Leitsatz (amtlich)

Nimmt der Bedachte die unentgeltliche Leistung des Erblassers auf den erst künftig mit dem Anfall des Vermächtnisses zur Entstehung gelangten Anspruchs als vorweggenommene Erfüllung an, so bleibt das angeordnete Vermächtnis als Rechtsgrund der lebzeitigen Verfügung bestehen. Ein angeordnetes Untervermächtnis kann in diesem Fall entgegen §§ 2186, 2176, 2169 Abs. 1, 2171 Abs. 1 BGB wirksam bleiben.

 

Normenkette

BGB §§ 2186, 2176, 2169 Abs. 1, § 2171 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 02.11.2012; Aktenzeichen 8 O 269/12)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung ihres weiter gehenden Rechtsmittels das Urteil der Einzelrichterin der 8. Zivilkammer des LG Köln vom 2.11.2012 - 8 O 269/12, im Wesentlichen abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird unter Abweisung der bezüglich des Zinsanspruchs weiter gehenden Klage verurteilt, an die Klägerin 40.000 EUR nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 25.2.2011 zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

(anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen gem. § 540 Abs. 1 ZPO)

I. Die Erblasserin, die am 15.1.2011 verstorbene Klara Immel, geborene Brela, verwitwete Pape, hatte 4 Töchter. Aus ihrer ersten Ehe stammt die Tochter Ingrid Geuß, geborene Pape, aus der Ehe mit dem vorverstorbenen Heinrich Immel stammen die Parteien des vorliegenden Rechtsstreites sowie Frau Annelore Pelzer.

In einem Erbvertrag vom 23.10.1980 (UR.-Nr. 1945/1980 des Notars Herbert Spiritus in Köln-Mülheim) hatten die Eheleute Klara und Heinrich Immel u.a. Folgendes verfügt (Bl. 1 ff. des Anlagenheftes):

"

...

Wir setzen uns gegenseitig, der Erstversterbende den Überlebenden, zum alleinigen unbeschränkten Erben ein ohne Rücksicht darauf, ob und welche Pflichtteilsberechtigten beim Tode des Erstversterbenden von uns vorhanden sein sollten.

...

Zum Erben des Längstlebenden von uns bestimmen wir unsere gemeinsamen Töchter U ..... und R .... und die Tochter I ..... aus der ersten Ehe der Ehefrau, unter sich zu gleichen Teilen.

...

Unsere Tochter A. erhält als Vermächtnis aus dem Nachlass des Längstlebenden von uns einen Leib-Rentenanspruch, der gleichmäßig zu Lasten der 3 Erben bzw. Erbstämme zu erfüllen ist.

...

Eine der Töchter U .... und R .... hat das Recht der Alleinübernahme des Hauses und Grundstücks S ..... straße 6 aus dem Nachlass des Längstlebenden von uns unter den folgenden Voraussetzungen:

Nur diejenige von ihnen hat das Recht, die für die Abfindungs-Leistungen an die 3 Geschwister volle Sicherheit leisten kann, ohne hierzu Kredit in Anspruch nehmen zu müssen. Wird diese Voraussetzung von beiden erfüllt, hat die Tochter U .... das Übernahmerecht, falls R .... keine Kinder hat. Sollten beide Kinder haben, entscheidet die Mehrzahl der Kinder, haben beide die gleiche Kinderzahl, entscheidet das Los.

Die Übernehmerin hat allein die Rentenpflicht zugunsten der Schwester Annelore zu tragen, an jede der beiden Miterbinnen je ¼ des Verkehrswertes des Hausgrundbesitzes im Todeszeitpunkt des Längstlebenden von uns binnen eines Jahres zu vergüten. Der Verkehrswert ist im Streitfalle zu schätzen durch den Gutachterausschuss nach Bundesbaugesetz.

...

Dem Längstlebenden von uns bleiben Änderungen durch anderweitige Verfügungen bis zu ein Viertel seines gesamten Nachlasses vorbehalten. Dabei darf er keinem der Abkömmlinge das ihm Zugedachte um mehr als ein Viertel verkürzen.

..."

Nachdem der Vater der Parteien verstorben war, übertrug die Erblasserin der Beklagten das in dem Erbvertrag bezeichnete Hausgrundstück mit notariellem "Übertragungsvertrag" vom 2.7.2002 (Bl. 5 ff. des Anlagenheftes). Der Verkehrswert des Grundstücks wurde von den damaligen Vertragsparteien auf ca. 155.000 - 160.000 EUR geschätzt.

Der Übertragungsvertrag enthält u.a. folgende Regelungen:

"...

II. Für die vorstehende Übertragung übernimmt die Erwerberin hiermit folgende Gegenleistung:

Die Veräußerin behält sich hiermit ein lebenslängliches Wohnungsrecht vor und zwar zur Alleinnutzung, unter Ausschluss des Eigentümers, sämtlicher Räumlichkeiten des mitübertragenen Wohnhauses S. str. 6, einschließlich des Rechts auf freien Zugang in Hof und Garten, betreffend damit die Parzellen 159 und 308, nicht die Parzellen 237 (Garagenparzelle und 1/27-Anteil an Parzelle 233 = Garagenzufahrt). Die Überlassung des Wohn- und Nutzungsrechtes an Dritte in entgeltlicher wie in unentgeltlicher Weise ist nicht gestattet.

Der jeweilige Eigentümer ist verpflichtet, die Gebäulichkeiten und die zum Gebrauch der Wohnungsberechtigten bestimmten Anlagen und Einrichtungen zu unterhalten, soweit es das Interesse der Wohnungsberechtigten erfordert.

Mit schuldrechtlicher Wirkung wird zum vorbestellt...

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