Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachweis der Verfügungsbefugnis bei Konkurrenz von transmortaler Vollmacht mit Alleinerbenstellung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zum Nachweis der Verfügungsbefugnis bei Konkurrenz von transmortaler Vollmacht mit Alleinerbenstellung.

2. Ist die Erbfolge in der Form des § 35 Abs. 1 GBO nachgewiesen, verliert eine zugleich vorgelegte transmortale Vollmacht ihre Wirksamkeit. Eine Auflassungsurkunde, die die Verfügungsbefugnis des Veräußerers in der Schwebe gehalten hat, ist nicht deshalb wegen fehlender Eindeutigkeit unvollziehbar (im Anschluss an Senat vom 31.8.2016, 34 Wx 273/16).

3. Notarielle Eigenurkunden können auch für materiell-rechtliche Erklärungen im Zusammenhang mit der eigentlichen Beurkundungstätigkeit in Betracht kommen. Das gilt allerdings nicht dort, wo das Gesetz zwingend eine Zeugnisurkunde verlangt; in diesen Fällen sind die Regeln des Zweiten Abschnitts des BeurkG (§§ 6 ff.) einzuhalten.

 

Normenkette

BeurkG § 6 Abs. 1; GBO §§ 20, 29 Abs. 1, § 35 Abs. 1 S. 2, § 44

 

Verfahrensgang

AG Starnberg (Beschluss vom 14.10.2016)

AG Starnberg (Beschluss vom 10.10.2016)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Beteiligten werden die Beschlüsse des AG Starnberg - Grundbuchamt - vom 10. und 14.10.2016 aufgehoben.

II. Das AG Starnberg - Grundbuchamt - wird angewiesen, die Eintragungsanträge nicht wegen fehlender Eindeutigkeit der Auflassungsurkunde zur Verfügungsbefugnis/Einigungsberechtigung des Beteiligten zu 1 zurückzuweisen.

 

Gründe

I. Im Wohnungs- und Teileigentumsgrundbuch ist die am 18.3.2016 verstorbene Ina B. als Eigentümerin von Miteigentumsanteilen verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung sowie an einem Tiefgaragenstellplatz eingetragen.

1. Zu notarieller Urkunde vom 27.6.2016 überließ der Beteiligte zu 1, handelnd als Alleinerbe nach seiner Ehefrau und als deren Bevollmächtigter aufgrund beigefügter notarieller Vollmacht vom 5.3.2009, das Wohnungs- und Teileigentum an den Beteiligten zu 2, nach Angaben das einzige (volljährige) Kind der Eheleute B.. Die Urkunde enthält folgende weitere in diesem Zusammenhang erhebliche Erklärungen:

I. 2. Erbfolge

Die im Grundbuch eingetragene Eigentümerin, Frau ..., ist am 18.03.2016 verstorben und wurde nach Angabe der Beteiligten gemäß Gemeinschaftlichen Testament vom 05.03.2009, URNr ..., das noch nicht eröffnet wurde, von ihrem Ehemann, Herrn Dr. (= Beteiligter zu 1) allein beerbt.

Die Berichtigung des Grundbuchs entsprechend dieser Erbfolge wird im Grundbuch ... nur beantragt, soweit es für den Vollzug erforderlich ist.

In Ziffer II.1. überträgt der Beteiligte zu 1 als Veräußerer den Grundbesitz an den Beteiligten zu 2 als Erwerber zu Alleineigentum. Zum Rechtsgrund für die Überlassung ist unter Ziffer II. 2. aufgeführt, dass sie im Weg vorweggenommener Erbfolge stattfinde, und zwar aufgrund des Wunsches der Erblasserin und aufgrund Vereinbarung der Beteiligten im Weg der Erbfolge nach Ina B., was dem mehrfach gegenüber den Beteiligten geäußerten Wunsch der Erblasserin entspreche, wonach das bereits vom Erwerber bewohnte Vertragsobjekt nach deren Tod direkt ins Eigentum des Sohnes übergehen solle. Ina B. habe insbesondere wegen ihrer schweren Erkrankung in der Folgezeit lediglich versäumt, ihren bereits vorher getroffenen letzten Willen - im gemeinschaftlichen Testament von 2009 - gemeinsam mit ihrem Ehemann zu ändern.

Die "Vertragsteile" erklärten gemäß Ziffer V. 1 die Einigung über den Eigentumsübergang, die "Beteiligten" bewilligten und beantragten gemäß Ziffer V. 3., die Auflassung in dieser Urkunde in das Grundbuch einzutragen.

Der Vollzugsauftrag der Beteiligten an den Notar umfasst (Ziff. VI. 2.)

  • sie im Grundbuchverfahren uneingeschränkt zu vertreten,
  • die zur Wirksamkeit und zum Vollzug dieser Urkunde erforderlichen Lastenfreistellungsunterlagen, Genehmigungen und sonstigen Erklärungen mittels eigenen Entwurfs (...) entgegenzunehmen und (als Eigenurkunde) abzugeben.

Die der Urkunde beigefügte notarielle General- und Vorsorgevollmacht für die Beteiligten zu 1 und 2 vom 5.3.2009 soll nicht durch den Tod der Vollmachtgeberin erlöschen. Sie umfasst für den Beteiligten zu 1 namentlich die alleinige Vertretungsberechtigung und die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB. In Vermögensangelegenheiten umfasst die Vollmacht ("insbesondere"), Vermögen zu erwerben, über Vermögensgegenstände zu verfügen, insbesondere Grundbesitz zu veräußern und zu belasten.

Unter dem 1.7.2016 hat der beurkundende Notar Vollzugsantrag gestellt. Diesen hat das Grundbuchamt mit Beschluss vom 12.7.2016 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

Der Beteiligte zu 1 handle ausweislich der Urkunde als Alleinerbe und als Bevollmächtigter seiner im Grundbuch eingetragenen verstorbenen Ehefrau. Nach der Urkunde (Ziff. II. 2.) werde der Grundbesitz übertragen, nach Ziffer II. 2. die Übertragung als Weg der vorweggenommenen Erbfolge bezeichnet, womit nur die Erbfolge nach dem Beteiligten zu 1 gemeint sein könne.

Das die Erbfolge ausweisende, von Nachlassgericht noch nicht erö...

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