Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderung. Kosten nach Klagerücknahme. Kosten
Leitsatz (redaktionell)
Zur Frage des Kostenschuldners bei Klagerücknahme, wenn die Prozesshandlung durch den Nachlasspfleger nicht für die nicht mehr existierende Partei, sondern für deren unbekannte Erben vornimmt.
Normenkette
ZPO § 269 Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
LG München II (Beschluss vom 14.12.1989; Aktenzeichen 10 O 4602/89) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der ehemaligen Kläger wird der Beschluss des Landgerichts München II vom 14. Dezember 1989 aufgehoben.
II. Der Antrag des Beklagten, dem Prozessbevollmächtigten der ehemaligen Kläger die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.
III. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.
IV. Dem Beklagten fallen die aussergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zur Last.
V. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 8.990,– DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der ursprüngliche Kläger hatte mit Antrag vom 21.3.1989 am 24.4.1989 beim Amtsgericht Starnberg einen Mahnbescheid über eine Hauptforderung von 297.298,88 DM beantragt, welcher am 8.5.1989 erlassen und dem Beklagten am 13.5.1989 zugestellt wurde. Auf den am 19.5.1989 eingegangenen Widerspruch des Beklagten vom 18.5.1989 beantragte der seinerzeitige Kläger mit Schriftsatz vom 4.7.1989 am 31.7.1989 die Abgabe des Verfahrens an das Landgericht München II, welche am 25.8.1989 verfügt wurde. Am 18.7.1989 ist der damalige Kläger verstorben. Seine Erben sind unbekannt. Ein Nachlasspfleger wurde bestellt (… Amtsgericht Starnberg). Die Klage wurde am 18.10.1989 zurückgenommen.
Nach rechtlichen Hinweisen hat auf den Antrag des Beklagten das Landgericht München II mit Beschluss vom 14.12.1989, welcher beiden Prozessbevollmächtigten am 20.12.1989 zugestellt wurde, dem Klägervertreter die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Zur Begründung führt das Landgericht aus, der Klägervertreter habe den klagegegenständlichen Zahlungsanspruch als tatsächlich Handelnder zu einem Zeitpunkt rechtshängig gemacht (§ 261 ZPO) – nämlich infolge der Abgabe Verfügung vom 25.8.1989 –, als der Kläger (am 18.7.1989) bereits verstorben war, so dass der Klägervertreter damals für eine nicht mehr existierende Partei gehandelt habe. Da die Gesamtrechtsnachfolge schon vor der Rechtshängigkeit eingetreten sei, sei auch zwischen den Erben des ursprünglichen Klägers und dem Beklagten kein Prozessrechtsverhältnis entstanden.
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger Vertreter mit Schriftsatz vom 27.12.1989 am 29.12.1989 sofortige Beschwerde mit dem Antrag eingelegt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben. Der Klägervertreter regt an, die Kosten des Rechtsstreits dem Nachlasspfleger aufzuerlegen.
Der Beklagte und der Nachlasspfleger hatten rechtliches Gehör.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die sofortige Beschwerde des Klägervertreters ist zulässig (§ 269 Abs. 3 Satz 5, §§ 577, 567 ff ZPO) und hat auch in der Sache Erfolg. Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben und der Antrag des Beklagten, dem Klägervertreter die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, ist zurückzuweisen (BGHZ 51, 131/134 Nr. III 2 a).
2. Für eine – vom Klägervertreter angeregte – Kostenbelastung des Nachlasspflegers oder die – rechtlich gebotene – Überbürdung der Kosten auf die unbekannten Erben des ursprünglichen Klägers fehlt der erforderliche Antrag des – allein antragsberechtigten – Beklagten (§ 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO).
3. Der gegen den Klägervertreter gerichtete Kostenantrag des Beklagten ist zurückzuweisen, denn nicht der Klägervertreter ist hier der Kostenschuldner, sondern die Klagepartei (§ 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Nach dem Tode des ursprünglichen Klägers am 18.7.1989 wurden seine unbekannten Erben als seine Gesamtrechtsenachfolger Kläger (§§ 1922, 1967 Abs. 1 BGB), gesetzlich vertreten (BGH MDR 1958, 319/320; BGH NJV 1983, 226 m.w.N.) durch den Nachlasspfleger (§§ 1960, 1961 BGB). Das gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – der Vollmachtsvertrag nicht gekündigt worden ist (§ 87 ZPO), denn die dem Klägervertreter erteilte Vollmacht wird durch den Tod des Vollmachtgebers nicht aufgehoben (§ 86 erster Halbsatz ZPO). Der Vorlage einer neuen Vollmacht seitens der unbekannten Erben bedarf es hier nicht (§ 86 zweiter Halbsatz ZPO), weil das Verfahren nach dem Tode des ursprünglichen Klägers nicht ausgesetzt war (§§ 239, 246 ZPO) – die Vorschriften der §§ 239 ff ZPO gelten auch für das Mahnverfahren (BGH NJV 1974, 493/494) – und der Beklagte den Mangel der Vollmacht nicht gerügt hat (§88 Abs. 1 ZPO).
Zwischen den unbekannten Erben des ursprünglichen Klägers und dem Beklagten ist hier auch ein Prozessrechtsverhältnis entstanden, das im Mahnverfahren gegebenenfalls noch vor der Rechtshängigkeit schon mit der Rechtsverteidigung durch die Erhebung des Widerspruchs – wie hier – begründet werden kann (OLG München OLGZ 1988, 492/494 = JurBüro 1988, 1568/1569 = VersR 1988, 408; Thomas/Putzo ZPO 15. Aufl. Vorbem. I vor § 50), wie bereits die einschlägige Geb...