Entscheidungsstichwort (Thema)
Beweislast für Unfallbedingtheit des Todes
Normenkette
VVG § 186; ZPO § 529 Abs. 1
Verfahrensgang
LG München II (Urteil vom 07.10.2015; Aktenzeichen 10 O 3362/13 Ver (2)) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des LG München II vom 07.10.2015, Az. 10 O 3362/13 Ver (2), gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
Die Klageabweisung durch das LG beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen die gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).
Die Klägerin rügt ohne Erfolg die gemäß § 529 Abs. 1 ZPO vom Senat nur eingeschränkt überprüfbare Beweiswürdigung des LG. Konkrete Anhaltspunkte zu Zweifein im Sinne dieser Vorschrift zeigt sie weder in der Berufungsbegründung auf noch sind solche ersichtlich.
Das LG hat zu Recht die Beweislast dafür, dass der Tod des Ehemannes der Klägerin unfallbedingt war, bei der Klägerin gesehen. Entgegen der Auffassung der Berufung führt der Umstand, dass die Beklagte von ihrem in Ziffer 7.5 HM-AUB 2000 ausbedungenem Recht, die Durchführung einer Obduktion zu verlangen, keinen Gebrauch gemacht hat, nicht zu einer Umkehr der Beweislast. Eine solche hätte ausweislich des rechtsmedizinischen Ergänzungsgutachtens vom 08.06.2015 (Bl. 113/115 d.A.) zeitnah nach dem Todeseintritt (05.08.2012) durchgeführt, die Kausalitätsfrage, insbesondere das Vorhandensein und evtl. Ausmaß eines Schädel-Hirn-Traumas, zweifelsfrei klären können, bei Durchführung kurz nach dem 30.11.2012 noch "wahrscheinlich".
Die Auffassung der Klägerin, dass aus dem klauselmäßig bedungenem Recht der Beklagten auch eine entsprechende Verpflichtung erwächst und die Nichtdurchführung zu einer Beweislastumkehr (nach den Grundsätzen der Beweis Vereitelung bzw. nach Treu und Glauben) führt, wird, soweit ersichtlich, lediglich vereinzelt In der Literatur, nämlich von Jacob, Unfallversicherung AUB 2010, 1. Aufl., Rn. 36 zu Ziff. 7 AUB 2010, vertreten. Knappmann in Pröiss/Martin, WG, 29. Aufl., Rn. 19 zu Ziff. 7 AUB 2010, lehnt diese Auffassung ausdrücklich ab; das von Jacob zu Unrecht als Beleg für seine Auffassung zitierte LG Bautzen VersR 1996, 366 sowie diesem folgende Literatur wie Leverenz in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl., Rn. 179 zu § 178 WG, nehmen ein venire contra factum proprium bzw. eine Beweisvereitelung lediglich dann an, wenn der Versicherer einerseits vorprozessual auf eine vom Anspruchsteller zum Nachweis angebotene Autopsie verzichtet, andererseits aber im Prozess das Vorliegen eines Unfalltodes bestreitet - um einen solchen Fall handelt es sich hier nicht.
Der Senat teilt grundsätzlich die Auffassung von Knappmann, dass aus dem Recht zur Obduktion keine Pflicht zu einer solchen folgt und eine etwaige Beweisfälligkeit bei Nichtdurchführung einer Obduktion je nach betroffenem Bereich zulasten der dort nach den allgemeinen Beweisregeln beweisbelasteten Partei geht. Dafür spricht schön der Umstand, dass die Klausel nach Wortlaut und Sinn eine Obliegenheit des Versicherungsnehmers statuiert, der Versicherer sich vertraglich ein Recht zur Wahrung seiner eigenen etwaigen Beweisinteressen einräumen lässt (mitwirkende Ursachen, Ausschlussgründe, Freiwilligkeit) und sich ersichtlich nicht selbst zu etwas verpflichten will. Zudem hat der Bundesgerichtshof bis heute offen gelassen, ob diese Klausel überhaupt wirksam ist, sowie dem Versicherer kein uneingeschränktes Recht darauf zugesprochen, sondern nur für Fälle, wenn die Maßnahme überhaupt zu einem entscheidungserheblichen Beweisergebnis führen kann und mit ihr das letzte noch fehlende Glied eines vom Versicherer zu führenden Beweises geliefert werden soll (BGH VersR 1992, 861 und VersR 1992, 730; vgl. auch Grimm, Unfallversicherung, 5. Aufl., Rn. 20, 21). Der Versicherer darf also eine Zustimmung des zur Toten sorge berufenen Anspruchstellers zur Obduktion bzw. eine etwaige Mitwirkung des nicht dazu berufenen von vornherein nur in eng begrenzten Fällen einfordern, wohl vor dem Hintergrund, dass das Verlangen nach einer Obduktion von den toten sorgeberechtigten Angehörigen aus persönlichen und anzuerkennenden Motiven nicht seit in auch abgelehnt werden wird. Bei dieser Sachlage erscheint dem Senat schon der Grundansatz fernliegend, hieraus eine Verpflichtung der Beklagten zu konstruieren, den Anspruchsteller dann, wenn ohne eine Obduktion (auch) eine Beweisfälligkeit seinerseits als möglich im Raum steht (Fragen der Unfallbedingtheit) darauf hinweisen oder gar darauf hinwirken...