Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 15 O 35/12) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird die Klage unter Abänderung des am 06.12.2012 verkündeten Urteils des Landgerichts Köln - 15 O 35/12 - abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollsteckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Wirkungen eines britischen Insolvenzverfahrens im Inland. Anlass ist die Inanspruchnahme des Beklagten durch die Klägerin aus einer Bürgschaft.
Der Beklagte war alleiniger Aktionär und Vorstand der A AG (fortan: Gesellschaft) und hatte sich für Darlehensforderungen der Klägerin gegen die Gesellschaft selbstschuldnerisch verbürgt. Nachdem die Gesellschaft in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war, kündigte die Klägerin ein Darlehen in Höhe von 1.410.000 EUR fristlos und nahm den Beklagten aus der Bürgschaft in Anspruch. Es kam zu vorgerichtlicher Korrespondenz, die der Beklagte zunächst aus dem Iran und später aus dem Vereinigten Königreich führte. Auf Antrag des Beklagten wurde vom B am 26.08.2011 ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten eröffnet.
Nachdem die Darlehensschuld durch Verwertung anderer Sicherheiten teilweise zurückgeführt werden konnte, hat die Klägerin den Beklagten mit Klage vom 24.01.2012 vor dem Landgericht Köln aus der Bürgschaft auf Zahlung von 165.696,44 EUR nebst Zinsen in Anspruch genommen. Der Beklagte hat sich der Inanspruchnahme mit dem Hinweis auf das britische Insolvenzverfahren widersetzt.
Das Landgericht hat den Beklagten mit am 06.12.2012 verkündetem Urteil - 15 O 35/12 - antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat die Kammer im Wesentlichen ausgeführt, das Insolvenzverfahren stehe der Verurteilung des Beklagten unter dem Gesichtspunkt des ordre public nicht entgegen, denn unter Würdigung aller Umstände und Indizien gehe die Kammer davon aus, der Beklagte habe seinen Lebensmittelpunkt ausschließlich und damit rechtsmissbräuchlich in das Vereinigte Königreich verlegt, um sich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen - nämlich über den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen (center of main interest, im Folgenden COMI, Art. 3 EulnsVO) - berechtigten Forderungen seiner Gläubiger zu entziehen und dabei ihm nicht zustehende Vorteile zu erzielen. Wegen der erstinstanzlichen gestellten Anträge, der getroffenen Feststellungen und der weiteren Einzelheiten seiner Begründung wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Die Berufung des Beklagten hat der Senat gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss, auf den wegen der Einzelheiten seiner Begründung Bezug genommen wird, zurückgewiesen.
Mit Beschluss vom 12.03.2015 hat der Bundesgerichtshof die Revision zugelassen und den die Berufung zurückweisenden Beschluss des Senats vom 11.11.2013 auf die Revision des Beklagten mit Urteil vom 10.09.2015 - IX ZR 304/13 -aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, zurückverwiesen. Zur Begründung hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, für den Fall, dass der Bürgschaftsanspruch von der Restschuldbefreiung erfasst werde, könne die Klage nur dann begründet sein, wenn die Restschuldbefreiung in Deutschland nicht anzuerkennen sei.
Aufgrund der getroffenen Feststellungen könne ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung im Sinne des Art. 26 EuInsVO nicht angenommen werden. Ein Verstoß gegen die inländische öffentliche Ordnung liege nicht schon dann vor, wenn das mitgliedstaatliche Gericht einen in seinem Zuständigkeitsbereich allein zur Erlangung der Restschuldbefreiung begründeten Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen des Schuldners anerkenne. Ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung gemäß Art. 26 EuInsVO folge auch nicht daraus, dass sich das Berufungsgericht nicht davon habe überzeugen können, ob eine ordnungsgemäße Prüfung durch den englischen Richter stattgefunden habe. Jedenfalls bis zur Grenze der - nicht festgestellten - Willkür begründeten Fehler bei der Annahme der internationalen Zuständigkeit keinen Verstoß gegen die deutsche öffentliche Ordnung.
Nach der 22. Begründungserwägung zur EuInsVO sollten die zulässigen Gründe für eine Nichtanerkennung der in einem Mitgliedstaat getroffenen Entscheidungen über die Eröffnung, Durchführung und Beendigung eines Insolvenzverfahrens auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt sein. Dies verdeutliche den Ausnahmecharakter des Ordre-Public-Vorbehalts gemäß Art. 26 EuInsVO. Dessen Anwendung sei nicht unbedingt notwendig, wenn die von einem mitgliedstaatlichen Insolvenzverfahren betroffene Person im Staat der Verfahrenseröffnung zureichenden Rechtsschutz suchen könne. Der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens gebiete es daher, dass die betroffene Person die Gerichte im Eröffnungsstaat anruf...