Entscheidungsstichwort (Thema)
Geschäftsgrundlage einer Unterwerfungserklärung
Normenkette
BGB § 241 a.F., §§ 242, 305 a.F., § 339
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 84 O 58/00) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 30.11.2000 verkündete Urteil der vierten Kammer für Handelssachen des LG Köln – 84 O 58/00 – abgeändert und im Hauptausspruch wie folgt neu gefasst:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Auf die Widerklage der Beklagten wird festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Vertragsstrafevertrag des Inhalts, dass die Beklagte verpflichtet ist, es bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Vertragsstrafe von 20.000 DM zu unterlassen, die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten i.S.d. Rechtsberatungsgesetzes vorzunehmen, insbesondere hierbei gegenüber Behörden, Versicherungen oder Vermietern tätig zu werden und/oder hiermit zu werben, nicht besteht.
II. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann jedoch die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 30.000 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet:
Beiden Parteien wird nachgelassen, die Sicherheiten auch durch Stellung einer selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu erbringen.
IV. Die Beschwer des Klägers wird auf 220.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger ist ein in O. ansässiger Rechtsanwalt. Die Beklagte ist eine private Fernsehsendeanstalt mit Sitz in K., die durch Anwachsung und Umfirmierung aus der früheren R.P. Deutschland Fernsehen GmbH & Co KG entstanden ist. Die Parteien streiten im Wesentlichen über die Wirksamkeit eines Unterlassungsvertrages, nach dessen Wortlaut die Beklagte sich strafbewehrt verpflichtet hat, es zu unterlassen, die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten i.S.d. Rechtsberatungsgesetzes vorzunehmen. Dem liegt Folgendes zugrunde:
Die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin strahlte in der Vergangenheit die Sendungen „Wir kämpfen für Sie!” und „Wie bitte?!” aus. In diesen Sendungen setzte sie sich in einer bestimmten Weise für Privatpersonen ein, die Ansprüche gegen Behörden, Wirtschaftsunternehmen oder sonstige Institutionen zu haben glaubten und Schwierigkeiten bei deren Durchsetzung hatten. Der Kläger sah und sieht in diesem Einsatz für Privatpersonen eine der Beklagten nach dem Rechtsberatungsgesetz unerlaubte rechtsbesorgende Tätigkeit. Mit Schreiben vom 22.3.1996, dessen Wortlaut auf den Seiten 2 bis 5 der angefochtenen Entscheidung wiedergegeben ist, mahnte er die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Fristsetzung zum 28.3.1996 ab. Nachdem diese innerhalb der Frist nicht reagiert hatte, vereinbarte der Kläger am Folgetage, dem 29.3.1996, telefonisch mit ihrem damaligen Justitiar, dass die geforderte Unterlassungserklärung noch bis zum 1.4.1996 abgegeben werden könne. Insoweit ist streitig, ob die Fristverlängerung sich bis zum Ablauf jenes Tages erstreckte oder – wie die Beklagte behauptet – nur den Vormittag erfasste. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten gab daraufhin durch ihren Justitiar zwar nicht am Vormittag, wohl aber am Nachmittag des 1.4.1996 eine Unterlassungserklärung ab. In der die Unterlassungsverpflichtung regelnden Ziffer 1) dieser Erklärung, wegen deren vollständigen Wortlauts auf Bl. 8 der Beiakte 6 U 174/00 OLG Köln = 84 O 36/00 LG Köln verwiesen wird, heißt es:
„Wir verpflichten uns Ihnen gegenüber, es bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Vertragsstrafe von 20.000 DM zu unterlassen, die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten i.S.d. Rechtsberatungsgesetzes vorzunehmen, insbesondere hierbei gegenüber Behörden und Versicherungen oder Vermietern tätig zu werden und/oder hiermit zu werben.”
Dieser Text ist mit der verlangten Unterlassungserklärung bis auf den Umstand identisch, dass die Worte „i.S.d. Rechtsberatungsgesetzes” in dem von dem Kläger mit der Abmahnung übersandten Entwurf nicht enthalten gewesen waren.
Ebenfalls am 1.4.1996, und zwar vor Eingang jener Erklärung, hatte der Kläger bei dem LG Duisburg einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt und die Zustellung der noch am selben Tage erlassenen Eilentscheidung an die Beklagte veranlasst. Nach seiner nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Behauptung hat der Justitiar der Beklagten am Nachmittag des 1.4.1996 noch vor Abgabe der Unterlassungserklärung telefonisch in seinem Büro in Erfahrung gebracht, dass ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt worden sei.
Der Kläger reagierte auf die Unterlassungserklärung mit dem auf der Seite 6f des angefochtenen Urteils wiedergegebenen Antwortschreiben vom 2.4.1996. In diesem Schreiben, das eine ausdrückliche Annahme der Erklärung nicht enthielt, wies der Kläger darauf hin, dass er – unter anderem, weil die Sendung „Wir kämpfen für Sie!” entgegen einer angeblichen Zusage nicht abgesetzt worden sei ...