Verfahrensgang
LG Bonn (Aktenzeichen 1 O 468/18) |
Tenor
Auf die Berufungen der Klägerin und der Beklagten wird unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel das am 03.07.2019 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 1 O 468/18 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.795,73 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.01.2019 zu zahlen.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, die Klägerin von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 334,75 EUR freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz und die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin erwarb im Mai 2015 einen gebrauchten PKW VW A mit einer Laufleistung von 84.944 km zum Preis von 13.490,00 EUR. Sie finanzierte den Kaufpreis überwiegend durch Aufnahme eines Darlehens, für das sie insgesamt 1.141,76 EUR an Zinsen und Bearbeitungsgebühren entrichtete. In das Fahrzeug ist ein Dieselmotor des Typs EA 189 eingebaut. Dieser Motortyp war mit einer Steuerungssoftware ausgestattet, die die Stickoxid-Emissionen auf dem Prüfstand gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduzierte. Dies wurde im Herbst 2015 öffentlich bekannt. Das Kraftfahrt-Bundesamt ordnete den Rückruf der betroffenen Fahrzeuge und die Nachrüstung mit einem von der Beklagten entwickelten Software-Update an, das den vorschriftsmäßigen Zustand herstellen soll. Die Klägerin ließ das Update in der Folgezeit aufspielen.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 09.08.2018 forderte die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 23.08.2018 erfolglos auf, 14.631,76 EUR, also den Kaufpreis zuzüglich der Finanzierungskosten zu zahlen.
Am 01.11.2018 wurde der Wagen für 6.750,00 EUR weiterveräußert.
Im vorliegenden Verfahren hat die Klägerin mit der am 04.01.2019 zugestellten Klage die Beklagte auf Zahlung der Differenz zwischen dem Weiterverkaufserlös und dem von ihr gezahlten Kaufpreis zuzüglich Finanzierungskosten sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Anspruch genommen.
Die Klägerin hat vorgetragen, ihr stünden gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche aus §§ 826, 31 BGB zu. Der Vorstand der Beklagten habe Kenntnis von der unzulässigen Umschaltsoftware gehabt. Sie, die Klägerin, hätte den Wagen nicht gekauft, wenn sie von der Umschaltsoftware und den sich daraus ergebenden Folgen gewusst hätte. Nutzungsvorteile müsse sie sich nicht anrechnen lassen. Das Software-Update sei mit Nachteilen für den Wagen verbunden.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 7.881,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins aus 13.490,00 EUR für den Zeitraum vom 24.06.2015 bis zum 31.10.2018 sowie aus 7.881,76 EUR seit dem 01.11.2018 zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, sie von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 729,23 EUR freizustellen;
3. hilfsweise:
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtliche Schäden zu ersetzen, die dadurch, dass die Beklagte den Pkw VW A mit der Fahrzeug-Identifizierungsnummer B in den Verkehr gebracht hat, obwohl dieser mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet war und daher keinem genehmigten Fahrzeugtyp entspricht, entstanden sind bzw. entstehen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, der Wagen sei nicht mängelbehaftet und die Annahme eines Schadens zudem durch die Durchführung des Software-Updates ausgeschlossen. Ihr Vorstand habe keine Kenntnis vom Einsatz der streitgegenständlichen Motorsteuerungssoftware gehabt.
Für den Fall, dass das Gericht keine automatische Saldierung des Zahlungsanspruchs der Klägerin mit ihrer Wertersatzverpflichtung annimmt, hat die Beklagte die Aufrechnung mit Ansprüchen auf Zahlung von Wertersatz in der in der Klage von der Klägerin beantragten Höhe erklärt.
Mit Urteil vom 03.07.2019, auf das wegen der weiteren Einzelheiten gemäß § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht unter Abweisung der weitergehenden Klage die Beklagte zur Zahlung von 2.972,82 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4 % aus 9.722,81 EUR für den Zeitraum vom 24.06.2015 bis zum 31.10.2018 sowie aus 2.972,82 EUR seit dem 01.11.2018 verpflichtet, ferner zur Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 334,75 EUR.
Gegen dieses Urteil wenden sich beide Parteien mit ihren Berufungen.
Die Klägerin macht geltend, das Landgericht habe fehlerhaft Nutzungsersatz als Vorteilsausgleich angerechnet, insoweit zu Unrecht keine Freistellung von den gesamten Kosten für das außergerichtliche Vorgehen zuerkannt und rechtsfehlerhaft di...