Entscheidungsstichwort (Thema)

Zugewinnausgleichsansprüche gegen den Nachlass des verstorbenen Ehegatten, der österreichischer Staatsangehöriger war

 

Leitsatz (redaktionell)

Nach österreichischem Recht richtet sich die Rechtsnachfolge nach dem Personalstatut, auf das Art 28 IPRG verweist, ohne zwischen beweglichen und unbeweglichen Sachen oder deren Belegenheitsort zu unterscheiden.

Die Art. 31, 32 IPRG, die für dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen auf das Recht der belegenen Sache verweisen, sind daher nur so zu verstehen, daß sich der Eigentumserwerb an Grundstücken im Erbgang (sog. „modus”) nach der lex rei sitae richtet, während es für die Berufung zum Erben „titulus”) beim Erbstatut gem. Art. 28 IPRG bleibt. Nur insoweit folgt das österreichische Recht gem. Art. 28, 31, 32 österreich. IPR-Gesetz (IPRG) noch dem Prinzip der Nachlaßspaltung, d.h. es verweist für den Eigentumserwerb hinsichtlich des in Deutschland belegenen Immobiliarvermögens auf deutsches Recht zurück, wobei das deutsche Recht gem. Art. 3 III EGBGB diese Rückverweisung annimmt. Wenn sich der Eigentumserwerb an dem in Deutschland belegenen Grundstück nach deutschem Recht richtet, können die nach österreichischem Recht berufenen Erben daher mit dem Erbfall gem. § 1922 BGB Eigentümer des Grundstücks werden, obwohl nach österreichischem Recht für den Erbschafterwerb „modus”) eine Einantwortung nach Erbserklärung erforderlich ist. Wenn das Nachlaßgericht durch Beschluß vom 3.9.1991 (76 VI 361/91 AG Brühl) eine Nachlaßpflegschaft angeordnet hat, ist der Nachlaßpfleger für die gegen die Erben geltend gemachten Ansprüche gem. §§ 1958, 1960 III BGB prozeßführungsbefugt und auch passivlegitimiert (Münchener-Komm./Leipold, 2. Aufl., § 1960, Rn. 56). Das gilt auch für den Fall, daß die Erben nach dem Gesagten schon jetzt als Eigentümer des in Deutschland belegenen Grundstücks anzusehen sind, denn die angeordnete Nachlaßpflegschaft endet nicht von selbst, wenn die Voraussetzungen ihrer Einrichtung nicht erfüllt waren oder später weggefallen sind, sondern erst mit der Aufhebung durch Beschluß des Nachlaßgerichts

 

Normenkette

BGB §§ 1922, 1958, 1960 Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG Brühl (Urteil vom 11.06.1996; Aktenzeichen 31 F 153/94)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Brühl vom 11. 6. 1996 (31 F 153/ 94) wird dieses Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden hat.

 

Tatbestand

1)

Die Klägerin, deutsche Staatsangehörige, macht Zugewinnausgleichsansprüche gegen den Nachlaß ihres am 14./15. 9. 1990 verstorbenen Ehemanns geltend, der österreicherischer Staatsangehöriger war.

Durch Beschluß des Amtsgerichts Brühl vom 3.9.1991 ist Nachlaßpfegschaft angeordnet worden und Rechtsanwalt D. zum Nachlaßpfleger für die unbekannten Erben des Verstorbenen bestellt worden. Als Wirkungskreis ist in diesem Beschluß angegeben: „Sicherung und Verwaltung des Nachlasses; Ermittlung der Erben”. Der Erblasser hat ein Testament hinterlassen, durch das seine beiden Kinder aus erster Ehe, S. und T. G., unter ausdrücklichem Ausschluß der Klägerin als Erben eingesetzt sind. Diese haben jedoch bisher die – nach ihrer Aufassung nach österreichischem Recht erforderliche – Annahme der Erbschaft nicht erklärt. Zum Nachlaß gehört ein in Wesseling gelegenes Grundstück des Erblassers.

Die Klägerin hat für sich einen Zugewinnausgleichsanspruch in Höhe von 267.429, 38 DM errechnet und hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 267.429, 38 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 16.9.1990 zu zahlen.

hilfsweise,

den Beklagten zu verurteilen, unter Anrechnung auf die Zugewinnausgleichsforderung der Klägerin ihr das Grundstück im Grundbuch von W. 1105, Flur Nr.5, Flurstück 612, Am M.weg, Größe 1942 qm, zu übertragen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, die Klage sei unzulässig, weil noch ein Rechtsstreit auf vorzeitigen Zugewinnausgleich beim OLG Köln (14 UF 151/90; ausgesetzt durch Beschluß vom 25.10.1990 gem. § 264 ZPO nach dem Tod des Erblassers) anhängig sei.

Im übrigen habe die Klägerin einen Zugewinnausgleichsanspruch verwirkt und ihre Berechnung des Ausgleichsanspruchs sei unzutreffend.

Einige Tage vor Verkündung des Urteils hat das Nachlaßgericht durch Beschluß vom 7.6.1996 den Antrag der Klägerin auf Bestellung eines Nachlaßpfegers auch im Hinblick auf § 1961 BGB und den Antrag auf Einsetzung des Nachlaßpflegers als „Verlassenschaftspfleger” nach österreichischem Recht zurückgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, für einen Beschluß gem. § 1961 BGB fehle das Rechtsschutzinteresse, da der Nachlaßpfleger bereits gem. §§ 1960 III, 1958 BGB aktiv und passiv prozeßführungsbefugt sei. Für den Antrag auf Einsetzung eines „Verlassenschaftspflegers” fehle es an der Zuständigkeit des Nachlaßgerichts.

2)

Durch das angefochtene Urteil hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen. Es hat die A...

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