Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit einer Restitutionsklage (§ 582 ZPO)
Leitsatz (amtlich)
1. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 582 ZPO, wonach eine Restitutionsklage nur dann Erfolg haben kann, wenn die Partei ohne ihr Verschulden außerstande war, den Restitutionsgrund in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Einspruch oder Berufung oder mittels Anschließung an eine Berufung, geltend zu machen, ist bereits auf der Ebene der Zulässigkeit der Restitutionsklage zu prüfen und nicht erst im Rahmen der Prüfung, ob diese begründet ist, ein Restitutionsgrund also tatsächlich vorliegt.
2. Wird eine Restitutionsklage gemäß § 580 Nr. 7b) ZPO auf eine nachträglich aufgefundene Urkunde gestützt, so sind an die Sorgfaltspflichten der betreffenden Prozesspartei strenge Anforderungen zu stellen. Eine auch nur leicht fahrlässige Pflichtverletzung schließt die Zulässigkeit der Restitutionsklage aus.
3. Der Restitutionskläger trägt die Darlegungs- und Beweislast, dass ihn an dem verspäteten Auffinden einer Urkunde kein Verschulden im Sinne des § 582 ZPO trifft.
Normenkette
ZPO § 582
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 7 O 378/05) |
Tenor
Die Restitutionsklage wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin, eine inzwischen in Liquidation befindliche Bauträgergesellschaft, begehrt im Wege der Restitutionsklage die Wiederaufnahme des durch rechtskräftiges Urteil des Senats vom 14.9.2007 abgeschlossenen Verfahrens 19 U 66/07 (vorgehend: 7 O 378/05 LG Köln).
Die Klägerin hat den Beklagten im Vorprozess aus einer angeblichen Baukostengarantie, hilfsweise auf Schadensersatz wegen Baukostenüberschreitung in Anspruch genommen.
Die Klägerin beauftragte den Beklagten mit Architektenvertrages vom 16.1.1997 (Anlage K 1, Bl. 26 ff. GA) mit den Architektenleistungen der Leistungsphasen 1 bis 8 für ein Objekt T-Straße in C (Errichtung von 4 Mehrfamilienhäusern mit Tiefgarage). Bereits unter dem 7.1.1997 hatte der Beklagte für das Bauvorhaben eine erste Kostenschätzung nach DIN 276 erstellt, die als gesamte reine Baukosten einen Betrag von 7.190.000 DM inkl. 15 % MWSt auswies. Nachdem der Prokurist der Klägerin, der Zeuge I U, diese Kostenschätzung handschriftlich auf 6.580.000 DM gekürzt hatte, erstellte der Beklagte unter dem 20.1.1997 eine weitere Grundlagenermittlung (Anlage K 3, Bl. 29 ff. GA). Die darin enthaltene Kostenschätzung nach DIN 276 führt für die Kostengruppe "Bauwerk - Baukonstruktion+Technische Ausrüstung" insgesamt 18 Kostenpositionen auf, die - als "gesamte reine Baukosten inkl. 15 % MWSt" bezeichnet - eine Gesamtsumme von 6.675.000 DM ergeben (S. 6 der Grundlagenermittlung, Bl. 34 GA). Dieser Betrag findet sich in der Gesamtaufstellung auf Seiten 7 und 8 der Grundlagenermittlung (Bl. 35 f. GA) wieder, und zwar aufgeschlüsselt in 2 Positionen, Ziff. 3 (Kosten des Bauwerks: 6.600.000 DM) und Ziff. 6.3 (Mehrkosten der Entsorgung von Aushubmaterial: 75.000 DM). Die gesamten Gestehungskosten werden in Ziff. 8 der Aufstellung mit 9.710.000 DM inkl. 15 % MWSt. bzw. gerundet 9.750.000 DM angegeben.
Die Klägerin hat im Vorprozess erstinstanzlich behauptet, der Beklagte habe eine Baukostengarantie des Inhalts abgegeben, dass die Gesamtheit der von DIN 276 erfassten Baukosten den Betrag von 6.675.000 DM nicht überschreiten werde. Die Klägerin hat sich insoweit auf zwei Erklärungen vom 16.1.1997 (Anlage K 2, Bl. 28 GA) und vom 24.1.1997 (Anlage K 4, Bl. 37 GA) gestützt, die nach dem Vortrag der Klägerin vom Beklagen stammen sollen, was von diesem jedoch bestritten worden ist.
Die Klägerin hat außerdem behauptet, der Beklagte habe dem Prokuristen der Klägerin mündlich versichert, seine Kostenschätzung beziehe sich auf alle von der DIN 276 erfassten Baukosten, die zur Herstellung des gesamten Bauobjekts erforderlich seien.
Das LG hat die Klage nach Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen I U abgewiesen. Zur Begründung hat das LG ausgeführt, es sei der Klägerin nicht gelungen zu beweisen, dass der Beklagte eine mündliche Garantieerklärung dahin gehend abgegeben habe, dass die Kosten für das gesamte Bauvorhaben, d.h. alle Kostengruppen gemäß DIN 276, den Betrag von 6.675.000 DM nicht überschreiten würden. Die Aussage des Zeugen I U sei nicht glaubhaft. Des Weiteren könne dahin gestellt bleiben, ob die Erklärungen vom 16. und 24.1.1997 vom Beklagten stammten, da die Klägerin aus diesen Schreiben keine Rechte herleiten könne. Die Erklärung vom 16.1.1997 gebe für die behauptete Garantiesumme von 6.675.000 DM nichts her. Das Schreiben vom 24.1.1997 beinhalte nicht die von der Klägerin behauptete Baukostengarantie für das gesamte Bauvorhaben (alle Kostengruppen ...