Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterlassener Hinweis des Steuerberaters auf Sozialversicherungspflicht von Mitarbeitern
Leitsatz (amtlich)
1. Der Steuerberater, der für den Mandanten umfassend steuerberatend, auch im Bereich der Lohnbuchhaltung tätig ist, hat den Mandanten auch ungefragt auf eine ihm aufgrund der Lohnsteuerunterlagen erkennbare mögliche Sozialversicherungspflicht von Mitarbeitern hinzuweisen.
2. In den nach zu entrichtende Beiträgen liegt dann ein ersatzpflichtiger Schaden des Mandanten, wenn dieser bei ordnungsgemäßer Aufklärung durch Veränderung der Beschäftigungsverhältnisse die Sozialversicherungspflicht hätte vermeiden können.
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 28.05.2003; Aktenzeichen 20 O 260/02) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 28.5.2003 verkündete Urteil der 20. Zivilkammer des LG Köln - 20 O 260/02 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt den Beklagten auf Zahlung von 38.836,22 Euro nebst Zinsen in Anspruch wegen Verletzung von Pflichten aus einem Rechtsanwaltsmandat, weil der Beklagte angeblich berechtigte Schadensersatzansprüche in gleicher Höhe wegen Pflichtverletzungen seines Steuerberaters habe verjähren lassen.
Der Kläger betreibt ein Architekturbüro. Dort beschäftigte er von Oktober 1990 bis November 1998 den Zeugen C als studentischen Mitarbeiter zu einem monatlichen Gehalt von anfangs 1.300 DM. Sozialabgaben führte der Kläger für ihn nicht ab. Nach einer Betriebsprüfung der LVA Rheinprovinz erging gegen den Kläger am 8.10.1998 ein Nachforderungsbescheid, mit dem u.a. für den Zeugen C nachzuentrichtende Sozialversicherungsbeiträge an die B i.H.v. 75.957,06 DM (38.836,22 Euro) festgesetzt wurden, weil der Zeuge C. im Prüfungszeitraum von 1994 bis Oktober 1998 aufgrund der hohen Anzahl der von ihm geleisteten Stunden versicherungspflichtig war. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger durch seinen Steuerberater O Widerspruch ein, der mit Bescheid vom 19.1.1999 zurückgewiesen wurde.
Spätestens mit Schreiben vom 12.11.1998 beauftragte der Kläger den Beklagten mit der Prüfung möglicher Schadensersatzansprüche gegen den Steuerberater O. Mit Schreiben vom 5.6.2000 meldete der Beklagte Schadensersatzansprüche ggü. O an, die dieser mit Schreiben vom 19.6.2000 zurückwies. Zu diesem Schreiben Os nahm der Kläger ggü. dem Beklagten mit Schreiben vom 16.8.2000 Stellung. In der Folgezeit wurde der Beklagte gegen O nicht weiter tätig.
Der Kläger hat behauptet, der Beklagte habe schuldhaft seine Pflichten aus dem Anwaltsvertrag verletzt, indem er einen Schadensersatzanspruch gegen den Steuerberater O habe verjähren lassen bzw. es pflichtwidrig unterlassen habe, ihn, den Kläger, vor Ablauf der Verjährungsfrist auf die drohende Verjährung hinzuweisen. Der Schadensersatzanspruch gegen O sei auch begründet gewesen. O, der seit mehr als 20 Jahren mit der umfassenden Betreuung aller steuerlichen Vorgänge in seinem Unternehmen betraut gewesen sei, habe pflichtwidrig und schuldhaft den Zeugen C steuerlich als Studenten behandelt, obwohl er aufgrund der ihm übergebenen Unterlagen und in Kenntnis der einschlägigen Rechtsprechung hätte wissen und erkennen müssen, dass schon aufgrund der geleisteten Stundenzahl eine Qualifizierung als Student versicherungsrechtlich nicht in Betracht kam.
Weiter hat der Kläger behauptet, die von C auszuführenden Arbeiten hätten dem Leistungsbild eines studentischen Mitarbeiters entsprochen. Hätte er gewusst, dass für C Sozialabgaben in voller Höhe abzuführen gewesen wären, hätte er auf eine Reduzierung der Stundenzahl bzw. Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gedrungen und einen oder mehrere weitere Studenten eingestellt. Durch die Nachzahlung der Sozialabgaben habe er einen Schaden erlitten, den er nicht erlitten hätte, wenn der Steuerberater O ihn richtig beraten bzw. den Mitarbeiter C richtig geführt hätte.
Der Beklagte ist dem Vorbringen des Klägers entgegengetreten. Er hat behauptet, die Beurteilung der Sozialpflichtigkeit von Mitarbeitern habe nicht dem Steuerberater O oblegen. Diesem seien insoweit auch nur unzureichende Unterlagen überreicht worden.
Der Beklagte hat ferner behauptet, der Kläger habe ihm keinen Klageauftrag, sondern lediglich einen Beratungsauftrag erteilt, den er am 4.1.1999 ausgeführt und mit dem Ergebnis abgeschlossen habe, dass der ihm mitgeteilte Sachverhalt einen Schadensersatzanspruch gegen O nicht hergebe. Er habe daher dem Kläger mangels Erfolgsaussichten von einer Klage abgeraten. Das Schreiben vom 5.6.2000 habe er aus Gefälligkeit verfasst, um die ihm vom Kläger mitgeteilte Kulanzbereitschaft der Berufshaftpflichtversicherung des Steuerberaters auszuschöpfen.
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