Leitsatz (amtlich)
Der Abschluss und die Änderung von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen, an denen eine bayerische Sparkasse als herrschendes Unternehmen beteiligt ist, bedarf keiner Zustimmung des Trägers der Sparkasse.
Normenkette
AktG §§ 53, 293; BaySpKG Art. 21 Abs. 2
Verfahrensgang
AG München (Beschluss vom 23.04.2014) |
Tenor
Der Beschluss des AG München vom 23.4.2014 wird aufgehoben und das AG angewiesen, den Eintragungsantrag vom 28.1.2014 zu vollziehen.
Gründe
I. Die Beschwerdeführerin beantragte am 28.1.2014 die Eintragung der Neufassung des seit dem 8.12.2004 bestehenden Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags mit einer bayerischen Sparkasse. Sie ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung und eine einhundertprozentige Tochter der erwähnten Sparkasse. Der "Anpassung des Gewinnabführungsvertrags" hat der Vorstand der Sparkasse am 30.12.2013 mit folgender Änderung zugestimmt: "Vor notarieller Beurkundung Klärung mit der Prüfungsstelle des xxx, ob durch Änderung Auswirkungen auf Beurteilung Konzernrechnungslegung verbunden ist". Der Verwaltungsrat hat dem Vorstandsbeschluss einstimmig zugestimmt. Das AG hat zunächst mit Zwischenverfügungen vom 17.2. und 18.3.2014 darauf hingewiesen, dass die endgültige Zustimmung des Vorstands nicht vorliege. Außerdem sei in entsprechender Anwendung von § 293 AktG für die Änderung des Unternehmensvertrages neben dem Vorstands- und Verwaltungsratsbeschluss auch ein zustimmender Beschluss des Gemeinderats der Trägergemeinde erforderlich. Mit Beschluss vom 22.4.2014 wurde der Eintragungsantrag unter Bezugnahme auf vorstehende Gründe zurückgewiesen.
Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingelegte Beschwerde. Es handele sich bei dem Abschluss des neugefassten Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags um ein laufendes Geschäft der Sparkasse i.S.v. Art. 5 Abs. 2 BaySpKG, die Zustimmung des Trägers sei nicht vorgesehen. Mit Beschluss vom 17.6.2014 hat das AG den Beschwerden nicht abgeholfen und die Akten zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 führt zur Aufhebung des Beschlusses des AG und zu der Anweisung, die beantragte Eintragung zu vollziehen. Für die Neufassung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags ist die Zustimmung des Trägers der Beteiligten zu 2 nicht erforderlich.
1. Nach herrschender Meinung bedarf ein Unternehmensvertrag auch auf Seiten der herrschenden Gesellschaft der Zustimmung der Gesellschafterversammlung (vgl. BGH NJW 1989, 295 [297]). Mit der Regelung des § 293 Abs. 2 AktG wird zum Ausdruck gebracht, dass es im Interesse der Gesellschafter der herrschenden Gesellschaft ist, dass sie nicht ohne ihre Zustimmung mit den unternehmerischen Risiken einer Gesellschaft belastet wird, auf deren Geschäftsführung sie keinen unmittelbaren Einfluss hat. Mit dem Abschluss des Unternehmensvertrages ist unlösbar die Verpflichtung verbunden, bei der beherrschten Gesellschaft eintretende Verluste auszugleichen. Das Gesetz macht den Eintritt dieses durch die Änderung der Organisationsstruktur erhöhten Geschäftsrisikos von der Zustimmung einer qualifizierten Mehrheit der Gesellschafter abhängig. Für die entsprechende Anwendung des § 293 Abs. 2 AktG sind also die Risiken maßgebend, die für die herrschende Gesellschaft mit dem Abschluss des Unternehmensvertrags eintreten (vgl. nochmals BGH NJW 1992, 1452 [1453]). Der Beschluss hat aber auf Seiten der herrschenden Gesellschaft keinen satzungsändernden Charakter (Ulmer/Habersack/Winter-Casper, Rz. 194 zu § 77 GmbHG m.w.N.; Scholz-Priester/Veil, 10. Aufl. 2010, Rz. 173 zu § 53 GmbHG; Zöllner in Baumbach/Hueck-Beurskens, GmbHG, 20. Aufl. 2013, Rz. 56 SchlAnhKonzernR). Deshalb kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Abschluss des Unternehmensvertrages in unmittelbarer Anwendung von § 21 Abs. 2 S. 2 BaySpKG der Zustimmung des Trägers der Sparkasse i.S.v. Art. 4 BaySpKG bedarf. Denn die Zustimmungspflicht ist ausdrücklich nur für Satzungsänderungen vorgesehen.
2. Es besteht ebenso kein Anlass, in entsprechender Anwendung von § 293 Abs. 2 AktG korrespondierend zur Zustimmungspflicht der Haupt- bzw. der Gesellschafterversammlung die Zustimmung des Trägers der Sparkasse zur Neufassung des Unternehmensvertrags zu verlangen. Insoweit besteht keine mit einer privatrechtlich organisierten Aktiengesellschaft bzw. Gesellschaft mit beschränkter Haftung vergleichbare Situation, die es gebieten würde, im Interesse des Trägers der Sparkasse zu verlangen, dass für den Abschluss bzw. die Änderung eines Unternehmensvertrages dessen Zustimmung erforderlich ist. Nach Art. 5 Abs. 2 S. 1 BaySpKG werden nur die laufenden Geschäfte der Sparkasse allein vom Vorstand geführt. Dabei wird er gem. Art. 5 Abs. 3 S. 1 BaySpkG vom Verwaltungsrat überwacht, der gem. Art. 5 Abs. 2 S. 3 BaySpkG ggf. entscheidet, ob ein Geschäft als laufendes Geschäft anzusehen ist. Im Übrigen wird die Sparkasse gem. Art. 5 Abs. 1 S. 1 BaySpKG vom Verwaltungsrat verwaltet. Gemäß Art. 6 Abs. 1 BaySpKG besteht der Verwaltungsra...