Verfahrensgang
LG Bonn (Entscheidung vom 03.05.2007; Aktenzeichen 12 O 1/07) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 03.05.2007 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bonn (12 O 1/07) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.755,48 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % für die Zeit vom 01.08.2004 bis zum 25.08.2006 sowie in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.271,13 EUR und in Höhe von 5 % aus 484,35 EUR seit dem 26.08.2006 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden zu 43 % dem Kläger und zu 57 % der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO in Verbindung mit § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers hat Erfolg, soweit er die Positionen der Kundenzeitschrift "G. " und die EDV-Sachkostenpauschale weiterverfolgt. Im Übrigen hat das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Rückzahlung der für die Kundenzeitschrift "G. " und die EDV-Sachkostenpauschale aufgewendeten Beträge nach § 812 Abs.1 Satz 1 BGB zu, da seine Leistungen an die Beklagte insoweit ohne Rechtsgrund erfolgt sind.
1)
Hinsichtlich der Kundenzeitschrift kann dahinstehen, ob die vertragliche Regelung der Parteien über eine Kostenbelastung des Klägers im Falle von Werbemaßnahmen in Art.III des Grundvertrages bzw. Art.IV 2. der Mitarbeiter-Richtlinien bereits nach § 307 BGB nichtig ist. Denn jedenfalls sind jegliche Vereinbarungen, nach welchen der Kläger Kosten für die Zeitschrift "G. " zu tragen hat, gemäß § 86a Abs.3 HGB unwirksam.
Die Kundenzeitschrift unterfällt dem Regelungsbereich des § 86a Abs.1 HGB. Nach dieser Vorschrift hat der Unternehmer dem Handelsvertreter die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen wie Muster, Zeichnungen, Preislisten, Werbedrucksachen, Geschäftsbedingungen, zur Verfügung zu stellen.
Bei der unstreitig von der Beklagten herausgegebenen Kundenzeitschrift handelt es sich um eine Werbedrucksache im Sinne der Vorschrift. Es ist vom Wortsinn auszugehen, nach welchem Druckwerke jeglicher Art gemeint sind, die der Werbung dienen sollen. Die Kundenzeitschrift "G. " ist eine solche der Werbung der Versicherungsunternehmen dienende Drucksache. Sie wird den Versicherungsnehmern übersandt, um die Vertragsverhältnisse zu pflegen und weitere Abschlüsse zu erreichen. Angepriesen werden in diesem umfassenden Werbematerial die Produkte und der Vertrieb der Versicherungsunternehmen, wobei eine nennenswerte Individualisierung der Zeitschrift hinsichtlich des einzelnen Versicherungsvertreters auch nach dem Vortrag der Beklagten nicht erfolgt. Entgegen der Ansicht der Beklagten bestimmt sich der Begriff der (Werbe-)"Drucksache" nicht nach der bis zum Jahr 1993 existierenden Tarifart der Deutschen Post, die im Übrigen nicht auf das Postkartenformat beschränkt war. Nach der zweifelsfreien Wortlautbedeutung bestehen keine tatsächlichen Unklarheiten, so dass es weder einer Meinungsumfrage noch einer Begutachtung bedarf.
Die Zeitschrift unterfällt unmittelbar der Aufzählung von Beispielen erforderlicher Unterlagen in § 86a Abs.1 HGB, so dass sich der Streit der Parteien über das Merkmal der Erforderlichkeit erübrigt. Entgegen der Ansicht der Beklagten führt diese Auslegung nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht zu untragbaren Ergebnissen. Ein Anspruch des Handelsvertreters auf die Überlassung von Unterlagen nach § 86a Abs.1 HGB besteht insoweit, als er sie für seine Tätigkeit benötigt, nicht aber nach seiner Wahl (vgl. v.Hoyningen-Huene in: Münchener Kommentar zum HGB, 2.Aufl., § 86a, Rz 4).
Die Beklagte hatte die Kundenzeitschrift daher dem Kläger zu Verfügung zu stellen; er kann die Rückzahlung der unstreitig aufgewendeten Kosten in Höhe von 3.271,13 EUR gemäß § 818 Abs.2 BGB verlangen. Die steuerrechtlichen Folgen der Rückforderung hat entgegen der Ansicht der Beklagten der Kläger zu tragen; es handelt sich bei dem Zahlungsanspruch des Klägers nicht um einen - nicht steuerbaren - Schadensersatzanspruch.
2)
Eine Rückzahlungsverpflichtung der Beklagten besteht auch hinsichtlich der EDV-Sachkostenpauschale in Höhe von 442,26 EUR, da die den Leistungen des Klägers zugrunde liegende Kostenregelung im Leasingvertrag gemäß § 86a Abs.3 HGB unwirksam ist. Die Pauschale diente nach dem eigenen Vortrag der Beklagten unter anderem einer Kostendeckung für Aktualisierungs-CDs zu Tarifsystemen von Produktpartnern der Beklagten und Zugangs-/Aktualisierungssoftwar...