Leitsatz (amtlich)

Zum Umfang der grundbuchamtlichen Prüfung der Voraussetzungen für die Eintragung einer Auflassungsvormerkung.

 

Normenkette

BGB § 883 Abs. 1; GBO §§ 19-20

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2 wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Rosenheim - Grundbuchamt - vom 5. Juni 2020 aufgehoben.

II. Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Antrag auf Eintragung der Auflassungsvormerkung nicht aus den Gründen der aufgehobenen Zwischenverfügung zurückzuweisen.

III. Die im Beschwerdeverfahren entstandenen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten des Beteiligten zu 2 trägt der Beteiligte zu 1.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 1 ist Eigentümer von Grundbesitz.

Diesen verkaufte er mit notariellem Vertrag vom 7.2.2020 zum Preis von 5.000.000 EUR, der durch die Übertragung von 500.000 Namensaktien der X. AG zu erbringen war, an den Beteiligten zu 2. In derselben Urkunde wurde für letzteren die Eintragung einer Auflassungsvormerkung beantragt und bewilligt. Beim Vertragsschluss wurde der Beteiligte zu 1 aufgrund einer am 6.2.2019 erteilten "Vorsorgevollmacht" von X.P. vertreten. Die Vollmachtsurkunde lautet auszugsweise:

[...]

1. Vermögensfürsorge

Der Bevollmächtigte darf mich in Vermögensangelegenheiten vertreten und hierbei alle Rechtshandlungen und Rechtsgeschäfte im In- und Ausland vornehmen, Erklärungen aller Art abgeben und entgegennehmen, sowie Anträge stellen, abändern und zurücknehmen, soweit eine Stellvertretung gesetzlich zulässig ist. Er darf namentlich z.B.:

[...]

Schenkungen im gesetzlichen Rahmen für einen Betreuer durchführen. Darüber hinaus entscheidet das Betreuungsgericht.

[...]

Über mein Immobilieneigentum in Deutschland verfügen.

2. Umgang mit Behörden

Der Bevollmächtigte darf mich gegenüber Behörden (z.B. Gerichten, Ämtern [...]), Privatpersonen und Geschäftspersonen vertreten. Die Vollmacht umfasst die Abgabe und Entgegennahme aller diesbezüglich notwendigen Erklärungen, Bescheide, Antragstellungen und sonstigen Handlungen.

[...]

Mit Schreiben vom 14.2.2020 hat der Urkundsnotar unter Vorlage der Kaufvertragsurkunde und einer notariell beglaubigten Abschrift der Vollmachtsurkunde die Eintragung der Auflassungsvormerkung beantragt, und zwar auch als Bote des Beteiligten zu 2.

Das Betreuungsgericht hat mit Schreiben vom 27.2.2020 mitgeteilt, die Einrichtung einer Kontrollbetreuung für den Beteiligten zu 1 werde geprüft. Es bestünden erhebliche Zweifel, ob dieser in der Lage war, eine rechtsgültige Vollmacht zu erteilen. Derzeit könne jedoch nicht positiv festgestellt werden, dass die Vollmacht unwirksam sei.

Mit Zwischenverfügung vom 5.6.2020 hat das Grundbuchamt erklärt, dem Antrag stehe folgendes Eintragungshindernis entgegen: Die Vertretungsbefugnis der Bevollmächtigten erstrecke sich nicht auf ganz oder teilweise unentgeltliche Verfügungen. Die Entgeltlichkeit der Grundstücksveräußerung sei daher in der Form des § 29 GBO nachzuweisen, alternativ könne ein Sachverständigengutachten mit einer Bewertung des veräußerten Grundstücks und der zu übertragenden Namensaktien jeweils zum Zeitpunkt der Beurkundung des Kaufvertrags beigebracht werden. Denn der Umfang der Vollmacht sei vom Grundbuchamt selbstständig zu prüfen. Die Einschränkung bei Schenkungen habe es nach dem Beschluss des OLG Frankfurt a.M. vom 27.10.2014 zu beachten.

Gegen die Zwischenverfügung hat der Beteiligte zu 2 über seinen Verfahrensbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 29.6.2020 Beschwerde eingelegt. Der Urkundsnotar habe die Vollmacht geprüft. Gegen deren Wirksamkeit in formaler und materieller Hinsicht bestünden keine Bedenken. Das Grundbuchamt habe sich nicht mit der Frage zu befassen, ob ein Grundstück tatsächlich zum Verkehrswert verkauft wird. Ansonsten müsste beim Verkauf eines Grundstücks unter Einsatz einer Vollmacht für den Verkäufer immer geprüft werden, ob der Verkehrswert dem Kaufpreis entspricht.

Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 9.7.2020 nicht abgeholfen. Unter Verweis auf einen Beschluss des Senats vom 27.1.2017 vertritt es die Auffassung, es müsse den Umfang einer Vollmacht selbstständig prüfen, auch wenn der Urkundsnotar diesen für ausreichend erachte. Das Problem des Nachweises der vollen Entgeltlichkeit stelle sich hier und nicht allgemein im Vertretungsfall aufgrund der Formulierung, wonach Schenkungen nicht gestattet seien. Eine Genehmigung des Vollmachtgebers scheide nach derzeitigem Kenntnisstand wegen Geschäftsunfähigkeit aus.

X.P. hat sich mit Telefax vom 27.7.2020 dem namens des Beteiligten zu 1 angeschlossen und erklärt, sie habe nach Vertragsschluss erfahren, dass die X. AG zumindest seit dem Jahr 2017 Aktien zum Stückpreis von 2,- bis 2,50 EUR verkauft und seitdem keine Aktivitäten zur Erreichung der unternehmerischen Zielstellung mehr getätigt habe. Die Eigentümerseite schließe eine Werthaltigkeit von 10,- EUR je Stück im Februar 2020 aus und sehe sich vom Beschwerdeführer unzureichend informiert.

II. Die zulässige Beschwerde ist begründet.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

a) Insbesondere ist sie gem...

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