Leitsatz (amtlich)
1) Die vereinbarungsmäßige Verwendung einer Kapitaleinlage zur Erfüllung einer Darlehensverbindlichkeit stellt keine verdeckte Sacheinlage dar.
2) Die Haftung des Erwerbers gem. § 16 Abs. 2 GmbHG erstreckt sich auch auf Ansprüche der Gesellschaft aus § 31 GmbHG.
3) Werden in einem Vergleich über eine Mehrheit von Forderungen auch solche Forderungen einbezogen, für die eine gesamtschuldnerische Haftung Dritter besteht, so kommen Leistungen auf den Vergleich anteilig gem. § 366 BGB auch dem nicht am Vergleich beteiligten Gesamtschuldner zugute.
Normenkette
GmbHG §§ 16, 19, 31; BGB § 366
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 21.07.2010; Aktenzeichen 42 O 38/08) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Aachen vom 21.7.2010 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.938.400 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 29.9.2007 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz 55 % der Gerichtskosten und seiner eigenen außergerichtlichen Kosten sowie 16 % der außergerichtlichen Kosten der Beklagten. Außerdem trägt er 16 % der Kosten der Berufung. Im Übrigen trägt die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die jeweils andere Partei gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 Prozent des vollstreckbaren Betrages abzuwen-den, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit i.H.v. 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger wurde durch Beschluss des AG Aachen vom 1.12.2007 - 92 IN 243/07 - zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der L. F. GmbH (künftig: Schuldnerin) aus I. bestellt, deren Alleingesellschafterin die Beklagte war. Die Parteien streiten über die Frage, ob die Beklagte zur Zahlung von 3 Mio. EUR auf eine Erhöhung des Stammkapitals und Rückzahlung einer Entnahme i.H.v. 500.000 EUR verpflichtet ist.
Die Schuldnerin wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 10.5.2005 als Polyester Produktions- und Vertriebs GmbH mit einem Stammkapital von 5 Mio. EUR gegründet. Alleingesellschafterin war die C. T. B. (künftig: C. T. B.), die frühere Beklagte zu 1). Die Schuldnerin übernahm das Anlagevermögen der in Insolvenz geratenen L. P. GmbH und änderte ihre Firma in L. F. GmbH. Hauptlieferantin der Schuldnerin war in der Folgezeit die C. T. B.
Die Geschäftsentwicklung der Schuldnerin verlief von Anfang an negativ. Bereits im ersten Geschäftsjahr erwirtschaftete sie einen erheblichen Verlust. In dem Bericht des Wirtschaftsprüfers heißt es hierzu:
"Infolge des erwirtschafteten Gesamtverlustes von ca. 4,6 Mio. EUR war das Eigenkapital der Gesellschaft zum Bilanzstichtag 31.5.2006 bereits zu mehr als 90 % verzehrt ..."
Weil sich die Verlustsituation auch in den folgenden Monaten fortsetzte (beinahe Mio. EUR 1,0 je Monat), geriet die Gesellschaft kurz nach dem Bilanzstichtag in eine Überschuldungssituation.
Darüber hinaus drohte der Gesellschaft bereits zum maßgeblichen Bilanzstichtag 31.5.2006 Zahlungsunfähigkeit ...
Nach dem aktuellen Stand des Rechnungswesens im Januar 2007 beläuft sich der in den ersten sieben Monaten des zweiten Geschäftsjahres der Gesellschaft ... erwirtschaftete Verlust vorläufig auf ca. Mio. EUR 6,0." (Anlage K 17, S. 8)
Die negative wirtschaftliche Entwicklung der Schuldnerin setzte sich danach fort, so dass zum 31.5.2007 bereits ein Verlust i.H.v. 13,1 Mio. EUR erwirtschaftet worden war. Die von der Schuldnerin beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft gelangte u.a. zu folgenden Ergebnissen:
"Die Gesellschaft befindet sich zum Bilanzstichtag (d. i. 31.5.2007) nach Liquidationswerten in einer Überschuldungssituation, die jedoch durch Rangrücktrittserklärung des Gesellschafters beseitigt ist ... Die Gesellschaft kann in der derzeitigen Konstellation wahrscheinlich nicht fortgeführt werden." (Anlage K 12, S. 5)"
Hauptgläubigerin der Schuldnerin war zunächst die C. T. B. Mit dieser hatte die Schuldnerin am 31.10.2006 eine Stundungs- und Rangrücktrittsvereinbarung (Anlage K 9) geschlossen. Durch Verträge vom 23.1.2007 verkaufte die C. T. B. ihre Anteile an der Schuldnerin zum Preis von 40 Zloty (= 10,36 EUR) und Forderungen gegen die Schuldnerin i.H.v. mehr als 15,7 Mio. EUR zum Preis von 3 Mio. EUR an die Beklagte (Anlagen K 7 und K 8).
1. Mit Vertrag vom 11.7.2005 war der Schuldnerin von der N. Bank in Q. ein Darlehen i.H.v. 3 Mio. EUR zur Verfügung gestellt worden. Bei Fälligkeit der Darlehensrückzahlung am 12.7.2006 erfolgte mit Vereinbarung vom 13.7.2006 eine Verlängerung des Darlehens bis zum 12.7.2007 (Anlage K 5). Die C. T. B. hatte sich für dieses Darlehen verbürgt (Anlagen B 1 und K 6). Am 13.7.2006 hatte die Schuldnerin der N. Bank zudem eine unwiderrufliche Einzugsermächtigung in Höhe der Zahlungsansprüche aus diese...