rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Architekt. Schlußrechnung
Leitsatz (amtlich)
1. Der Architekt kann nach den Grundsätzen von Treu und Glauben auch dann an seine Schlußrechnung gebunden sein, wenn die zugrundeliegende Vereinbarung wegen Unterschreitens der Mindestsätze der HOAI unwirksam ist.
2. Dies kann im Einzelfalle anzunehmen sein, wenn er dem Auftraggeber u.a. wegen dessen schweren Erkrankung finanziell entgegengekommen ist und er sich sodann auch deshalb auf die Unwirksamkeit beruft, weil er damit dessen „Undankbarkeit” sanktionieren möchte.
Normenkette
HOAI § 4; BGB § 242
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 10.12.1997; Aktenzeichen 4 O 63/97) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 10.12.1997 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 4 O 63/97 – teilweise abgeändert wie folgt neu gefaßt: Der Beklagten wird unter Zurückweisung der Klage im übrigen verurteilt, an den Kläger 7.904,02 DM nebst 4% Zinsen seit dem 17.12.1996 zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 3/4 und der Beklagte zu 1/4. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 7/8 und der Beklagte zu 1/8. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung des Beklagten hat, soweit er sie nicht zurückgenommen hat, auch in der Sache Erfolg.
Architektenhonorar steht dem Kläger nur in Höhe der mit dem Beklagten vereinbarten Pauschalvergütung zu.
1. Der Kläger ist an die mit dem Beklagten am 22.09.1994 (AH 1 ff.) getroffene Honorarvereinbarung gebunden, wonach die Leistungsphase der Ziffern 1 – 7 des § 15 HOAI (insgesamt 66 %) mit einem Pauschalhonorar in Höhe von 5.500,00 DM netto und die Leistungsphase 8 des § 15 HOAI (31 %) mit einem Pauschalhonorar in Höhe 6.000,00 DM netto, jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer, abgegolten werden sollte.
Dem Landgericht ist zwar darin Recht zu geben, daß nach § 4 Abs. 2 HOAI die in der HOAI festgesetzten Mindestsätze bei schriftlicher Vereinbarung nur in Ausnahmefällen unterschritten werden können.
In diesem Zusammenhang wird angenommen, daß zur Begründung einer Ausnahme Umstände im personellen und im sozialen Bereich vorliegen müssen, die ein Abweichen vom Mindestsatz nach unten rechtfertigen (Meyke BauR 1987, 513; Konrad BauR 1989, 653). Dies kann bei verwandtschaftlichen, freundschaftlichen oder engen persönlichen Beziehungen ebenso der Fall sein, wie bei der Mitgliedschaft des Auftragnehmers in einem Verein, für den der Architekt Leistungen erbringen soll. Im sozialen Bereich kann es gerechtfertigt sein, beim Wiederaufbau eines durch Naturkatastrophen zerstörten Hauses oder für einen durch höhere Gewalt geschädigten Auftraggeber, der dadurch wirtschaftlich belastet wurde, vom Mindestsatz nach unten abzuweichen. Die generelle wirtschaftliche Situation seines Auftraggebers darf dagegen keine Rolle spielen. Ebensowenig dürfen der Umfang und die Schwierigkeiten der Leistung zu einem Honorar unterhalb der Mindestsätze führen (Locher/Koebel/Frik, 7. Aufl., § 4 Rdnr 87 mit zahlreichen Nachweisen).
Ob die nach diesen Grundsätzen für die Begründung einer Ausnahme hier allein in Betracht zu ziehende Erkrankung des Klägers, der von spastischer Lähmung betroffen in der Zukunft voraussichtlich auf einen Rollstuhl angewiesen sein wird, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Jedenfalls ist der Kläger an die Pauschalvereinbarung, nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gebunden, auch wenn diese Vereinbarung wegen der Unterschreitung der Mindestsätze nicht den Anforderungen der HOAI entspricht.
Nach den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ist ein Architekt nach Treu und Glauben an seine Schlußrechnung, die er in Kenntnis der für die Honorarberechnung maßgeblichen Umstände erteilt hat, grundsätzlich gebunden (BGH NJW-RR 1990, 725 m.w.N.). Diese Bindungswirkung ist auch dann zu bejahen, wenn die Schlußrechnung aufgrund einer unwirksamen Honorarvereinbarung erstellt worden ist (BGH NJW-RR 1986, 18). Allerdings ist die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Bindung des Architekten an seine Schlußrechnung im Schrifttum in zunehmenden Maße auf Kritik gestoßen. Dem hat der 7. Senat des BGH dahin Rechnung getragen, daß er an seiner Rechtsprechung zur Bindung Architekten an seine Schlußrechnung nur mit Einschränkungen festhält (BGH BauR 93, 241 f). Danach kommt eine Bindungswirkung nur in Betracht, wenn die Nachforderung des Architekten nach erteilter Schlußrechnung im Einzelfall gegen Treu und Glauben verstößt. Sofern in der Änderung der Schlußrechnung eine unzulässige Rechtsausübung im Sinne § 242 BGB liegt, ist der Architekt an diese gebunden. Ein derartiger Schluß ergibt sich jedoch nicht aus der Erteilung einer Schlußrechnung allein. Sie setzt vielmehr eine umfassende Abwägung der beiderseitigen Interessen voraus.
Bei dieser Abwägung ist zunächst der mit der Erteilung der Schlußrechnung nach der HOAI verbundene Erklärungswert zu beachten, wonach der Architekt zum Ausdruck bringt, seine ...