Leitsatz (amtlich)
1. Der konkludente Abschluss eines Beratungs- oder Auskunftsvertrages im Zusammenhang mit einer Anlageentscheidung setzt voraus, dass der Interessent deutlich macht, dass er bezüglich einer bestimmten Anlagenentscheidung die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen möchte. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, wenn der Anlageinteressent mit dem Vermittler nur als Vertreter eines anderen Anlageinteressenten (hier Rechtsanwalt) verhandelt und ein eigenes Anlageinteresse nicht zu erkennen gibt.
2. Ein Vertrag, durch den ein Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer mit der Erstellung eines Gutachtens zum Vermögensstatus beauftragt wird, entfaltet solange keine Schutzwirkung zugunsten von Kapitalanlegern, wie dieses Gutachten zunächst nur zum internen Gebrauch oder zur Entlastung gegenüber Steuer- und/oder Strafverfolgungsbehörden bestimmt ist, nicht aber zur Werbung von Kapitalanlegern. Der Vertrag entfaltet erst dann Schutzwirkung zugunsten zukünftiger Kapitalanleger, wenn und nachdem das Gutachten gezielt auch zur Werbung von Kapitalanlegern genutzt wird.
3. Der Anlagevermittler haftet gegenüber einem Anleger nicht aus Verschulden bei Vertragsschluss, wenn der Anleger bei seinen Kontakten zum Vermittler als rechtlicher Vertreter oder sonstiger Interessenvertreter eines Dritten aufgetreten ist. Ihn persönlich treffen dann weder die Wirkungen des für den Dritten angebahnten Rechtsgeschäftes noch dazu abzugebende und abgegebene Erklärungen oder sonstiges rechtserhebliches Verhalten des Vermittlers. Eine Haftung gegenüber dem Vertreter kommt unter diesen Umständen nur dann in Betracht, wenn die Erklärungen des Vermittlers zusätzlich für – wenn auch noch unbekannte – potentielle Anleger bestimmt waren und dem Vermittler bewusst war, dass sie für diese bedeutsam sein und als Grundlage entscheidender Vermögensdispositionen dienen würden. Ein haftungsrelevante Drittwirkung folgt nicht bereits aus der beruflichen Stellung des Vermittlers als Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer.
Normenkette
BGB § 328
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 7 0 577/00) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des LG Köln vom 28.2.2002 – 7 O 577/00 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die Sicherheitsleistung durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu erbringen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger macht gegen den Beklagten, einen Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Schadensersatzansprüche geltend im Zusammenhang mit einer Geldanlage i.H.v. 400.000 DM an dem Investment „Nordanalyse H./J.I.”.
Dieses Investment wurde maßgeblich von J.I. betrieben, der dazu von zahlreichen Anlegern Gelder in erheblichem Umfang entgegennahm. Als es mit der Rückzahlung der Anlegergelder sowie der Auszahlung der versprochenen Renditen Schwierigkeiten gab und in diesem Zusammenhang strafrechtliche Ermittlungen gegen J.I. in Gang kamen, setzte er sich im November 1993 nach U. ab. Gegen J.I. wurde internationaler Haftbefehl erlassen wegen des Verdachts des Betruges und von Steuerstraftaten.
Im Frühjahr des Jahres 1994 erhielt der Beklagte von den Treuhändern des Investments, u.a. J.I., den Auftrag, zu prüfen, in welchem Umfang die eingezahlten Anlegegelder durch Vermögenswerte des Investments gedeckt waren; anschließend sollte der Beklagte das Investment abwickeln. Hintergrund dieses Auftrages war der gegen J.I. erhobene Vorwurf, er habe die eingezahlten Anlegergelder veruntreut.
Im Rahmen dieser Tätigkeit, die offiziell im Mai 1994 begann, schrieb der Beklagte unter dem 18.5.1994 an die in C./U. niedergelassenen, seinerzeit für J.I. tätigen Rechtsanwälte C. & A.G. und Partner, er, der Beklagte, könne nach bestem Wissen und Gewissen und aufgrund der ihm vorliegenden Unterlagen sowie der ihm erteilten Auskünfte versichern, dass sich das weltweite Nettovermögen des J.I. konsolidiert auf 1,184 Mrd. DM belaufe. Mit weiterem Schreiben vom 6.6.1994, wiederum gerichtet an die vorgenannten U. Rechtsanwälte, erklärte der Beklagte, er könne mitteilen, dass das bisher gesichtete und im Rahmen einer Nachweisprüfung nach berufsständischen Grundsätzen festgestellte Vermögen des J.I. bestehend aus Firmen, Firmenbeteiligungen und Geldanlagen sich weltweit auf mindestens 1,370 Mrd. DM belaufe. Hierzu nahm der Beklagte auf eine von ihm unter dem 18.5.1994 erstellte gutachterliche Stellungnahme in testierter Form Bezug. Wegen des weiteren Inhalts der beiden vorgenannten Schreiben des Beklagten wird auf die in Kopie zu den Gerichtsakten gelangten Exemplare (Bl. 14 f., 16 ff. GA) verwiesen. Im Februar 1995 ers...