Leitsatz (amtlich)
Unterbleibt eine ausdrückliche Kostenerstattungsanordnung des Tatrichters nach § 16 Satz 1 FreihEntzG, ist damit regelmäßig entschieden, dass eine Erstattung nicht stattfindet. Dies hat zur Folge, dass eine Beschlussergänzung insoweit im Allgemeinen nicht in Betracht kommt.
Normenkette
ZPO § 321; FreihEntzG § 16
Tatbestand
1. Die Ausländerbehörde betrieb die Abschiebung des aus Syrien stammenden Betroffenen. Dessen zuletzt gestellter Asylantrag war im Jahr 1990 rechtskräftig abgelehnt worden. In der Folgezeit erhielt der Betroffene eine Aufenthaltsbefugnis, die mehrfach verlängert wurde. Am 15.10.1997 wurde der Betroffene vom LG wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in sechs Fällen zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt, die er bis zum 26.4.2003 verbüsste. Durch seit 9.8.1999 unanfechtbare Verfügung der Ausländerbehörde vom 2.11.1998 wurde der Betroffene mit unbefristeter Wirkung aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen. Die Abschiebung scheiterte, weil der Betroffene keinen Reisepass besaß und sich weigerte, an der Beschaffung von Passersatzpapieren mitzuwirken. Die Ausländerbehörde erließ nach Haftverbüßung unter dem 11.6. 2003 eine seit 19.8.2003 unanfechtbare Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung. Der Betroffene tauchte zunächst unter und beantragte in der Folgezeit über seinen Verfahrensbevollmächtigten eine Aufenthaltserlaubnis, weil er seit 4.8.2005 Vater eines deutschen Kindes geworden sei. Am 4.12.2006 wurde der Betroffene aufgrund bestehenden Haftbefehls wegen Verstoßes gegen Weisungen während der Führungsaufsicht festgenommen. Seither befand er sich in Untersuchungshaft.
Mit Beschluss vom 12.2.2007 hat das AG nach Anhörung des Betroffenen antragsgemäß im Anschluss an die Untersuchungshaft Abschiebungshaft auf die Dauer von höchstens drei Monaten sowie die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung angeordnet. Am 13.4.2007 hat die Ausländerbehörde bei dem infolge der sofortigen Beschwerde des Betroffenen vom 19.2.2007 mit der Sache befassten LG Aufhebung der Abschiebungshaft beantragt, weil der Betroffene am 12.4.2007 durch das Strafgericht zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten ohne Bewährung verurteilt worden sei und er sich deshalb in den folgenden Monaten weiterhin in Untersuchungs- bzw. Strafhaft befinden werde. Das LG hat daraufhin mit Beschluss vom 16.4.2007 den Beschluss des AG vom 12.2.2007 aufgehoben und festgestellt, dass das Beschwerdeverfahren erledigt sei. Der Beschluss wurde den Beteiligten mit einfacher Post bekannt gemacht. Mit Schriftsatz vom 18.4.2007 hat der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen die Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt, der Ausländerbehörde die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Mit Beschluss vom 8.6.2007 hat das LG den Antrag des Betroffenen, der Ausländerbehörde die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, zurückgewiesen.
2. Hiergegen richtet sich das mit Schriftsatz vom 19.6.2007 eingelegte und am selben Tag beim LG eingegangene Rechtsmittel des Betroffenen, das er als Beschwerde bezeichnet hat. Das LG habe im Beschluss vom 16.4.2007 nicht ausgeführt, weshalb der Beschluss des AG vom 12.2.2007 aufgehoben worden ist. Ein entsprechender Antrag der Ausländerbehörde sei dem Betroffenen nicht zugegangen. Offenbar sei die Ausländerbehörde zur Erkenntnis gelangt, dass gegen den Betroffenen zu Unrecht Abschiebungshaft verhängt worden sei, so dass der Betroffene Anspruch auf Erstattung der ihm entstandenen Kosten habe.
Entscheidungsgründe
Die zulässige sofortige weitere Beschwerde ist unbegründet. Die Entscheidung des LG vom 8.6.2007 hält der auf Rechtsfehler beschränkten Nachprüfung stand (§ 106 Abs. 2 Satz 1 AufenthG, § 3 Satz 2 FreihEntzG, § 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 546 ZPO).
1. Der Senat legt die "Beschwerde" des Betroffenen gegen den Beschluss des LG vom 8.6.2007 als das statthafte Rechtsmittel der sofortigen weiteren Beschwerde aus, § 29 Abs. 2 FGG, § 3 Satz 2, § 7 Abs. 1 FreihEntzG.
Das Rechtsmittel ist statthaft, § 106 Abs. 2 Satz 1 AufenthG, § 3 Satz 2, § 7 Abs. 1 FreihEntzG, § 27 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 20a Abs. 2 FGG. Der Beschluss vom 8.6.2007 beinhaltet die Ablehnung einer Beschlussergänzung. Ein derartiger Beschluss unterliegt den Regeln des § 321 ZPO analog. Denn die genannte Bestimmung findet im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechende Anwendung (BayObLGZ 1973, 90/91; Bassenge/Roth FGG/RPflG 11. Aufl., § 18 FGG Rz. 24). Bei dem Beschluss vom 8.6.2007 handelt es sich um eine selbständige Entscheidung; Statthaftigkeit und Zulässigkeit von Rechtsmitteln richten sich grundsätzlich allein nach dieser (Leipold in Stein/Jonas ZPO 21. Aufl., § 321 Rz. 20; Musielak ZPO 5. Aufl., § 321 Rz. 13). Betrifft der eine ergänzende Entscheidung ablehnende Beschluss nur die Kosten, dann ist die Beschwerde hiergegen zulässig, wenn sie es auch gegen die vorausgegangene Entscheidung wäre (BGH ZIP 1984, 1107/1113; Zöller/Vollkommer ZPO 26. Aufl., § 321 Rz. 11). Das ist hier gem. § 20a Abs. 2 FG...