Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenloser Krankenfahrdienst
Leitsatz (amtlich)
1. Die Bestimmung des § 7 HWG ist nur dann anwendbar, wenn gewährte Werbegaben sich aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs als Werbung für konkrete Heilmittel darstellen. Allgemeine Firmenwerbung (Unternehmens- und Imagewerbung) fällt dagegen nicht in den Anwendungsbereich der Vorschrift (Anschluss an BGH GRUR 2009, 1082 Tz. 15 - DeguSmiles & more).
2. Der allgemein gefasste Antrag, dem Träger einer Augenklinik das Angebot eines Fahrdienstes für Patienten, die zur Diagnostik oder zur Operation die Augenklink aufsuchen müssen, zu untersagen, ist daher ohne Bezugnahme auf eine konkrete Verletzungsform zu weitgehend, da ein solches Verbot jedenfalls auch Unternehmens- oder Imagewerbung erfassen würde.
Normenkette
UWG § 4 Nr. 11; HWG § 7 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 25.04.2013; Aktenzeichen 31 O 588/12) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 25.4.2013 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des LG Köln - 31 O 588/12 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
(anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen gem. § 540 Abs. 1 ZPO)
I. Die Parteien sind Anbieter augenärztlicher Leistungen. Der Kläger betreibt eine augenärztliche Praxis in F., die ihre Leistungen bundesweit anbietet, wobei die Patienten vor allem aus dem L/C Raum stammen. Er führt u.a. Augenoperationen durch, teilweise ambulant, teilweise aber auch stationär in seiner Augenbelegabteilung.
Die Beklagte betreibt in C eine Augenklinik. Betreiberin der Klinik war zunächst die Augenklinik E GmbH. Im Frühjahr 2012 nahm diese einen Rechtsformwechsel in eine AG vor. Im Herbst 2012 verschmolz die österreichische V AG auf die Augenklinik E AG als aufnehmende Rechtsträgerin. Im Zuge der Verschmelzung nahm die Gesellschaft - die Beklagte - die Rechtsform der SE (Societas Europaea) an.
Die Augenklinik E GmbH bot einen kostenlosen Fahrdienst für diejenigen Patienten an, die sich einer Augenoperation unterziehen. Dazu wurden die Patienten an bestimmten Sammelstellen abgeholt und nach der Operation nach Hause gefahren. Der Kläger ließ die Augenklinik E GmbH wegen des Angebots des Fahrdienstes mit Schreiben vom 15.11.2011 abmahnen. Auf Antrag des Klägers untersagte ihr das LG Köln mit einstweiliger Verfügung vom 12.12.2011 - 31 O 736/11 - das Angebot des kostenlosen Fahrdienstes. Widerspruch wurde zwar eingelegt, aber nicht begründet. Eine Aufforderung zur Abgabe einer Abschlusserklärung blieb erfolglos.
Der Kläger hat behauptet, das Anbieten eines solchen Fahrdienstes sei nicht handelsüblich, die Unikliniken L, C und B böten einen solchen jedenfalls nicht an.
Der Kläger hat beantragt,
a) die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Patienten, die zur Diagnostik oder zur Operation die Augenklink der Beklagten in C aufsuchen müssen, ohne Berechnung von Kosten einen Fahrdienst anzubieten und/oder zur Verfügung zu stellen, bei dem Patienten abgeholt und zur Augenklinik der Beklagten gebracht werden sowie nach der Behandlung wieder nach Hause zurückgebracht werden.
b) an ihn 1.641,96 EUR Abmahnkosten nebst Zinsen zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vertreten, bei dem Fahrdienst handele es sich um eine handelsübliche und angemessene Nebenleistung i.S.v. § 7 Abs. 1 Nr. 3 HWG; zum Beleg hat sie eine Reihe von Internetausdrucken vorgelegt (Anlagen B1 - B27, Bl. 57 ff. d.A.). Der kostenlose Fahrdienst sei sogar gesetzlich vorgesehen, wie § 1 Nr. 4e FrStllgVO zeige, nach dem kostenlose Fahrten zu Kliniken vom PBefG freigestellt sind. Die Kosten, umgerechnet auf die einzelnen Patienten, seien geringer als diejenigen für eine entsprechende Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Schließlich stelle das von dem Kläger erstrebte Verbot einen unzulässigen Eingriff in Art. 12 GG dar, da das Angebot nicht einmal zu einer mittelbaren Gesundheitsgefährdung der angesprochenen Patienten führe. Schließlich fehle es infolge der gesellschaftsrechtlichen Veränderungen an einer Wiederholungsgefahr, da sie gegenüber der Augenklinik E GmbH eine neue Rechtspersönlichkeit sei. Hinsichtlich des Anspruchs auf Erstattung der Abmahnkosten hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben.
Das LG hat die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt; lediglich hinsichtlich...