklang mit den Erwägungen ihres Privatgutachters P von einem Mindestverkehrswert von 290.000,00 EUR auszugehen sei.

Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 11.05.2017 (Bl. 384 GA) bzw. vom 22.06.2017 (Bl. 398 GA) durch Vernehmung des Zeugen N3 K. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird das Protokoll der Sitzung vom 07.09.2017 (Bl. 410 ff. GA) in Bezug genommen.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des beidseitigen Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II. Die zulässige Berufung ist begründet.

Die Klage ist - auch nach den in Hinblick auf § 264 ZPO bedenkenfreien nunmehrigen Anträgen - abzuweisen, da die geltend gemachten Ansprüche nicht bestehen.

Das Landgericht hat angenommen, dass der zwischen den Parteien geschlossene notarielle Grundstückskaufvertrag als wucherähnliches Rechtsgeschäft gemäß § 138 Abs. 1 BGB unwirksam sei, was gemäß § 139 BGB auch die Nichtigkeit des Pachtvertrages zur Folge habe.

Dem vermag der Senat nicht zu folgen.

Festzuhalten ist, dass gegenseitige Verträge, auch wenn der Wuchertatbestand de...

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