Verfahrensgang
AG Rheinbach (Aktenzeichen 6 F 411/99) |
Tenor
Die Berufung des Antragsgegners gegen das Urteil des AG – FamG – Rheinbach vom 15.3.2001 (6 F 411/99) wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung ist unbegründet.
Zu Recht und mit im wesentlichen zutreffender Begründung hat das AG die Ehe der Parteien gem. Sec. 2 (ii) des Gesetzes über die Auflösung von Moslem-Ehen („Dissolution of Muslim Marriages Act”) vom 17.3.1939 (abgedruckt bei Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Länderteil Indien, 52 f.) geschieden. Das Berufungsvorbringen des Antragsgegners rechtfertigt keine abweichende Entscheidung.
1. Da beide Parteien pakistanische Staatsangehörige sind, bestimmen sich gem. Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB die allgemeinen Wirkungen der Ehe und damit nach Art. 17 Abs. 1 S. 1 EGBGB die Voraussetzungen der Scheidung nach pakistanischem Recht; eine Anerkennung der Parteien als Asylberechtigte, die über Art. 12 der Genfer Flüchtlingskonvention i.V.m. § 2 Abs. 1 AsylVfG zur Anwendung deutschen Sachrechts führen müsste, ist bislang nicht erfolgt. Das staatliche pakistanische Kollisionsrecht, auf das Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB i.S.e. Gesamtverweisung (Art. 4 Abs. 1 S. 1 EGBGB) verweist, gestattet keine unmittelbare Anwendung der für die Parteien als Angehörige der Glaubensgemeinschaft der Ahmadiyya-Muslim-Jamaat (im Folgenden: Ahmadis) geltenden Vorschriften der „Fikah Ahmadiyya”, auf welche der Antragsgegner abhebt. Vielmehr stellt sich nach dem von Art. 14, 17 EGBGB berufenen pakistanischen IPR, wie der vom AG beauftragte Sachverständige Prof. Dr. M. in seinem Gutachten vom 1.12.2000 eingehend dargestellt hat, zunächst die Frage, ob die Parteien Moslems sind oder nicht:
Für Nicht-Moslems gilt nach den insoweit in Pakistan fortgeltenden Regeln des Common Law das Recht der lex fori, hier also deutsches materielles (Scheidungs-) Recht (vgl. insoweit auch Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Länderteil Pakistan, 24; Weishaupt, StAZ 1998, 264). Sind dagegen die Eheleute Muslime, so gilt der Grundsatz, dass ein Muslim ohne Rücksicht auf seinen Wohnsitz stets islamischem Recht unterliegt. Das damit berufene islamische Recht ist jedoch in erster Linie das staatliche pakistanische Recht, nicht etwa die internen Regeln einer bestimmen Glaubensgemeinschaft. Das Recht einzelner Glaubensrichtungen ist nur dann anzuwenden, wenn die vorzunehmende gestufte Unteranknüpfung (vgl. dazu Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Länderteil Pakistan, 21 ff.) nicht zur Anwendung des höherrangigen staatlichen Rechts führt. Im Streitfall geht der Antragsgegner im Übrigen selbst davon aus, dass pakistanische staatliche Einrichtungen die Glaubensregeln der Ahmadis, die in Pakistan Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt sind, nicht anwenden würden.
a) Nach diesen Grundsätzen gilt für die Ehescheidung der Parteien das in Pakistan nach wie vor fortgeltende Gesetz über die Auflösung von Moslem-Ehen vom 17.3.1939. Denn nach pakistanischem IPR sind der Antragsteller und seine Ehefrau als Moslems zu behandeln. Unstreitig sehen sich die Parteien selbst als Moslems an. Zwar gelten die Ahmadis gem. Art. 260 Abs. 3 der pakistanischen Verfassung von 1973 nicht als Moslems (vgl. Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Länderteil Pakistan, 19; Weishaupt, StAZ 1997, 387). Zivilrechtliche Akte, insbesondere im Bereich des Familien- und Erbrechts, sind hiervon jedoch bislang nicht berührt. Eheschließungen der Ahmadis, einer aus dem sunnitischen Islam hervorgegangenen Glaubensgemeinschaft, in ihrem religiösen Zentrum in Rabwa – wo auch die Parteien geheiratet haben – nach islamischem Ritus werden bisher vom pakistanischen Staat jedenfalls stillschweigend anerkannt. Die Ahmadis werden dabei stillschweigend dem sunnitischen Recht zugeordnet. Auf sie findet daher – wie der Sachverständige Prof. Dr. M. ebenfalls überzeugend dargelegt hat – nach pakistanischem Rechtsverständnis islamisches Eheschließungsrecht Anwendung (vgl. ebenso Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Länderteil Pakistan, 19 [23]; Weishaupt, StAZ 1997, 387). Nichts spricht dafür, dass dies für das Ehescheidungsrecht anders zu sehen ist.
b) Ohne Erfolg beanstandet die Berufung, das AG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass sich zumindest einige Angehörige der Ahmadis auch von staatlichen Gerichten scheiden lassen und auf diese Scheidungen das staatliche pakistanische Recht für muslimische Ehen angewandt werde. Zwar wird die betreffende Annahme im angefochtenen Urteil insbesondere durch die Ergebnisse der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme nicht getragen. Soweit er sich in seinem Ergänzungsgutachten vom 19.2.2001 mit dem erstinstanzlich vorgebrachten Einwand des Antragsgegners auseinandergesetzt hatte, kein staatliches pakistanisches Gericht werde eine Ehe von Ahmadis nach muslimischem Recht sche...