Leitsatz (amtlich)
1. Um Fragen zum anwendbaren ausländischen Recht zu klären (hier: öffentlicher Glaube des Schweizer Handelsregisters; Rechtsnachfolge bei Fusion von Gesellschaften), kann das Grundbuchamt auch im Antragsverfahren nicht durch Zwischenverfügung aufgeben, ein Rechtsgutachten vorzulegen.
2. Zum Nachweis der Rechtsnachfolge einer juristischen Person des Schweizer Rechts nach Fusion durch Absorption.
Normenkette
GBO § 18 Abs. 1, § 22 Abs. 1, §§ 29, 32
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des AG Augsburg - Grundbuchamt - vom 25.9.2015 aufgehoben.
Gründe
I. Am 15.4.2015 wurde im Grundbuch die Abtretung einer Grundschuld an die HUS ... AG mit Sitz in der Schweiz eingetragen. Am 29.7.2015 beantragte die HSI ... AG unter Vorlage eines beglaubigten und mit Apostille versehenen, die Fusion ausweisenden Handelsregisterauszugs des Kantons Th., das Grundbuch dahingehend zu berichtigen, dass als Grundschuldgläubigerin nunmehr sie als Rechtsnachfolgerin der HUS AG eingetragen wird. Der von der Rechtspflegerin nach § 5 Abs. 2 RPflG befasste Richter vertrat die Ansicht, die Frage, in welchem Umfang ein Auszug aus dem Schweizer Handelsregister öffentlichen Glauben genieße, bemesse sich nach Schweizer Recht. Hierüber könne ebenso wenig wie dazu eine Aussage getroffen werden, ob die HSI AG Rechtsnachfolgerin der HUS AG geworden sei. Auch dies sei nach Schweizer (Gesellschafts-) Recht zu klären. Gegebenenfalls möge in eigener Zuständigkeit ein Gutachten erholt werden. Auf formloses Anforderungsschreiben der Rechtspflegerin ließ die Beteiligte daraufhin die (formlose) Auskunft eines Schweizer Rechtsanwalts zum Schweizer Fusionsrecht vorlegen.
Mit fristsetzender Zwischenverfügung vom 25.9.2015 hat das Grundbuchamt der Beteiligten aufgegeben, das Vorliegen der nach Schweizer Recht erforderlichen Voraussetzungen für die Rechtsnachfolge in der Form des § 29 GBO nachzuweisen. Die Frage der Rechtsnachfolge - für die Schweizer Recht gelte - sei mittels eines Rechtsgutachtens zu klären. Sollte diese bejaht werden, wäre ferner zu klären, ob dem Schweizer Registerauszug in gleichem Umfang öffentlicher Glaube innewohne wie dem deutschen.
Mit Beschwerde vom 9.10.2015 wendet sich die Beteiligte gegen die ergangene Zwischenverfügung. Sie meint, der Nachweis für die begehrte Eintragung sei durch den in gehöriger Form vorgelegten Handelsregisterauszug bereits erbracht. Ein entgegen ihrer Auffassung doch noch notwendiges Rechtsgutachten hätte das Grundbuchamt selbst zu veranlassen. Die Beteiligte sei nicht verpflichtet, selbst ein solches zu erholen. Verfahrensfördernd habe sie bereits eine sachkundige Stellungnahme vorgelegt. Es sei Aufgabe des Grundbuchamts, sich Kenntnis vom ausländischen Recht zu verschaffen; wie es dabei vorgehe, liege in seinem Ermessen.
Das Grundbuchamt hat, ohne abzuhelfen, die Sache dem Beschwerdesenat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das gegen die Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO gerichtete Rechtsmittel ist als unbeschränkte Beschwerde (§ 71 Abs. 1 GBO) statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 73 GBO, § 10 Abs. 2 Satz 1 FamFG). Es hat Erfolg und führt zur Aufhebung der beanstandeten Entscheidung. Weil sich der Beschwerdegegenstand auf das in der Verfügung bezeichnete Eintragungshindernis beschränkt, ist über den Eintragungsantrag selbst nicht zu entscheiden (Demharter GBO 29. Aufl. § 77 Rn. 15); dies ist vielmehr Sache des Grundbuchamts, an das die Akten zurückgegeben werden (BayObLG NJW-RR 1991, 465).
1. Die Zwischenverfügung hat schon deshalb keinen Bestand, weil das Grundbuchamt auch im Antragsverfahren nach § 13 Abs. 1 GBO sich die maßgebliche Kenntnis etwa anwendbaren ausländischen Rechts und von dessen konkreter Ausgestaltung in der ausländischen Gerichtspraxis regelmäßig selbst verschaffen muss (BGH NJW-RR 1991, 1211; MDR 2002, 899; 2003, 1128; Rpfleger 2007, 210; Demharter § 13 Rn. 5; Hügel/Zeiser GBO 2. Aufl. Internationale Bezüge Rn. 17). Das dazu Erforderliche hat das Grundbuchamt von Amts wegen zu veranlassen; eine Nachweisführung durch den Antragsteller kann es grundsätzlich nicht verlangen (vgl. auch KGJ 20, 171/178 f.). Wie das Grundbuchamt im Übrigen vorgeht, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen (BGH Rpfleger 2007, 210/211). Demgemäß kann es seine Eintragungstätigkeit nicht davon abhängig machen, dass die Beteiligte ein Rechtsgutachten zur Frage ihrer Rechtsnachfolge und - bejahendenfalls - zur Gleichwertigkeit des Schweizer Handelsregisters vorlegt. Soweit das Grundbuchamt den bezeichneten Nachweis für notwendig hält, müsste und könnte es selbst ein derartiges Gutachten in Auftrag geben (vgl. Hügel/Zeiser Rn. 20). Nichts anderes besagt im Ergebnis die Rechtsauffassung des Richters auf die Vorlage gemäß § 5 Abs. 2 RPflG. Soweit sich der Richter zu einer Auskunft über die zwei maßgeblichen Fragen zum Schweizer Recht nicht imstande sieht, entbindet dies den Rechtspfleger naturgemäß nicht von der notwendigen Ermittlung und zwingt ihn ...