Leitsatz (amtlich)
Ist in einer Gemeinschaftsordnung vorgesehen, dass bauliche Veränderungen nur zulässig sind, wenn ein einstimmiger Beschluss der Eigentümerversammlung vorliegt, so kommt es für die Zulässigkeit einer Maßnahme nicht darauf an, ob diese die übrigen Wohnungseigentümer über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt.
Normenkette
WEG §§ 14, 22
Verfahrensgang
LG Weiden i.d.OPf. (Beschluss vom 21.12.2004; Aktenzeichen 2T 36/04) |
AG Tirschenreuth (Beschluss vom 09.02.2004; Aktenzeichen 1 UR II 12/03) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des LG Weiden i.d.OPf. vom 21.12.2004 abgeändert.
II. Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG Tirschenreuth - Zweigstelle Kemnath - vom 9.2.2004 wird zurückgewiesen.
III. Auf die Anschlussbeschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des AG Tirschenreuth - Zweigstelle Kemnath - vom 9.2.2004 insoweit aufgehoben, als der Antrag der Antragsteller zurückgewiesen wurde.
IV. Der Antragsgegner wird verpflichtet,
a) Die statt einer aus Holz bestehenden Zugtreppe eingebaute Aluleiter zu entfernen und die Holztreppe wieder einzubauen;
b) die aus der Wohnung des Antragsgegners verlegte separate Stromleitung mit Lampe, Lichtschalter und Steckdose zu entfernen;
c) die auf dem Dachboden ausgelegten Fußbodenbretter - soweit sie zum Begehen des Dachbodens nicht erforderlich sind - zu entfernen;
d) den in der Dachschräge eingebauten großen Einbauschrank mit drei Doppeltüren zu entfernen;
e) die im Dachboden am Spitzdachbereich eingebrachten Isoliermatten nebst Unterbau zu entfernen.
V. Der Antragsgegner trägt die Gerichtskosten in allen Rechtszügen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten wird für keinen Rechtszug angeordnet.
VI. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage.
Über der Wohnung des Antragsgegners befindet sich ein Dachboden, der im gemeinschaftlichen Eigentum steht und nur über eine Zugtreppe aus dem Sondereigentum des Antragsgegners zu erreichen ist. Der Antragsgegner hat die baulichen Veränderungen teils vom Rechtsvorgänger übernommen, teils selbst vorgenommen, deren Rückbau die Antragsteller in diesem Verfahren begehren.
In § 2 der im Grundbuch eingetragenen Gemeinschaftsordnung ist u.a. Folgendes geregelt:
Die Sondereigentümer dürfen die im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Räume und Gebäude und das Grundstück nicht eigenmächtig verändern, es sei denn, es liegt ein einstimmiger Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vor.
Die Nutzung des Dachbodens war Gegenstand von Erörterungen in der Eigentümerversammlung vom 11.8.2003. In dieser Versammlung beschlossen die Eigentümer mehrheitlich, dass die Familie des Antragsgegners den Dachboden weiterhin unentgeltlich zu Abstellzwecken (nicht zu Wohnzwecken) benutzen dürfe. Voraussetzung sei allerdings, dass die Hausverwaltung zusammen mit einem beliebigen Eigentümer den Dachboden einmal im Jahr auf unerlaubte bauliche Veränderung überprüfe und der Eigentümergemeinschaft bei der Versammlung darüber berichte.
Das AG hat mit Beschl. v. 9.2.2004 dem Antragsgegner aufgegeben, die am Dachboden im Spitzdachbereich eingebrachten Isoliermatten nebst Unterbau zu entfernen und die am Dachboden auf der Grenze zur Nachbarwohnung angebrachte Ytongwand nebst Holztüre zu entfernen. Im Übrigen hat es den Antrag zurückgewiesen. Das LG hat am 21.12.2004 die sofortige Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen und auf die Beschwerde des Antragsgegners den Beschluss des AG abgeändert und den Antrag insgesamt zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller.
II. Das Rechtsmittel ist zulässig und begründet.
1. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig. Insbesondere ist davon auszugehen, dass die Beschwerdefrist (§ 45 WEG, § 29 Abs. 4, § 22 Abs. 1 FGG) eingehalten ist. Das Empfangsbekenntnis über die Zustellung des Beschlusses des LG trägt kein Datum und ist am 17.1.2005 bei Gericht eingegangen. Die sofortige weitere Beschwerde wurde mit Telefax vom 26.1.2005 eingelegt.
2. Das Rechtsmittel ist begründet.
a) Das LG hat ausgeführt:
Zwar könnten die Antragsteller grundsätzlich die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Dem Beseitigungsanspruch stehe jedoch entgegen, dass die Rechte der Antragsteller nicht über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt würden. Ohne die baulichen Veränderungen durch die Antragsgegner wäre der Dachbodenbereich für die Zwecke der Antragsgegner ebenso ungeeignet wie für eine gemeinschaftliche Nutzung durch die übrigen Wohnungseigentümer. Die Antragsteller würden durch die Nutzung des Dachbodenbereichs in der Art eines Sondernutzungsrechts durch die Antragsgegner nicht weiter in ihren Rechten, insb. in ihrem Sondereigentum berührt.
b) Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
aa) Die Zulässigkeit der baulichen Veränderungen beurteilt sich nicht nach §§ 22...