Leitsatz (amtlich)

1. Das OLG München muss eine Sache nicht dem BGH vorlegen, wenn es von einer Entscheidung des BayObLG abweichen will. Die Pflicht zur Vorlegung entfällt nämlich, wenn das Gericht, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, nicht mehr besteht aus dem Reichsgebiet ausgeschieden ist oder wenn die Zuständigkeit auf das jetzt entscheidende OLG übergegangen ist.

2. Dient die Beurkundung eines Kaufvertrags ausdrücklich der Vermeidung der Enteignung, so bleiben in den Kaufvertrag aufgenommene Nutzungsentschädigungen für die Zeit der vorzeitigen Besitzeinweisung oder vorzeitigen Besitzüberlassung, die durch Verzinsung der Entschädigung ab dem Zeitpunkt des Besitzübergangs auf den Enteignungsbegünstigten geleistet werden, bei der Bemessung des Geschäftswert nach § 18 Abs. 2 KostO außer Betracht.

 

Normenkette

FGG § 28 Abs. 2; KostO § 18 Abs. 2 S. 2, § 20 Abs. 1, § 156

 

Verfahrensgang

LG Regensburg (Beschluss vom 20.06.2007; Aktenzeichen 2 T 202/07)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde wird der Beschluss des LG Regensburg vom 20.6.2007 dahingehend abgeändert, dass die dem Kostengläubiger zustehenden Kosten auf 671 EUR festgesetzt werden.

 

Gründe

I. Der Kostengläubiger beurkundete am 11.10.2006 einen Kaufvertrag, mit dem ein Grundabtreter zur Vermeidung der Enteignung und zur Durchführung einer Baumaßnahme für eine Bundesautobahn verschiedene Grundstücksflächen an die Kostenschuldnerin verkaufte. In diesem Vertrag verpflichtete sich die Kostenschuldnerin, eine vorläufige Gesamtentschädigung von 142.358,70 EUR, eine vorläufige Verzinsung von 172.857,58 EUR für die Zeit vom 1.6.1985 bis 30.10.2006, die auf Grundlage des BGH-Urteils vom 28.11.1997 (V ZR 240/96) berechnet wurde, sowie Anwaltskosten in Höhe einer 30/10 Gebühr nach § 11 BRAGO zu zahlen.

Der Kostengläubiger legte seiner Tätigkeit einen Geschäftwert von vorläufige Gesamtentschädigung 142.358,70 EUR

vorläufige Verzinsung 172.857,58 EUR

Rechtsanwaltkosten geschätzt 2.000 EUR

Geschäftswert 317.216,28 EUR

zugrunde und stellte nach entsprechendem Hinweis im Verfahren der weiteren Beschwerde folgende Rechnung:

Kostenberechnung zur Urkunde T 1841-2006

Wert

Gebühr

§ 36 Abs. 2, Vertragsgebühr, § 144 Ermäßigung, § 144

317.216,28 EUR

537,00 EUR

Gebührenermäßigung

vorläufige Gesamtentschädigung

142.358,70 EUR

vorläufige Verzinszung

172.857,58 EUR

Abschlagszahlung auf Rechtsanwaltsgebühren

2.000,00 EUR

§ 147 Abs. 2 Kaufpreisfälligkeit

94.564,88 EUR

103,50 EUR

§ 147 Abs. 2 Anweisung Auflassung

63.043,26 EUR

81,00 EUR

§ 136 Abs. 1, 2 und 4, § 152 Abs. 1 Dokumentenpauschale

30,55 EUR

§ 137 Abs. 1 Nr. 1 und 2a, § 152 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Auslagen

25,00 EUR

Zwischensumme

777,05 EUR

16,00 % Mehrwertsteuer § 151 Abs. 1a

124,33 EUR

Summe

901,38 EUR

Rechnungsbetrag (inkl. 124,33 EUR Mehrwertsteuer)

901,38 EUR

noch zu zahlen

901,38 EUR

Gegen diese Rechnung wandte sich die Kostenschuldnerin mit der Begründung, Zinsen und Rechtsanwaltskosten seien bei der Bemessung des Geschäftswerts nach § 18 Abs. 2 Satz 2 KostO nicht zu berücksichtigen.

Das LG wies die Beschwerde mit Beschluss vom 20.6.2007 zurück. Hiergegen wendet sich die Kostenschuldnerin mit der vom LG zugelassenen weiteren Beschwerde, die beim Gericht am 3.7.2007 eingegangen ist.

II. Die Akten waren nicht gem. § 28 Abs. 2 FGG dem BGH vorzulegen.

1. Die Abweichung von der Entscheidung des BayObLG vom 21.9.1966 (MittBayNot 1966, 365) führt nicht zur Vorlage, da das BayObLG nicht mehr besteht. Die Pflicht zur Vorlegung entfällt, wenn das Gericht, von dessen Entscheidung abgewichen wird, nicht mehr besteht, aus dem Reichsgebiet ausgeschieden ist, oder wenn die Zuständigkeit auf das jetzt entscheidende OLG übergegangen ist (Jansen FGG 2. Aufl., § 28 Rz. 11 m.w.N.; Keidel/Meyer-Holz FGG 15. Aufl., § 28 Rz. 22).

2. Die Entscheidungen BGH MDR 1971, 2003, OLG Hamm JurBüro 1973, 145, OLG Köln MDR 1969, 771 und OLG Koblenz JurBüro 1999, 197 betreffen entweder andere Rechtsfragen oder sind nicht in einem Verfahren über die weitere Beschwerde ergangen (§ 28 Abs. 2 FGG).

III. Die zugelassene weitere Beschwerde ist begründet.

1. Die Entscheidung ist nicht schon deshalb aufzuheben, weil das LG nicht beachtet hat, dass mangels Zitierung der genauen Auslagenvorschriften keine ordnungsgemäße, dem § 154 KostO entsprechende Notarrechnung vorliegt.

Der Notar muss zwar die seine Kosten rechtfertigenden Kostenvorschriften in der Kostenberechnung vollständig angeben. Regelt eine Vorschrift mehrere Gebührentatbestände, so sind auch die maßgebenden Absätze und eventuelle weitere Untergliederungen aufzuführen (OLG Hamm JurBüro 1981, 419; OLG Düsseldorf JurBüro 1983, 1244; BayObLG JurBüro 1984, 1228). Dies gilt auch für Auslagen (BayObLG v. 13.3.1984 - BReg.3 Z 165/83, BReg.3 Z 166/83, DNotZ 1984, 646; Senatsentscheidung vom 3.11.2005 - 32 Wx 111/05) jedenfalls dann, wenn sich der angewendete Gebührentatbestand nicht aus den Gesamtumständen ergibt (OLG Hamm JurBüro 1992, 343; BGH NJW-RR 2007, 784 f.). Die erforderlichen Untergliederungen haben sich an der zu z...

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