Leitsatz (amtlich)
1. Die negative Feststellungsklage ist neben der Vollstreckungsgegenklage zulässig.
2. Obgleich eine an die Stelle der Vollstreckungsgegenklage tretende negative Feststellungsklage grundsätzlich ebenfalls den Beschränkungen des § 767 Abs. 2 ZPO unterliegt, ist jedenfalls dann, wenn im Rahmen der negativen Feststellungsklage die Aufrechnungswirkung geltend gemacht wird, erst auf den Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung abzustellen und nicht auf den, in dem die Aufrechnung erstmals hätte erklärt werden können.
3. Es bleibt dahin gestellt, ob in allen Fällen, in denen die Einrede in der Ausübung eines Gestaltungsrechts besteht, auf den Zeitpunkt abzustellen ist, in dem das Recht erstmals hätte ausgeübt werden können oder auf den Zeitpunkt, in dem es ausgeübt worden ist.
Normenkette
ZPO § 767 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 31.08.2006; Aktenzeichen 10 O 261/06) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 31.8.2006 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des LG Aachen - 10 O 261/06 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
I. Es wird festgestellt, dass die Forderung der Beklagten aus dem Urteil des LG Aachen vom 18.5.2004 - 10 O 558/01 - durch Aufrechnung des Klägers gemäß Aufrechnungsschreiben vom 15.11.2004, zugestellt an beide Beklagten durch Herrn Gerichtsvollzieher L am 18.11.2004, vollständig erloschen ist.
II. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, die vollstreckbare Ausfertigung des Urteils des LG Aachen vom 18.5.2004 - 10 O 558/01 - an den Kläger herauszugeben.
III. Die Klage im Übrigen wird abgewiesen.
IV. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.
V. Das Urteil ist hinsichtlich der Ziff. 2 bis 4 vorläufig vollstreckbar.
VI. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch den Kläger hinsichtlich der Ziff. 2 durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 500 EUR und hinsichtlich der Ziff. 4 durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
VII. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
Der Kläger ist Steuerberater; bei den beklagten Eheleuten handelt es sich um seine früheren Mandanten. Der Kläger begehrt festzustellen, dass ein titulierter Klageanspruch, den die Beklagten aufgrund des Urteils des LG Aachen vom 18.5.2004 - 10 O 558/01 - i.H.v. 9.514,78 EUR gegen ihn haben, durch Aufrechnung erloschen ist, sowie Herausgabe des diesbezüglichen Titels. Dieser (negativen) Feststellungsklage ist eine Vollstreckungsgegenklage vorausgegangen, die zum überwiegenden Teil wegen Präklusion abgewiesen und nur wegen der Aufrechnung mit einer nach der letzten mündlichen Verhandlung in dem Ausgangsrechtsstreit entstandenen Kostenforderung von 1.916,51 EUR für begründet erachtet worden ist. Durch das angefochtene Urteil hat das LG die negative Feststellungsklage in demselben Umfang für begründet bzw. unbegründet erachtet. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung. Im Einzelnen liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger hat titulierte Gebühren-, Kosten- und Zinsforderungen gegen die Beklagten i.H.v. insgesamt 15.097,66 EUR, die aus folgenden - rechtskräftigen - Urteilen und Kostenfestsetzungsbeschlüssen resultieren (Anlage zum Aufrechnungsschreiben vom 15.11.2004, Bl. 29 GA):
AG Düren - 42 C 450/99:
Urteil vom 30.4.2003 9.210,94 EUR
(bestätigt durch Urteil LG Aachen v. 4.12.2003, Az. 2 S 162/03)
Kostenbeschluss AG Düren v. 22.7.2004 +1.629,50 EUR
dito- +178,58 EUR
Zinsen/- dito- +108,43 EUR
Summe: 11.127,45 EUR
AG Düren - 42 C 218/00:
Urteil vom 25.4.2001 2.106,52 EUR
Anrechnung Säumniskosten ./. 459,89 EUR
Kostenbeschluss AG Düren v. 12.9.2001 +719,26 EUR
Zwangsvollstreckungskosten +304,32 EUR
Zinsen aus Hauptforderung +365,06 EUR
Zinsen aus festgesetzten Kosten +98,61 EUR
Summe: 3.133,88 EUR
LG Aachen - 2 S 373/00 (AG Düren, Az. 42 C 243/00):
Berufungsurteil v. 15.3.2001 1.367,45 EUR
Kostenbeschluss AG Düren v. 9.4.2001 +720,43 EUR
Zwangsvollstreckungskosten +483,84 EUR
Zinsen aus Hauptforderung +309,99 EUR
Zinsen aus festgesetzten Kosten +60,24 EUR
Zwischensumme 2.941,95 EUR
Anrechnung Erstattung Gerichtskosten ./. 5,62 EUR
Anrechnung AuszahlungHinterlegungsbetrag ./. 2.100 EUR
Summe 836,33 EUR
Aufgrund des Urteils des LG Aachen vom 18.5.2004 - 10 O 558/01 - haben die Beklagten gegen den Kläger eine titulierte Schadensersatzforderung i.H.v. 9.514,78 EUR; aufgrund desselben Verfahrens haben sie eine titulierte Forderung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 4.11.2004 i.H.v. 347,01 EUR.
Mit Schreiben vom 15.11.2004, beiden Beklagten zugestellt am 18.11.2004, erklärte der Kläger die Aufrechnung mit seinen Forderungen gegen die Forderung der Beklagten von 9.514,78 EUR und erhob Vollstreckungsgegenklage. Der Vollstreckungsklage wurde durch (rechtskräftiges) Urteil des LG Aachen vom 15.11.2005 - 10 O 411/05, i.H.v. 1.916,51 EUR stattgegeben; diese Forderung ber...