Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Mittäter- oder Gehilfenschaft des Briefzustelldienstleisters an wettbewerbswidrigen Handlungen von Postfachkunden
Leitsatz (amtlich)
1. Ein mit Briefzustelldienstleistungen nach den Vorschriften der Prozessordnungen beliehener Unternehmer haftet nicht als Täter oder Teilnehmer einer unlauteren Wettbewerbshandlung, wenn er bei der Überlassung von Postfächern an seine Kunden keine genauen Feststellungen zu deren Identität, Rechtsfähigkeit und Vertretungsverhältnissen trifft.
2. Eine Verletzung der Prüfpflichten aus § 5 Abs. 1 PostdienstleistungsVO (PDLV) bei Einrichtung eines Postfaches liegt nicht vor, wenn der Briefzustelldienstleister sich eine den Anforderungen des § 130 Nr. 1 ZPO genügende zustellfähige Anschrift hat nachweisen lassen; insoweit genügt die Angabe einer den Zustellungsempfänger und den Ort der Zustellung eindeutig individualisierenden Bezeichnung.
Normenkette
UWG Anhang zu § 3 Abs. 3 Nr. 17; PostdienstleistungsVO (PDLV) § 5 Abs. 1; ZPO § 130 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Köln (Beschluss vom 30.11.2010; Aktenzeichen 31 O 582/10) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 31. Zivilkammer des LG Köln vom 30.11.2010 - 31 O 582/10 - wird zurückgewiesen. Er hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I. Der Antragsteller, ein Verband nach § 4 UKlaG, nimmt die Antragsgegnerin, die Deutsche Post, wegen Förderung wettbewerbsrechtlich unzulässiger und gegen Verbraucherschutzgesetze verstoßender geschäftlicher Handlungen Dritter in Anspruch. Die Antragsgegnerin hatte einem "Lotto Service Center" und einer "TB Verlag UG" jeweils ein Postfach (... zur Postleitzahl ... und ... zur Postleitzahl ...) überlassen. Nach Darstellung des Antragstellers luden diese Verbraucher zu angeblichen Gewinnübergaben ("Kaffeefahrten") ein und gaben die Postfachadressen für eine Rückantwort an. Die Antragsgegnerin teilte dem Antragsteller die bei ihr hinterlegte Hausanschrift beider Postfachkunden (...) mit. Der Antragsteller meint, die Antragsgegnerin habe es als Störerin sowie wegen Verletzung eigener Verkehrspflichten zu unterlassen, das Verhalten ihrer Postfachkunden in der Weise zu fördern, dass sie ihnen Postfächer zur Verfügung stellt, ohne dass ihr der Name und die ladungsfähige Anschrift der an dem Postfach beteiligten natürlichen oder juristischen Person und im Falle einer juristischen Person auch deren gesetzlicher Vertreter bekannt ist. Seinen mehrmals umformulierten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat das LG mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Mit seiner sofortigen Beschwerde verfolgt er sein dargestelltes Begehren unter nochmaliger Antragsneufassung in der Beschwerdeschrift und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat weiter.
II. Die zulässige sofortige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.
1. Allerdings scheitert das Begehren des Antragstellers weder an der fehlenden Bestimmtheit seines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung noch an sonstigen prozessualen Bedenken gegen die Antragsfassung. Dass die Antragsgegnerin nicht im Voraus wissen kann, wofür ein Kunde seine Postfachadresse zu verwenden beabsichtigt, und wegen des Postgeheimnisses auch nicht erfährt, welche Antwortschreiben von Verbrauchern ihre Kunden unter der Postfachadresse erreichen, führt nicht zur Unbestimmtheit des Petitums, bestimmten Postfachkunden unter bestimmten, vom Antragsteller nachzuweisenden Voraussetzungen überhaupt kein Postfach mehr zur Verfügung zu stellen. Auch eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache droht im Falle des erstrebten Unterlassungsgebots nicht, denn dass dessen Befolgung ein Tätigwerden des Schuldners erfordert, ist nicht ungewöhnlich und ein mit dem Charakter des Eilverfahrens unvereinbarer irreversibler Zustand würde auch dann nicht geschaffen, wenn die Antragsgegnerin Verträge mit ihrer Kunden kündigen müsste, um dem Unterlassungsgebot nachkommen zu können; denn der Abschluss neuer Verträger und die erneute Überlassung derselben Postfächer nach einem abweichenden Urteil in der Hauptsache wäre ohne weiteres möglich.
2. Dem Antragsteller steht nach seinem eigenen Vorbringen jedoch kein Verfügungsanspruch gegen die Antragsgegnerin zu.
a) Es kann unterstellt werden, dass die als Anlagen K 4, 7, 8, 9 und 13 vorgelegten, angebliche Gewinnmitteilungen enthaltenden Werbesendungen von Postfachkunden der Antragsgegnerin wettbewerbsrechtlich unzulässige geschäftliche Handlungen gegenüber Verbrauchern nach § 3 Abs. 3 UWG in Verbindung mit Nr. 17 des Anhangs zu dieser Vorschrift darstellen.
b) Die Antragsgegnerin ist für dieses Verhalten ihrer Kunden jedoch nicht haftbar zu machen und ein damit begründeter Unterlassungsanspruch des Antragstellers gegen sie kann nicht bejaht werden.
aa) Eine Haftung der Antragsgegnerin als Mittäter oder Gehilfe der fremden Handlungen scheidet aus. Eine solche Beteiligung beurteilt sich nach den im Strafrecht entwickelten Rechtsgrundsätzen und erfordert entweder eine gemeinschaftliche Bege...