Leitsatz (amtlich)
1. Aufsteigende Darlehen im Konzern werden von den Bestimmungen über eigenkapitalersetzende Leistungen nicht erfasst. Das gilt aufgrund des § 76 Abs. 1 AktG in der Aktiengesellschaft auch dann, wenn die Darlehensgewährung als Leistung eines unter dem beherrschenden Einfluss einer Konzern-Obergesellschaft stehenden Dritten angesehen werden könnte.
2. Das Sanierungsprivileg aus § 32a Abs. 3 S. 3 GmbHG a.F. (§ 39 Abs. 4 S. 2 InsO) setzt voraus, dass das Unternehmen objektiv sanierungsfähig ist und die für seine Sanierung in Angriff genommenen Maßnahmen zur Sanierung objektiv geeignet sind.
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 31.5.2005 verkündete Urteil des LG Bonn - 2 O 393/03 - abgeändert.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 14.920.776,63 EUR nebst 6 % Zinsen auf den Betrag von 13.096.432,09 EUR vom 1.10.2001 bis zum 5.12.2002 zu zahlen. Die Beklagte zu 2. hat darüber hinaus auf den Betrag von 14.920.776,63 EUR Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins abzgl. 6 Prozentpunkten vom 9.11.2002 bis zum 5.12.2002 zu zahlen. Beide Beklagten haben darüber hinaus den Betrag von 14.920.776,63 EUR seit dem 6.12.2002 gesamtschuldnerisch mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszins zu verzinsen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % der nach diesem Urteil vollstreckbaren Forderung abzuwenden, wenn nicht zuvor der Kläger i.H.v. 110 % der jeweils zu vollstreckenden Forderung Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.1.a) Der Kläger ist seit 2002 Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin. Er verlangt von der Beklagten zu 1. die Rückzahlung eines Darlehens; die Beklagte zu 2., die Rechtsnachfolgerin der T Unternehmensverwaltungs GmbH, nimmt er aufgrund eines Schuldbeitritts zu dieser Darlehensschuld in Anspruch.
Die Schuldnerin und die Beklagte zu 1. gehörten zum E-Konzern, wobei die Beklagte zu 1. die zentrale Holdinggesellschaft und die Schuldnerin eine der fünf operativ tätigen Beteiligungsgesellschaften waren. Die Beklagte zu 1. hielt 75 % der Anteile an der Schuldnerin. Im Jahr 1998 geriet der gesamte Konzern in wirtschaftliche Schwierigkeiten.
Mit Vertrag vom 21.4.1999 verkaufte und übertrug die Schuldnerin der Beklagten zu 1. Darlehensforderungen gegen die E-GmbH, an der die Beklagte zu 1. zu 88 % beteiligt war, i.H.v. 31.715.283,32 DM zum Nennwert. Die Kaufpreisforderung der Schuldnerin wurde durch einen undatierten Vertrag von Juli 1997 in einen Darlehensrückzahlungsanspruch umgewandelt. Die Laufzeit des Darlehens war bis zum 31.12.1999 befristet; zu diesem Zeitpunkt waren auch die vereinbarten Zinsen zu zahlen.
Mit Kauf- und Übertragungsvertrag vom 27.1.2000 (B 2) erwarb die Beklagte zu 2. u.a. die Anteile der Beklagten zu 1. an der Schuldnerin. In Verträgen vom 29.2. und vom 04./07./8.12.2000 erklärte die Beklagte zu 2. den Schuldbeitritt zur Verpflichtung der Beklagten zu 1. ggü. der Schuldnerin aus dem Darlehen vom Juli 1999.
In den Jahren 2000/2001 gewährte die Beklagte zu 2. der Schuldnerin verschiedene Darlehen. Die Ansprüche der Beklagten zu 2. gegen die Schuldnerin aus diesen Darlehen beliefen sich am 1.7.2001 auf 42.683.977,37 DM. Im Oktober 2001 verzichtete die Beklagte auf einen Teil ihrer Forderungen i.H.v. 11.648.734,07 DM, so dass sich die Darlehensrückzahlungsansprüche auf 31.628.556,56 DM reduzierten.
Am 6.11.2001 erklärte die Beklagte zu 2. ggü. der Schuldnerin die Aufrechnung mit ihren Darlehensforderungen i.H.v. 31.628.556,56 DM ggü. dem Anspruch der Schuldnerin aus dem Schuldbeitritt vom 04./07.8.12.2000 i.H.v. 29.178.434,71 DM (Stand: 30.9.2001).
b) Mit seiner Klage hat der Kläger Rückzahlung des im Juli 1997 der Beklagten zu 1. gewährten Darlehens abzgl. von der Beklagten zu 1. erhaltener Liquiditätshilfen sowie zzgl. der bis zum 30.9.2001 aufgelaufenen Zinsen verlangt. Diesen Anspruch hat er auf 14.920.776,63 EUR beziffert. Das LG hat die Klage abgewiesen, weil die Forderung der Schuldnerin aufgrund der von der Beklagten zu 2. erklärten Aufrechnung erloschen sei. Ein Aufrechnungsverbot wegen eigenkapitalersetzenden Charakters der von der Beklagten zu 2. an die Schuldnerin gewährten Darlehen habe nicht bestanden, weil insofern das Sanierungsprivileg des § 32a Abs. 3 S. 3 GmbHG eingreife.
Auf den näheren Inhalt des Urteils wird, auch wegen der Sachanträge, Bezug genommen.
2. Mit der form- und fristgerecht eingelegten und mit Gründen versehehen Berufung wendet sich der Kläger gegen dieses Urteil, weil er weiterhin der Auffassung ist, dass das Sanierungsprivileg des § 32a Abs. 3 S. 3 GmbHG nicht zugunsten der Beklagten zu 2. eingreife. Die Hingabe der verschiedenen Darlehen sei nicht aufgrund eines Sanierungskonzeptes erfolgt.
Der Kläger beantragt, das Urteil des LG Bon...