Verfahrensgang
LG Bonn (Aktenzeichen 19 O 212/20) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 23.09.2021 - 19 O 212/20 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.
Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vor-läufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten im Wege einer Feststellungsklage sowie eines Antrages auf Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten über die Wirksamkeit eines Widerrufs betreffend einen KFZ-Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung und einer Laufzeit von 48 Monaten bei Leasingraten von monatlich 250,92 EUR für ein Elektrofahrzeug vom Typ A . Die Klägerin - eine Verbraucherin - unterschrieb am 17.09.2018 in dem Autohaus der Autohaus B GmbH in C in Anwesenheit des Kundenbetreuers dieses Autohauses, des Zeugen D, im Gespräch mit diesem einen entsprechenden formularmäßigen Leasingantrag, wegen dessen Einzelheiten auf Anlage K 1, Bl. 24 ff. d.A. Bezug genommen wird. Die Unterlagen enthielten nachstehende "Widerrufsinformation":
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Der Kundenbetreuer des Autohauses hatte unstreitig keine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht für die Beklagte in Leasingangelegenheiten. Die Beklagte arbeitete mit einer Vielzahl von Autohäusern/Vermittlern zusammen, die in den Leasingverträgen als vermittelnder Betrieb bzw. Verkäufer aufgenommen wurden. Weitere Einzelheiten der Vertragsanbahnung und die genauen Inhalte des Gesprächs mit der Klägerin sind zwischen den Parteien umstritten. Den Leasingantrag - von dem der Klägerin seinerzeit eine Abschrift übergeben wurde und der der Beklagten per Post oder via Internet zugeleitet wurde - nahm die Beklagte noch am selben Tag an. Der Leasingvertrag wurde im Folgenden auch in Vollzug gesetzt. Im Zusammenhang mit diesem Leasingantrag hatte die Klägerin zudem vor Ort einen Mietvertrag über die in dem Fahrzeug verbauten Batterien für eine Monatsmiete von 69,00 EUR bei gleicher Vertragslaufzeit abgeschlossen. Die Klägerin erklärte mit Schreiben vom 26.08.2020 den Widerruf des Leasing- sowie des Batteriemietvertrages und forderte die Beklagte erfolglos zur Rückabwicklung auf. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und der erstinstanzlichen Schlussanträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils vom 23.09.2021 (Bl. 244 ff. d.A.) Bezug genommen.
Mit diesem Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Es hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass ein Widerrufsrecht nach §§ 506 Abs. 1, 495, 355 BGB i.V.m. § 506 Abs. 2 BGB nicht bestanden habe, weil es sich bei dem streitgegenständlichen Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung nicht um eine sonstige entgeltliche Finanzierungshilfe im Sinne des § 506 Abs. 2 S. 1 BGB handele und auch eine analoge Anwendung des § 506 Abs. 1 BGB nicht in Betracht komme. Aus der erteilten "Widerrufsinformation" lasse sich kein vertragliches Widerrufsrecht ableiten; jedenfalls sei ein solches verfristet. Auch ein gesetzliches Widerrufsrecht aus §§ 312b bzw. 312c BGB i.V.m. §§ 312g, 355 BGB i.V.m. Art. 246a EGBGB scheide aus, da es sich weder um einen Fernabsatzvertrag noch um einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag gehandelt habe. Durch die körperliche Anwesenheit der Klägerin bei Vertragsschluss in den Räumen des Autohauses und die damit verbundene Möglichkeit, im persönlichen Gespräch mit einem von der Beklagten eingeschalteten Vertreter Fragen zu stellen und Unklarheiten auszuräumen, fehle es an einer typischen Fernabsatzsituation. Dass es sich bei der anwesenden Person nicht um einen Mitarbeiter der Beklagten, sondern nur um einen Vermittler gehandelt hat, schade ebenso wenig wie das Fehlen einer rechtsgeschäftlichen Vertretungsmacht, da es lediglich darauf ankomme, dass die eingeschaltete Person - wie hier - im persönlichen Gespräch dem Kunden habe Rede und Antwort stehen können. Eine Vorlage nach Art. 267 Abs. 3 AEUV oder Aussetzung des Verfahrens komme angesichts der fehlenden europarechtlichen Unklarheiten bei der Normanwendung nicht in Betracht. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung (Bl. 244 ff. d.A.) Bezug genommen.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Klagebegehren in vollem Umfang weiterverfolgt. Das Landgericht habe zu Unrecht die Wirksamkeit des Widerrufs des Leasingvertrages - der bei lebensnaher Betrachtung auch den für den Gebrauch des Fahrzeugs unumgänglichen Batteriemietvertrag miterfasse, weil es "de facto um eine Aufspaltung eines einheitlichen Finanzierungsvertrages" und ein "einheitliches Vertragsverhältnis" gehe - verneint. Es habe sich hier tatsächlich um ...