Leitsatz (amtlich)
Bei einer isolierten Drittwiderklage gegen den Zedenten der Klageforderung, mit der die Feststellung begehrt wird, dass ihm keine Ansprüche zustehen, kommt die Bestimmung eines gemeinsam zuständigen Gerichts entsprechend § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO in Betracht (siehe OLG München - 31. Zivilsenat - vom 31.3.2009, 31 AR 90/09 = NJW 2009, 2609; Vorlage an den BGH wegen Abweichung von BGH vom 19.11.1991 - X ARZ 26/91 = NJW 1992, 982 u.a.).
Normenkette
ZPO §§ 33, 36 Abs. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Landshut (Aktenzeichen 44 O 2297/09) |
Nachgehend
Tenor
Die Sache wird dem BGH vorgelegt.
Gründe
I. Die Klägerin mit Verwaltungssitz in Stuttgart macht als Zedentin vor dem LG Landshut (44 O 2297/09) Ansprüche über 12.999,83 EUR aus zahnärztlicher Behandlung gegen den Beklagten geltend, der seinen Wohnsitz im Bezirk dieses LG hat. Die zahnärztliche Behandlung fand in einer Praxis in Regensburg statt. Der Beklagte hat seinerseits am 27.1.2010 (isolierte) Drittwiderklage gegen den behandelnden Zahnarzt erhoben mit dem Ziel, festzustellen, dass diesem kein Anspruch gegen ihn aus der zahnärztlichen Behandlung zusteht. Der Drittwiderbeklagte hat Zuständigkeitsrüge erhoben. Deshalb hat der Beklagte unter dem 11.3.2010 Antrag auf gerichtliche Zuständigkeitsbestimmung entsprechend § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO gestellt.
Der Drittwiderbeklagte sieht die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nicht als gegeben an.
II. Der Senat möchte in entsprechender Anwendung von § 36 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, § 37 ZPO die Gerichtsstandsbestimmung vornehmen, sieht sich hieran jedoch durch die Rechtsprechung des BGH gehindert, wonach eine solche ausscheidet, wenn es an einer gegen mehrere Streitgenossen gerichteten (Wider-) Klage fehlt. Er legt deshalb die Sache nach § 36 Abs. 3 ZPO dem BGH vor.
1. Der Senat folgt der herrschenden Meinung, dass der Gerichtsstand der Widerklage (§ 33 ZPO) nicht für die Widerklage gegen den bisher am Verfahren nicht beteiligten Widerbeklagten gilt (BGH NJW-RR 2008, 1516). Örtlich ist dieses Gericht nur zuständig, wenn ein allgemeiner oder besonderer Gerichtsstand bei dem Gericht der Drittwiderklage besteht, durch rügelose Einlassung begründet wird oder das übergeordnete Gericht den Gerichtsstand nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO bestimmt (BGH NJW 1993, 2120).
2. Beim LG Landshut ist für die Drittwiderklage ein Gerichtsstand nicht - jedenfalls nicht einfach und zweifelsfrei (vgl. Zöller/Vollkommer ZPO 28. Aufl. § 36 Rz. 18) - festzustellen. Es wird zwar häufig vertreten, dass sich die Zuständigkeit eines Gerichts darauf gründen ließe, dass es für die Leistungsklage zuständig ist, die negative Feststellungsklage also überall dort erhoben werden kann, wo die Leistungsklage mit umgekehrtem Rubrum zulässig wäre (vgl. OLG München - 31. Zivilsenat - vom 18.8.2009, 31 AR 355/09 = NJW-RR 2010, 645; Zöller/Vollkommer § 12 Rz. 3; Zöller/Greger § 256 Rz. 20; Reichold in Thomas/Putzo ZPO 30. Aufl. § 256 Rz. 2: Mü/Ko/Patzina ZPO 3. Aufl. § 23 Rz. 6; § 29 Rz. 4; ablehnend Musielak/Foerste ZPO, 7. Aufl. § 256 Rz. 36). Mit guten Gründen wird dies jedoch vermehrt in Frage gestellt (vgl. Senat vom 12.5.2010, 34 AR 009/10, und die dort zitierte Rechtsprechung; ferner Foerste in Festschrift Kollhosser Bd. II S. 141/151). In seinem Beschluss vom 31.3.2009 (31 AR 90/09 = NJW 2009, 2609) hat der 31. Zivilsenat des OLG München unabhängig von dieser Rechtsansicht eine Bestimmungsentscheidung getroffen. Aus anderen Gründen ist ein Gerichtsstand für die Widerklage beim LG Landshut nicht ersichtlich; rügelose Einlassung des Drittwiderbeklagten liegt nicht vor.
3. Der Gerichtsstandsbestimmung durch den Senat steht die Rechtsprechung des BGH (NJW 1992, 982; 1993, 2120; 2000, 1871) entgegen. Hiernach ist die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstands nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen, wenn durch die Widerklage ausschließlich ein bislang am Verfahren nicht beteiligter Dritter in Anspruch genommen wird. So ist es hier. Dieser in ihrer Aussage eindeutigen Rechtsprechung steht nach dem Verständnis des Senats auch eine entsprechende Anwendung des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO entgegen.
4. Der Senat hält hingegen bei isolierten Drittwiderklagen gegen den bisherigen Gläubiger (Zedenten) die (entsprechende) Anwendung des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO aus folgenden Überlegungen für geboten:
Der BGH erachtet es unter Berücksichtigung des prozessökonomischen Zwecks der Widerklage, eine Vervielfältigung und Zersplitterung von Prozessen über einen einheitlichen Lebenssachverhalt zu vermeiden und eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung über zusammengehörende Ansprüche zu ermöglichen, zwischenzeitlich als zulässig, eine isolierte Drittwiderklage gegen den Zedenten der Klageforderung, mit der die Feststellung beantragt wird, dass ihm keine Ansprüche zustehen, zu erheben (BGH vom 13.6.2008, V ZR 114/07 = NJW 2008, 2852). In der erwähnten Entscheidung hatte der BGH keinen Anlass, die hier erhebliche Frage zu klär...