Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 8 O 54/19)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 27.10.2022; Aktenzeichen III ZR 211/20)

 

Tenor

Auf die Berufungen der Parteien wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 14. Februar 2020 - 8 O 54/19 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Unter teilweiser Aufhebung des Versäumnisurteils des Landgerichts Köln vom 26. Juli 2019 - 8 O 54/19 - wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin EUR 21.859,56 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von EUR 22.089,36 vom 8. April 2019 bis zum 9. Juli 2020 und seit dem 10. Juli 2020 aus einem Betrag von EUR 21.859,56 zu zahlen Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeugs Audi A4 2.0 TDI mit der Fahrgestellnummer A.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehenden Berufungen der Parteien werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 63% und die Beklagte zu 37%.

Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, sofern nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Ehemann der Klägerin erwarb am 29.05.2009 bei einem Vertragshändler der Beklagten als Neuwagen einen Audi A 4 2.0l TDI zum Preis von EUR 42.900,01. Der Kilometerstand betrug zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung 1. Instanz 145.529 Km und zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung 2. Instanz 147.136 Km.

Das Fahrzeug wurde von der Beklagten hergestellt und ist mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 ausgestattet, der von der Volkswagen AG entwickelt und hergestellt und an die Beklagte geliefert worden ist. Im Zusammenhang mit diesem Motor wird eine Software verwendet, die die Stickstoff-Emissionswerte im behördlichen Prüfverfahren optimiert. Das Motorsteuerungsgerät ermöglicht zwei Betriebsmodi zur Steuerung der Abgasrückführung: einen Stickstoff-optimierten Modus 1 mit einer relativ hohen Abgasrückführungsrate und dadurch reduziertem Schadstoffausstoß sowie einen Partikel-optimierten-Modus 0, bei dem die Abgasrückführungsrate geringer ist. Die Software des Motorsteuerungsgerätes erkennt, ob sich das Fahrzeug im üblichen Straßenverkehr oder auf einem technischen Prüfstand zur Ermittlung der Emissionswerte befindet. Während des Prüfstandtests betreibt die eingebaute Software den Motor im Modus 1, wodurch geringere Stickoxidwerte (NOx) erzielt und die gesetzlich vorgegebenen und im technischen Datenblatt aufgenommenen Abgaswerte wie auch die nach der Euro-5-Abgasnorm vorgegebenen NOx-Grenzwerte eingehalten werden. Unter realen Fahrbedingungen im Straßenverkehr wird das Fahrzeug hingegen im Abgasrückführungs-Modus 0 betrieben.

Nach Bekanntwerden des Einsatzes des in der Öffentlichkeit als Manipulationssoftware bezeichneten Motorsteuerungsprogrammes in verschiedenen Diesel-Fahrzeugen verschiedener Herstellerfirmen, unter anderem der Beklagten, legte das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) den Herstellerkonzernen im Herbst 2015 auf, die entsprechende Software aus allen Fahrzeugen zu entfernen. In der Folgezeit prüfte das KBA einen vorgelegten Maßnahmenplan und gab zeitlich gestaffelt die auf den jeweiligen Fahrzeugtyp abgestimmten Software-Updates frei. Auch ohne das Software-Update war das in Rede stehende Fahrzeug fahrbereit und verkehrssicher. Zudem wurde die EG-Typengenehmigung nicht entzogen, wenngleich das KBA das Aufspielen der jeweiligen Software als verpflichtend ansieht. Die Klägerin ließ das Software-Update am 19. Januar Juli 2017 aufspielen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe gegen die Beklagte aus eigenem und abgetretenen Recht ein Schadensersatzanspruch in Höhe des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeuges aus § 826 BGB zu. Das Inverkehrbringen des Fahrzeuges mit einer manipulierten Motorsteuerungssoftware stelle eine vorsätzlich sittenwidrige Schädigung dar. Sie hätte das Fahrzeug nicht erworben, wenn sie hiervon gewusst hätte. Die Beklagte habe auch vorsätzlich gehandelt. Die Entwicklung des Motors und der entsprechenden Steuerungssoftware sei eine gemeinschaftliche Entscheidung der Vorstände der Konzernunternehmen gewesen, zwischen denen teilweise auch Personenidentität bestanden habe. Ersatz für die Nutzung des Fahrzeuges schulde sie nicht. Demgegenüber könne sie eine Verzinsung des Kaufpreises seit Zahlung nach § 849 BGB beanspruchen sowie Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Weiterhin hat sie gemeint, die Beklagte befinde sich in Annahmeverzug.

Nachdem die Klägerin in einem ersten Termin zur mündlichen Verhandlung erster Instanz am 26. Juli 2019 keinen Antrag gestellt hat, ist die Klage durch Versäumnisurteil abgewiesen worden. Mit dem form- fristgerecht eingelegten Einspruch hat die Klägerin beantragt,

das Versäumnisurteil aufzuheben und

1. die Beklagte zu verur...

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