Leitsatz (amtlich)
Behält sich der Übergeber von Grundbesitz an diesem den uneingeschränkten oder hinsichtlich des Nutzungsziehungsrechts nur unmaßgeblich beschränkten Nießbrauch vor, so kann der Nießbrauch nicht unter der Bezeichnung als Leibgeding im Grundbuch eingetragen werden (Anschluss an BayObLGZ 1975, 132).
Normenkette
BGB § 1030 Abs. 1-2; GBO § 49
Verfahrensgang
Tenor
I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen die Zwischenverfügung des AG Erding - Grundbuchamt - vom 24.8.2015 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Mit notariellem Übergabevertrag vom 25.6.2015 übertrug der 65-jährige Beteiligte zu 1 seiner Tochter, der Beteiligten zu 2, das Eigentum an drei Grundstücken, die im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs beschrieben sind als Wohnhaus, Wirtschaftsgebäude, Hofraum, Garten zu 3,1709 ha (FlSt 1674), Grünland zu 0,3148 ha (FlSt 2635/5) und Landwirtschaftsfläche zu 3,6651 ha (FlSt 515). Das Wohnungsrecht an FlSt 1674 und das Recht auf Mitbenutzung einer in der beigefügten Planskizze gekennzeichneten Teilfläche im Umgriff um die dortigen Gebäude behielt sich der Beteiligte zu 1 ebenso vor (Ziff. I der Anlage) wie den unentgeltlichen, längstens bis zum 30.6.2030 befristeten Nießbrauch an allen drei Flurstücken (Ziff. VI). Hinsichtlich FlSt 1674 ist der Ausübungsbereich des Nießbrauchs beschränkt auf die mit dem Mietshaus bestandene Teilfläche 1 sowie die zur landwirtschaftlichen Nutzung und Gewinnung von Heizmaterial bestimmte Teilfläche 2 außerhalb der vorgehend beschriebenen Mitbenutzungsfläche. Die Beteiligte zu 2 verpflichtete sich zur Erhaltung der dem Wohnungsrecht unterliegenden Räume und zur hauswirtschaftlichen Grundversorgung des Beteiligten zu 1 bei Krankheit oder Gebrechlichkeit auf dessen Lebensdauer (Ziff. II und IV). Diese Rechte sollten Inhalt einer Reallast an FlSt 1674 sein (Ziff. V).
Die Beteiligten bewilligten die Eintragung eines Nießbrauchs (Ziff. VI) sowie unter Zusammenfassung der "vorstehenden dinglichen Rechte ... zu einem einheitlichen Leibgeding" (Ziff. VII) die Eintragung eines Leibgedings zugunsten des Beteiligten zu 1. Zudem bewilligten sie die Eintragung eines inhaltsgleichen Leibgedings zugunsten des Ehepartners, das ihm nach dem Tod des Beteiligten zu 1 zustehen soll (Ziff. VIII).
Des Weiteren vereinbarten die Beteiligten für bestimmte Fälle ein Rückforderungs- bzw. Rückerwerbsrecht des Beteiligten zu 1 und seiner Ehefrau (Ziff. X).
Unter Vorlage der Urkunde stellte der Notar namens der Beteiligten zu 1 und 2 am 23.7.2015 beim Grundbuchamt den Antrag auf Eintragung der Auflassung, des Leibgedings gemäß Ziff. VII, im Rang danach des Leibgedings gemäß Ziff. VIII und letztrangig der Rückauflassungsvormerkungen.
Seinen am 11.8.2015 ergänzend gestellten Antrag, den Nießbrauch gemäß Ziff. VI im Rang vor den Rückauflassungsvormerkungen einzutragen, nahm er mit Schreiben vom 19.8.2015 (Eingang: 21.8.2015) zurück. Gleichzeitig erläuterte er seinen Antrag dahingehend, dass Wohnungsrecht, Reallast und (befristeter) Nießbrauch als Leibgeding für den Beteiligten zu 1 und inhaltsgleich im Rang danach für dessen Ehefrau eingetragen werden sollen.
Mit fristsetzender Zwischenverfügung vom 24.8.2015 hat das Grundbuchamt als Eintragungshindernis beanstandet, dass ein den gesamten übergebenen Grundbesitz erfassender Nießbrauch nicht Bestandteil eines Leibgedings sein könne und daher unter entsprechender Abänderung der Urkunde die Rangfolge der mehreren dinglichen Rechte festzulegen sei.
Gegen die Zwischenverfügung richtet sich die vom Notar im Namen "aller Verfahrensbeteiligter" eingelegte Beschwerde, mit der die Meinung vertreten wird, der hier bestellte Nießbrauch sei wegen der vereinbarten Beschränkung des Ausübungsbereichs nicht als Totalnießbrauch am übergebenen Grundbesitz zu behandeln und könne schon deshalb Bestandteil eines Leibgedings sein. Ohne Berücksichtigung der Ausübungsbeschränkung gelte dies jedenfalls spätestens mit Ablauf der Befristung des Nießbrauchs am 30.6.2030, weshalb ein betagtes Leibgeding eintragungsfähig sei. Die der Zwischenverfügung zugrunde liegende Rechtsauffassung sei überdies grundsätzlich zu kritisieren.
Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen.
II. Die gegen die Zwischenverfügung (§ 18 Abs. 1 GBO) gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO statthafte und vom Notar für die Beteiligten zu 1 und 2 eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 73, 15 Abs. 2 GBO), hat in der Sache aber keinen Erfolg.
1. Gegenstand der Überprüfung durch das Beschwerdegericht ist nur das mit der Zwischenverfügung geltend gemachte und mit der Beschwerde angegriffene Eintragungshindernis, nicht hingegen der Eintragungsantrag selbst (Demharter GBO 29. Aufl. § 77 Rn. 12, 15; Hügel/Kramer GBO 3. Aufl. § 77 Rn. 11.1).
Die Beanstandung des Grundbuchamts geht dahin, dass der für den jeweils Begünstigten bestellte Nießbrauch nicht zusammen mit den übrigen jeweils vereinbarten Rechten (Wohnungsrecht und Reallast)...