Entscheidungsstichwort (Thema)
Architektenvertrag, Kopplungsverbot
Leitsatz (amtlich)
Der Erwerber eines Grundstückes, der den Architekten wegen mangelhafter Erfüllung seiner in dem Grundstückskaufvertrag übernommenen Architektenleistungen in Anspruch nimmt, kann sich gegenüber dem Einwand des Architekten, der Vertrag sei wegen Verstoßes gegen das Kopplungsverbot nach Art. 10 § 3 MRVG nichtig, auf § 242 BGB berufen. Das gilt jedenfalls dann, wenn sich der Erwerber in einer Weise auf den Erhalt der Architektenleistung eingerichtet hat, dass sich die Berufung des Architekten auf die Unwirksamkeit des Vertrages als Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt (Verbot des venire contra factum proprium).
Normenkette
MRVG Art. 10 § 3; BGB §§ 242, § 633 ff.
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 13.08.2013; Aktenzeichen 27 O 387/10) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 27. Zivilkammer des LG Köln vom 13.8.2013 (27 O 387/10) unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wie folgt abgeändert:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 41.740,34 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.11.2010 zu zahlen.
2. Der Beklagte wird verurteilt an den Kläger Ersatz vorprozessual entstandener Rechtsanwaltskosten i.H.v. 2.110,11 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten seit dem 13.11.2010 zu zahlen.
3. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle Schäden zu ersetzen, die dem Kläger persönlich oder aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau M entstanden sind oder noch entstehen werden, die über den Ausspruch zu Ziff. 1. hinausgehen und die ebenso auf Mängeln der Architektenleistungen des Beklagten im Rahmen des Bauvorhabens Sstraße 6a, Q beruhen, die Gegenstand der Ziff. 1. sind, nämlich auf der mangelhaften Abdichtung des Kellers, den Sackrissen in der Bitumendickbeschichtung, der fehlenden Hohlkehle, den nicht an die Grundleitung angeschlossenen Fallrohren bzw. Regenwasserleitungen und den damit verbundenen Feuchtigkeitsschäden und Durchfeuchtungen der Wände und des Sockelbereichs im Keller.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 15 % und der Beklagte zu 85 %.
IV. Das vorliegende und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung kann durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Der Kläger nimmt den Beklagten auf Schadensersatz aus eigenem und abgetretenem Recht seiner Ehefrau sowie (in Bezug auf seinen Sohn) "als gesetzlicher Vertreter nach § 1629 BGB" wegen fehlerhafter Architektenleistungen in Anspruch. Der Kläger und seine Ehefrau, die ihr zustehende Ansprüche an den Kläger abgetreten hat, schlossen im Juli 2004 mit dem Beklagten einen notariellen Kaufvertrag über ein Grundstück in Q2 (Urkundenrolle Nr. 1xxx für 2004 des Notars C; Anl. K 1). Der Vertrag enthält unter Nr. II. 2. den Passus:
"Der Verkäufer übernimmt darüber hinaus für den Verkäufer die Leistungen nach I-VIII HOAI, das Entgelt hierfür ist im nachstehenden Kaufpreis enthalten."
In der Folgezeit erbrachte der Beklagte Architektenleistungen streitigen Umfangs, jedenfalls aber bis einschließlich der Genehmigungsplanung. Unter dem 21.9.2004 rechnete er der Architektenleistungen einschließlich Leistungsphase 8 ab, wobei er auf der Grundlage anrechenbarer Kosten von 190.000,- EUR ein Nettohonorar von 20.584,40 EUR auswies, dessen Zahlung Bestandteil des Kaufpreises für das erworbene Grundstück sei. Der Kläger ließ nach den Planungen des Beklagten ein Einfamilienhaus errichten, das nach Behauptung des Klägers mit erheblichen Mängeln behaftet ist; diesbezüglich liegen Privatgutachten der Sachverständigen L vom 17.8.2010 (Anl. K 4) und H2 vom 16.8.2010 (Anl. K 5) vor. Der Kläger hat behauptet, wegen unzureichender Bauüberwachung seitens des Beklagten sei es zu Kellerfeuchte und Schimmel - das im ganzen Haus - gekommen, weswegen bereits gesundheitliche Beeinträchtigungen bei ihm und seiner Familie eingetreten seien (Mängelkomplex 1.). Darüber hinaus sei es infolge fehlender oder unzureichender Wärmedämmung im oberen Wandbereich zwischen Decke und Wand in den Räumen des Erdgeschosses und des Obergeschosses zu Wärmebrücken gekommen (Mängelkomplex 2.).
Der Kläger hat beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag i.H.v. 51.840,34 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.8.2010 zu zahlen.
2. den Beklagten zu verurteilen, vorprozessual entstandene Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 2.429,27 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.8.2010 zu zahlen.
3. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle bestehenden und zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht bezifferbaren Schäden zu ersetzen,...