Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 04.08.2004; Aktenzeichen 4 O 96/02) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 4.8.2004 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Aachen - 4 O 96/02 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.
II. Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten ist zulässig. In der Sache hat sein Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.
Das LG hat den Beklagten zu Recht und mit im wesentlichen zutreffenden Erwägungen wegen Pflichtverletzungen des mit dem Kläger bzw. der W. Autoshop GmbH bestehenden Steuerberatungsvertrages verurteilt, den Kläger ggü. dem Insolvenzverwalter über das Vermögen der vom Kläger und dem Zeugen N. betriebenen W. Autoshop GmbH von der Verbindlichkeit aus dem Teilurteil des LG Mönchengladbach v. 14.11.2000 - 6 O 135/00, i.V.m. dem Urteil des OLG Düsseldorf v. 29.6.2001 - 17 U 199/00, i.H.v. 12.782,30 EUR (= 25.000 DM) freizustellen.
Das Vorbringen des Beklagten im Berufungsverfahren führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Die Entscheidung des LG beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen die im Berufungsverfahren zugrunde zu legenden Tatsachen (§§ 529, 531 ZPO) eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).
1. Das LG hat den Rat des Beklagten, die Ansprüche der GmbH auf Zahlung der Stammeinlagen der Gesellschafter, des Klägers und des Zeugen N, gegen deren Gewinnausschüttungsansprüche aus den Jahren 1993, 1995 und 1997 zu verrechnen, zu Recht als pflichtwidrig angesehen, weil - wie aufgrund der Streitverkündung in dem Verfahren vor dem LG Mönchengladbach (LG Mönchengladbach v. 14.11.2000 - 6 O 135/00) bindend feststeht (§ 74 Abs. 3, 69 ZPO) - die von ihm vorgeschlagene Verrechnung nicht zur Erfüllung der noch offenen Stammeinlageforderungen dienen konnte.
Entgegen der Ansicht des Beklagten im Berufungsverfahren kommt es nicht darauf an, ob diese Gestaltung steuerrechtlich zulässig war und zu dem gewünschten steuerrechtlichen Ergebnis geführt hat, was hier offensichtlich der Fall war, da das Finanzamt die Verrechnung für die GmbH und ihre Gesellschafter steuergünstig als offene Gewinnausschüttungen behandelt hatte. Hier ist nämlich zu berücksichtigen, dass mit der Verrechnung neben dem mit der offenen Gewinnausschüttung verfolgten steuerrechtlichen Zweck auch zugleich beabsichtigt war, der GmbH die noch offenen Stammeinlagen zuzuführen und diese Forderungen zu tilgen. Der vom Beklagten zu erbringende Auftragsumfang erfasste im konkreten Fall mithin auch diesen zivilrechtlichen und gesellschaftlichen Aspekt der vorgeschlagenen Gestaltung. Wenngleich der Steuerberater auch bei einem umfassenden Steuerberatungsmandat grundsätzlich (nur) die Pflicht hat, den Mandanten umfassend steuerlich zu beraten, dabei den relativ sichersten Weg aufzuzeigen und ihn vor Schaden zu bewahren (vgl. nur OLG Köln, Urt. v. 21.11.2002 - 8 U 44/02, OLGReport Köln 2003, 69 ff., m.w.N.), ergeben sich für ihn weitere Pflichten, wenn mit der von ihm angeratenen Gestaltung neben steuerrechtlichen Zwecken zugleich zivilrechtliche Wirkungen beabsichtigt sind oder vom Mandanten offensichtlich angenommen werden und dem Mandanten im Falle des Scheiterns ein zivilrechtlicher Schaden entstehen kann. In diesen Fällen hat der Steuerberater - ausnahmsweise - auch die anstehenden zivilrechtlichen bzw. gesellschaftsrechtlichen Fragen zu klären, den Mandanten darauf hinzuweisen bzw. - wenn er die zivilrechtliche oder gesellschaftsrechtliche Sachlage nicht überblickt oder etwa Verstöße gegen das Rechtsberatungsgesetz drohen - ihn vorsorglich an einen Rechtsanwalt zu verweisen (vgl. OLG Düsseldorf GI 2002, 271; Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung, 3. Aufl. 1998, Rz. 101, Rz. 317 zu Fn. 693, Rz. 319, Rz. 326). Gegen diese Pflichten hat der Beklagte verstoßen, indem er anriet, die Stammeinlageforderungen der GmbH mit den Gewinnausschüttungsansprüchen der Gesellschafter zu verrechnen, ohne die zivil- bzw. gesellschaftsrechtliche Wirksamkeit dieser Gestaltung zu überprüfen oder den Kläger und seinen Mitgesellschafter wenigstens zur Einholung entsprechenden Rechtsrates an einen Rechtsanwalt zu verweisen.
2. Durch die Pflichtverletzung ist dem Kläger und dem Zeugen N, der insoweit seine Ansprüche wirksam an den Kläger abgetreten hatte, auch ein Schaden i.H.v. 25.000 DM entstanden. Der Schaden besteht darin, dass der Kläger und sein Mitgesellschafter N. einerseits durch die Aufrechnung nicht von der bestehenden Einlageschuld ggü. der GmbH befreit werden konnten und der Kläger nunmehr die restliche Stammeinlage zahlen muss, der Kläger und der Zeuge N. andererseits Gegenforderungen, nämlich die Gewinnausschüttungsansprüche aus den Jahren 1993, 1995 und 1997 nun verloren haben, weil sie wegen der Insolvenz der GmbH nicht mehr durchsetzbar sind.
Ohne Rec...