Leitsatz (amtlich)

Für eine Unterlassungsklage wegen Wettbewerbsverstößen in Gestalt rufschädigender Äußerungen und Geschäftsehrverletzungen zu Lasten des Arbeitgebers, die ein ehemaliger Angestellter am letzten Tag des Arbeitsverhältnisses angeblich begangen hat, ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten, nicht zu den Zivilgerichten eröffnet, auch wenn der Deliktserfolg erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eintreten sollte.

 

Normenkette

GVG §§ 13, 17, 17a; ArbGG § 2 Abs. 1; UWG § 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 31.07.2003; Aktenzeichen 17 HKO 10606/03)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des LG München I vom 31.7.2003 – 17 HKO 10606/03 aufgehoben.

2. Der beschrittene Rechtsweg zu den Zivilgerichten ist unzulässig.

3. Der Rechtsstreit wird an das Arbeitsgericht München verwiesen.

4. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

5. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 30.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin hat mit Anwaltsschriftsatz vom 3.6.2003 Klage zum LG München I u.a. mit folgendem Antrag erhoben:

I. Dem Beklagten wird bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Dritten ggü. rufschädigende Äußerungen zu Lasten der Klägerin mit Aussagen wie „Fa. D.B. (Ges. mit beschränktem H.)” zu tätigen und/oder ein von der Klägerin lizenzierte Computerprogramm als durch einen Mitarbeiter „geklaut” zu bezeichnen.

Der Beklagte war vom 1.11.1999 bis 28.2.2003 bei der Klägerin als Leiter des deutschen Verkaufsbüros „Nord” als Angestellter tätig. Nach seinem Ausscheiden hat sich der Beklagte als Handelsvertreter selbständig gemacht.

Der Beklagte hat während seiner Tätigkeit als Mitarbeiter der Klägerin einen firmeneigenen Laptop zur Verfügung gestellt bekommen, den er bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses an die Klägerin zurückgegeben hat. Nach dem Vortrag der Klägerin hat der Beklagte diesen Laptop am 28.2.2003 mit folgender Windows XP-Lizenzinformation präpariert:

Name: „geklaut von Herrn G.”

Firma: „Fa. D.B. (Ges. m. beschränktem H.)”

Das LG hat mit Beschluss gem. § 17a Abs. 3 GVG vom 31.7.2003 den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für zulässig erklärt. Auf diesen Beschluss wird Bezug genommen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten.

Er macht geltend, die vom LG herangezogene Entscheidung des OLG Hamm (OLG Hamm v. 15.1.1988 – 9 U 120/87, NJW-RR 1988, 1022) sei mit dem Streitfall nicht vergleichbar. Zum Zeitpunkt der behaupteten streitgegenständlichen unerlaubten Handlung habe zwischen den Parteien unstreitig ein Arbeitsverhältnis bestanden. Der innere Zusammenhang zum streitgegenständlichen Arbeitsverhältnis stehe außer Frage. Der innere Zusammenhang sei allgemein dann zu bejahen, wenn die unerlaubte Handlung in der Eigenart des Arbeitsverhältnisses und den ihm eigentümlichen Berührungspunkten und Reibungen ihre Ursache finde. Im Streitfall ergebe sich die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte bereits aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a ArbGG. Zumindest sei § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. d oder Buchst. c ArbGG einschlägig.

Der Beklagte beantragt, den Beschluss des LG München I gem. § 17a Abs. 3 GVG vom 31.7.2003 – 17 HKO 10606/03) aufzuheben und den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung an das zuständige Arbeitsgericht München zu verweisen.

Die Klägerin beantragt, die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 14.8.2003 zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt den angefochtenen Beschluss. Im Streitfall seien die Arbeitsgerichte nicht zuständig, da es sich nicht um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen einem Arbeitnehmer und einem Arbeitgeber aus einem Arbeitsverhältnis oder aus einer unerlaubten Handlung handele, die mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang stehe. Der Beklagte habe alles so arrangiert, dass sich die am letzten Tag seines Arbeitsverhältnisses angelegten rechtswidrigen Handlungen während seiner freiberuflichen Tätigkeit verwirklichen sollten. Der Erfolg habe sich demnach gerade nach Ablauf des Arbeitsverhältnisses verwirklichen sollen. Ein innerer Zusammenhang mit seinen bis zum 28.2.2003 bestehenden arbeitsvertraglichen Pflichten liege damit von Hause aus nicht vor. Vielmehr seien die streitgegenständlichen Handlungen nur gelegentlich eines auslaufenden Arbeitsverhältnisses getroffen worden.

Das LG hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 19.8.2003 nicht abgeholfen.

Im Übrigen wird auf die im Beschwerdeverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II. Die zulässige (§ 17a Abs. 4 S. 3 GVG; § 567 Abs. 1 Nr. 1, § 569 ZPO) sofortige Beschwerde des Beklagten hat Erfolg.

1. Im Streitfall ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten, nicht zu den Zivilgerichten eröffnet.

a) Die Arbeitsgerichte sind auch für wettbewerbsrechtliche Streitigkeiten nach Maßgabe des § 2 Abs. 1, Abs. 3 ArbGG zuständig. Als unerlaubte Handlung i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. d ArbGG ist jeder Wettbewerbsverstoß anzusehen; ein Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis ist imm...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?