Leitsatz (amtlich)

Die "Rückstufung" einer Krankheitskostenversicherung in den Basistarif stellt sich nicht als Abschluss eines neuen Vertrags, sondern als Fortsetzung des bisherigen Vertrags zu geänderten Konditionen dar. Daher fehlt eine Rechtfertigung für das Entfallen eines Säumniszuschlags ab dem Zeitpunkt der Weiterführung des Vertrags im Basistarif gem. § 193 Abs. 6 Satz 9 VVG.

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Urteil vom 07.02.2011; Aktenzeichen 9 O 339/10)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 7.2.2011 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des LG Bonn - 9 O 339/10 - abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.205,58 EUR zzgl. Säumniszuschlag i.H.v. 1 % pro angefangenem Monat

auf einen Teilbetrag von 637,86 EUR ab dem 2.7.2009,

auf einen Teilbetrag von 637,86 EUR ab dem 2.8.2009,

auf einen Teilbetrag von 637,86 EUR ab dem 2.9.2009,

auf einen Teilbetrag von 637,86 EUR ab dem 2.10.2009,

auf einen Teilbetrag von 637,86 EUR ab dem 2.11.2009,

auf einen Teilbetrag von 637,86 EUR ab dem 2.12.2009,

auf einen Teilbetrag von 689,21 EUR ab dem 2.1.2010,

auf einen Teilbetrag von 689,21 EUR ab dem 2.2.2010

zu zahlen.

Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin Rechtsanwaltskosten i.H.v. 546,69 EUR zu zahlen.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

II. Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache - nach Rücknahme der Berufung hinsichtlich der geltend gemachten Mahnkosten i.H.v. 12,50 EUR - Erfolg.

Der Beklagte ist verpflichtet, die monatlichen Prämien von 637,86 EUR bzw. (ab 2010) von 689,21 EUR für die bei der Klägerin zum 1.4.2009 abgeschlossene private Krankenversicherung im Zeitraum von Juli 2009 bis Februar 2010 zu zahlen.

Der Beklagte hat die Vertragsabschlusserklärung nicht fristgerecht innerhalb von 14 Tagen nach Zugang der Versicherungsunterlagen widerrufen (§ 8 Abs. 1 Satz 1 VVG n.F.). Zwar reicht zur Fristwahrung die rechtzeitige Absendung des Widerrufsschreibens (§ 8 Abs. 1 Satz 2 VVG). Darüber hinaus muss der Widerruf dem Versicherer allerdings zu irgendeinem Zeitpunkt zugehen (§ 130 BGB), was zur Beweislast des Versicherungsnehmers steht. Geht die erste, rechtzeitig abgesandte Erklärung verloren, muss der Versicherungsnehmer den Zugang herbeiführen, indem er die Erklärung unverzüglich wiederholt (vgl. Prölss in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 8 Rz. 4 unter Hinweis auf die gleiche Rechtslage zu § 121 BGB, dazu Palandt/Ellenberger, BGB, 70. Aufl., § 121 Rz. 4; s. ferner OLG Dresden NJW-RR 2000, 354 zu § 7 VerbrKrG). An der Unverzüglichkeit fehlt es, wenn der Versicherungsnehmer keine Erkundigungen über den Zugang des Widerrufs einzieht, obwohl er aus dem Verhalten des Versicherers schließen muss, dass ihm kein Widerruf zugegangen ist (vgl. Masuch in MünchKomm/BGB, 5. Aufl., § 355 Rz. 38 zum Widerruf bei Verbraucherverträgen).

Gemessen an diesen Grundsätzen liegt ein fristgerechter Widerspruch nicht vor. Es kommt nicht darauf an, ob das vom Beklagten vorgelegte Widerspruchsschreiben, das auf den 8.4.2009 datiert ist, fristgerecht - wie der Beklagte unter Beweisantritt behauptet - abgeschickt worden ist. Selbst wenn man dies als richtig unterstellt, fehlt es am Nachweis des Zugangs dieses Schreibens bei der Klägerin. Ist davon auszugehen, dass die Klägerin das Schreiben nicht erhalten hat, wäre der Beklagte gehalten gewesen, den Widerruf unverzüglich zu wiederholen, sobald er konkrete Anhaltspunkte dafür hatte, dass das Schreiben der Klägerin nicht zugegangen ist. Vorliegend hat die Klägerin - vom Beklagten bei seiner Anhörung vor dem LG bestätigt - die Monatsprämien zunächst von seinem Konto eingezogen. Als es zu Rückbelastungen gekommen ist, hat sie den Beklagten - wie von diesem bei seiner Anhörung ebenfalls zugestanden worden ist - mehrfach gemahnt. Auch wenn die Klägerin sich erst mit der Berufung das Vorbringen des Beklagten zu eigen gemacht haben sollte, ist es ungeachtet der Bestimmung des § 531 Abs. 2 ZPO zu berücksichtigen, weil die tatsächlichen Umstände unstreitig ist (vgl. BGHZ 177, 212 zur Einrede der Verjährung). Hat die Klägerin den Beklagten aber zu einer Zeit deutlich nach Ablauf der 14-tägigen Widerrufsfrist des § 8 Abs. 1 Satz 1 VVG mehrfach gemacht, musste dem Beklagten spätestens dann klar sein, dass der nach seiner Darstellung im April 2009 abgesandte Widerruf bei der Klägerin nicht eingegangen war. Er hätte ihn spätestens nach Eingang der Mahnungen wiederholen müssen. Der erst im vorliegenden Rechtsstreit mit der Klageerwiderung (erneut) durch Vorlage des Widerspruchsschreibens vom 8.4.2009 ausgesprochene Widerruf war verspätet.

Die Klägerin kann auf die ausstehenden Prämienzahlungen gem. § 193 Abs. 6 Satz 8 VVG und § 8 (6) Abs. 1 Satz 5 der einbezogenen MB/KK 2009 einen Säumniszuschlag von 1 % pro Monat beanspruchen. Zwar ist der Beklagte ab Nov...

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