rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Versicherungsrecht. Höhe der Entschädigung bei Gebäudeversicherung
Leitsatz (amtlich)
Ist eine Wiederherstellungsklausel vereinbart, erwirbt der Versicherungsnehmer den Anspruch auf den Teil der nach § 7 Abs. 2 VGB errechneten Entschädigung, der den Zeitwertschaden übersteigt, nur, wenn und soweit er das Gebäude an der bisherigen Stelle wiederhergestellt oder die Verwendung oder die Entschädigung zu diesem Zweck sichergestellt hat.
Normenkette
VVG §§ 97-98; VGB § 7 Abs. 3a; BGB § 812 Abs. 1 S. 1 zweite Alternative
Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 09.11.1999; Aktenzeichen 1 O 555/98) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 09.11.1999 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Aachen – 1 O 555/98 – teilweise abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Auf die Widerklage des Beklagten wird die Klägerin verurteilt,
- darin einzuwilligen, dass der bei der A. Versicherung AG unter der Schaden Nr. …, Sach Ne, … bereitliegende Betrag von DM 22.987,– aus der Neuwertentschädigung des Gebäudes P.weg 8 b in R. dem Beklagten ausgezahlt wird.
- an den Beklagten 4 % Zinsen aus DM 22.987,– seit dem 07.04.1999 (Rechtshängigkeit der Widerklage) zu zahlen.
Wegen des weitergehenden Zinsantrages werden die Widerklage und die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreites beider Instanzen trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Beklagten hat auch in der Sache bis auf einen geringfügigen Teil der Zinsforderung Erfolg. Der Beklagte kann von der Klägerin die Abgabe der widerklagend begehrten Zustimmungserklärung gegenüber der A. Versicherung AG nebst die Zahlung von 4 % Zinsen aus DM 22.987,– seit Rechtshängigkeit der Widerklage verlangen.
Dem Beklagten steht gegen die Klägerin gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. BGB ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Abgabe der begehrten Zustimmungserklärung zu. Aufgrund der wechselseitig geltend gemachten vermeintlichen Rechte an der Versicherungssumme verweigert die A. Versicherung zur Zeit die Auszahlung. Sie macht die Auszahlung davon abhängig, dass der Nichtberechtigte in die Auszahlung einwilligt.
Die Klägerin ist auf Kosten des Beklagten in sonstiger Weise bereichert, da sie ihre Rechtsposition, wonach ohne ihre Zustimmung die A. Versicherung eine Auszahlung nicht vornimmt, ohne Rechtsgrund erlangt hat. Diese Sperrfunktion hat sie rechtsgrundlos inne, da ihr ein Anspruch auf die noch ausstehende Versicherungssumme nicht zusteht.
Der Anspruch auf die Zahlung der Neuwertentschädigung konnte wegen der dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Wiederherstellungsklausel erst in der Person des Beklagten entstehen. Die Wiederherstellungsklausel entspricht § 7 Abs. 3 a VGB, die nach §§ 97, 98 VVG zulässig ist. Danach erwirbt der Versicherungsnehmer den Anspruch auf den Teil der nach § 7 Abs. 2 VGB errechneten Entschädigung, der den Zeitwertschaden übersteigt, nur, wenn und soweit er das Gebäude an der bisherigen Stelle wiederhergestellt oder die Verwendung oder die Entschädigung zu diesem Zweck sichergestellt hat.
Nicht nur nach dem Wortlaut der Bestimmung ist die Wiederherstellung oder die erwähnte Sicherstellung Voraussetzung für das Entstehen des Anspruchs. Auch ihr Zweck, mit Rücksicht auf das Bereicherungsverbot des § 55 VVG nur für ungeplante, aufgezwungene Ausgaben und nur in Form von Sachwerten dem Versicherungsnehmer den erforderlichen, besonderen Vermögensausgleich durch die Neuwertentschädigung zukommen zu lassen, zwingt zu diesem Verständnis. Demgemäß ist die bestimmungsgemäße Verwendung der Entschädigung oder jedenfalls die Prognose, dass diese Verwendung sichergestellt sei, Anspruchsvoraussetzung bzw. Tatbestandsmerkmal der Anspruchsgrundlage (vgl. BGH, VersR 1988, 925, 926; 1992, 1221 m.w.N.).
Nach § 69 VVG, auf den § 13 VGB Bezug nimmt, trat der Beklagte als Erwerber der versicherten Sache in die Rechte und Pflichten des ursprünglichen Versicherungsnehmers (personenidentisch mit dem Beklagten) mit dem Eigentumsübergang durch Zuschlag ein. Er wurde an seiner Stelle Versicherungsnehmer und damit die zur Wiederherstellung im Sinne von § 7 Abs. 3 a VGB befugte Person. Gleichzeitig verlor die Klägerin ihre Stellung als (Mit)Versicherte.
Im Zeitpunkt des Zuschlags übernahm der Beklagte das Versicherungsverhältnis in der Lage, in der es sich zu dieser Zeit befand. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass in dem Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Aachen vom 11.09.1997 – 18 K 85/95 – (Bl. 42 GA) erwähnt ist, dass die eventuell zu zahlende Versicherungsleistung nicht mit zugeschlagen sei und dass der Beklagte gemäß Schriftsatz vom 24.07.1997 in dem Verfahren 1 O 287/97 LG Aachen (Bl. 13 ff. BA) 1 O 287/97 LG Aachen) seine Ansprüche wie folgt abgetreten hatte:
„Ohne Anerkenntnis einer rechtlichen Verpfichtung tritt der Beklagte hiermit seine Ansprüche gegen die A. Versicheru...