Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 06.04.2022 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 20 O 227/21 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass folgende Neufestsetzungen der Prämien in der zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehenden Kranken-/Pflegeversicherung mit der Versicherungsnummer KV N01 unwirksam waren:

a) im Tarif N02 die Beitragsanpassung zum 01.04.2013 in Höhe von 23,34 EUR nebst der Erhöhung des gesetzlichen Vorsorgezuschlages um 2,34 EUR bis zum 28.02.2021,

b) im Tarif N03 die Beitragsanpassung zum 01.04.2013 in Höhe von 32,30 EUR nebst der Erhöhung des gesetzlichen Vorsorgezuschlages um 3,23 EUR bis zum 28.02.2021,

c) im Tarif N04 die Beitragsanpassung zum 01.04.2014 in Höhe von 7,00 EUR nebst der Erhöhung des gesetzlichen Vorsorgezuschlages um 0,70 EUR bis zum 28.02.2021,

d) im Tarif N04 die Beitragsanpassung zum 01.04.2017 in Höhe von 5,28 EUR bis zum 28.02.2021.

2. Es wird festgestellt, dass der Kläger nicht zur Zahlung des Erhöhungsbeitrags in den folgenden Tarifen und in den nachfolgenden Zeiträumen verpflichtet ist:

a) im Tarif N02 die Beitragsanpassung zum 01.04.2013 in Höhe von 23,34 EUR nebst der Erhöhung des gesetzlichen Vorsorgezuschlages um 2,34 EUR jeweils in der Zeit vom 01.01.2018 bis zum 31.03.2018,

b) im Tarif N03 die Beitragsanpassung zum 01.04.2013 in Höhe von 32,30 EUR nebst der Erhöhung des gesetzlichen Vorsorgezuschlages um 3,23 EUR, jeweils in der Zeit vom 01.01.2018 bis zum 28.02.2021,

c) im Tarif N04 die Beitragsanpassung zum 01.04.2014 in Höhe von 7,00 EUR nebst der Erhöhung des gesetzlichen Vorsorgezuschlages um 0,70 EUR, jeweils in der Zeit vom 01.01.2018 bis zum 28.02.2021,

d) im Tarif N04 die Beitragsanpassung zum 01.04.2017 in Höhe von 5,28 EUR in der Zeit vom 01.01.2018 bis zum 28.02.2021.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.792,03 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 05.06.2021 zu zahlen.

4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger zur Herausgabe der Nutzungen verpflichtet ist, die sie bis zum 04.06.2021 aus dem jeweiligen Prämienanteil gezogen hat, den der Kläger seit dem 01.01.2018 auf die unter Ziff. 2. als unwirksam aufgeführten Beitragserhöhungen gezahlt hat.

5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 87 % und die Beklagte zu 13 %, die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 64 % und die Beklagte zu 36 %.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren wird auf 13.972,94 EUR festgesetzt.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.928,67 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. - ohne Tatbestand gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1, 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO -

II. Die Berufung ist teilweise begründet.

Das angefochtene Urteil hält zwar einer berufungsgerichtlichen Überprüfung stand, soweit die Kammer die zum 01.04.2013, 01.04.2014 und 01.04.2017 erfolgten Beitragsanpassungen als formell unwirksam erachtet hat (dazu unter Ziff. 1.), die Beklagte rügt indes zu Recht, dass die Kammer hinsichtlich der Anpassungen im Tarif N03 zum 01.04.2013, im Tarif N04 zum 01.04.2014 und zum 01.04.2017 sowie im Tarif N02 zum 01.04.2018, die auf der vertraglichen Regelung des § 8b der AVB beruhen, von einer Unwirksamkeit ausgegangen ist, mit der Folge, dass insoweit auch keine Heilung der formellen Unwirksamkeit angenommen wurde (dazu unter Ziff. 3.).

1. Das Landgericht ist mit zutreffender Begründung davon ausgegangen, dass die Mitteilungsschreiben zu den Beitragserhöhungen zum 01.04.2013, 01.04.2014 und 01.04.2017 nicht den zu stellenden Mindestanforderungen an eine Mitteilung der maßgeblichen Gründe im Sinne des § 203 Abs. 5 VVG genügen.

Hinsichtlich der formellen Wirksamkeit der Beitragsanpassungen ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:

Nach § 203 Abs. 5 VVG werden die Neufestsetzung der Prämie und die Änderungen nach § 203 Abs. 2 und 3 VVG zu Beginn des zweiten Monats wirksam, der auf die Mitteilung der Neufestsetzung oder der Änderungen und der hierfür maßgeblichen Gründe an den Versicherungsnehmer folgt. Nach der inzwischen vom BGH bestätigten Auffassung des Senats zu den formellen Anforderungen an eine wirksame Beitragsanpassung im Sinne von § 203 Abs. 5 VVG erfordert die Mitteilung der maßgeblichen Gründe für die Neufestsetzung einer Prämie die Angabe der Rechnungsgrundlage - Versicherungsleistungen, Sterbewahrscheinlichkeit oder beide -, deren nicht nur vorübergehende, den festgelegten Schwellenwert überschreitende Veränderung die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 S. 1 VVG veranlasst hat (vgl. BGH, Urteil vom 16.12.2020 - IV ZR 294/19 -, NJW 2021, 378, 380, Rn. 26 ff.; BGH, Urteil vom 16.12.2020 - IV ZR 314/19 -, r+s 2021, 95, 96, Rn. 21 ff.; BGH, Urteil vom 10.03.2021 - IV ZR 353/19 -, BeckRS 2021, 5402; BGH, Urteil vom 14.04.2021 - IV ZR...

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