Verfahrensgang

LG Bonn (Aktenzeichen 18 O 294/18)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - Az. 18 O 294/18 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 11.652,41 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.01.2019 zu zahlen Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs VW A, 2,0 l mit der FIN B.

Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Entgegennahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.

Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von der Gebührenforderung ihrer Prozessbevollmächtigten in Höhe von 958,19 EUR freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Klägerin zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung der jeweils anderen Seite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

Die Klägerin nimmt die Beklagte anlässlich des sog. Diesel-Skandals auf Schadensersatz in Anspruch. Am 09.03.2011 kaufte die Klägerin bei der C GmbH in D einen neuen PKW VW A 2,0 TDI zum Preis von 29.700 EUR. Auf den Kaufpreis zahlte sie 436,71 EUR an und finanzierte den Rest durch ein Darlehen der Volkswagen-Bank über insgesamt 32.470,53 EUR, das mittlerweile vollständig abgelöst ist. Die Laufleistung im Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz betrug 187.137 Kilometer.

Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor EA 189 EU 5 ausgestattet. Die Motorsteuerungssoftware des Fahrzeugs sah hinsichtlich der Abgasrückführung zwei Betriebsmodi vor, und zwar einen hinsichtlich des Stickstoffausstoßes optimierten Betriebsmodus 1 mit einer verhältnismäßig hohen Abgasrückführungsrate sowie einen hinsichtlich des Partikelausstoßes optimierten Betriebsmodus 0 mit einer erheblich geringeren Abgasrückführungsrate. Dabei vermochte die Motorsteuerung zu erkennen, ob das Fahrzeug auf einem technischen Prüfstand zur Ermittlung der Emissionswerte (NEFZ-Prüfzyklus) eingesetzt oder ob es im Straßenverkehr betrieben wird, und schaltete im NEFZ-Prüfzyklus in den Modus 1. Auf diese Art und Weise wurde sichergestellt, dass bei der Prüfung nach den gesetzlich vorgesehenen Maßgaben der Euro-5-Abgasnorm geringere Stickoxidemissionen gemessen und dementsprechend die Stickoxidgrenzwerte im Laborbetrieb eingehalten wurden. Dagegen schaltete die Motorsteuerung in den Modus 0, wenn das Fahrzeug im Straßenverkehr eingesetzt wurde. Diese Funktionsweise legte die Beklagte im Rahmen des Typgenehmigungsverfahrens vor dem Kraftfahrtbundesamt nicht offen.

Am 22.09.2015 räumte die Beklagte im Rahmen einer aktienrechtlichen ad hoc-Mitteilung erstmalig eine auffällige Abweichung zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb bei Dieselmotoren des Typs EA189 ein.

Ein von der Beklagten entwickeltes Softwareupdate, das diese im Rahmen einer mit dem Kraftfahrtbundesamt abgestimmten Maßnahme zur Beseitigung der von diesem als unzulässige Abschalteinrichtung angesehenen Motorsteuerungssoftware gemäß Bescheid des Kraftfahrtbundesamtes vom 15.10.2015 einsetzt und das dazu führt, dass die Motorsteuerungssoftware ausschließlich im adaptierten Modus 1 läuft, ließ die Klägerin im Januar 2017 aufspielen.

Die Klägerin beauftragte ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten mit der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung und ließ die Beklagte mit Schreiben vom 12.12.2018 vergeblich zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von insgesamt 21.100,78 EUR, Zug-um-Zug gegen Herausgabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs, das zugleich zur Abholung angeboten wurde, sowie zur Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten bis zum 24.12.2018 auffordern, die der Klägerin in Form einer Verbindlichkeit in Höhe von 1.171,67 EUR entstanden waren, bestehend aus einer 1,3 Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 21.100,78 EUR zuzüglich 20 EUR Auslagenpauschale und 19 % Mehrwertsteuer.

Die Klägerin wendete - nach ihrem Vortrag - während ihrer Besitzzeit insgesamt 5.819,78 EUR für diverse Maßnahmen zum Erhalt der Funktionsfähigkeit des Fahrzeugs auf. Wegen der Einzelheiten wird auf die als Anlagenkonvolut K6 zur Akte gereichten Belege Bezug genommen.

Gegenstand der Klageforderung mit dem Antrag zu Ziffer 1 sind die Erwerbsaufwendungen (Kaufpreis und Finanzierungskosten) (32.907,24 EUR gesamt), zuzüglich der getätigten Aufwendungen (5.819,78 EUR), zuzüglich ausgerechneter Deliktszinsen gem. § 849 BGB (6.450,05 EUR), abzüglich einer Nutzungsentschädigung auf Grundlage einer Gesamtlaufleistung von 250.000 Kilometern (21.859 EUR). Die Klageforderung betreffend den Betrag für die getätigten Aufwendungen stützt die Klägerin hilfsweise f...

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