Leitsatz (amtlich)
1. Die Firma der deutschen Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft unterliegt grundsätzlich den Vorschriften des § 18 HGB.
2. Ist die Gesellschaft nach dem Recht eines Mitgliedstaats der Europäischen Union rechtmäßig gegründet, ist bei der Auslegung der nationalen firmenrechtlichen Vorschriften der Niederlassungsfreiheit Rechnung zu tragen.
3. Für die Zweigniederlassung einer englischen Private Limited Company kann die Firma "Planung für Küche und Bad Ltd." zulässig sein.
Normenkette
HGB § 18 Abs. 1; EGV Art. 43, 48
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 24.08.2006; Aktenzeichen 17 HK T 12800/06) |
AG München (Aktenzeichen 13 AR 7431/05) |
Tenor
I. Auf die weitere Beschwerde der beteiligten Gesellschaft vom 30.9.2006 wird der Beschluss des LG München I vom 24.8.2006 aufgehoben.
II. Die Sache wird zu anderer Behandlung und neuer Entscheidung an das LG München I zurückverwiesen.
Gründe
I. Die Beteiligte ist eine Gesellschaft (Private Limited Company) mit Sitz in Birmingham/England. Sie hat die Errichtung einer Zweigniederlassung in Dachau zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet. Das Registergericht hat mit Beschluss vom 8.5.2006 die Eintragung u.a. deshalb abgelehnt, weil die Firma "P. Ltd." unzulässig sei. Das LG hat die Beschwerde der beteiligten Gesellschaft mit Beschluss vom 24.8.2006 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde. Diese wird im Wesentlichen darauf gestützt, dass die nach englischem Recht zulässige Firma der Gesellschaft auch für die Niederlassung in Deutschland einzutragen sei, weil zwingende Gründe des Allgemeinwohls, wie der Schutz des Rechtsverkehrs gegen Täuschung und Missbrauch, nicht entgegenstünden.
II. Die weitere Beschwerde ist zulässig. Sie ist auch begründet, soweit sie sich gegen die Beanstandung der Firma richtet.
1. Das LG hat ausgeführt:
Die Firmierung der Zweigniederlassung sei nach § 18 Abs. 1 HGB unzulässig. Die Firma der Zweigniederlassung müsse - im Gegensatz zur Firma der Gesellschaft im Ausland - grundsätzlich deutschem Recht entsprechen. "Planung für Küche und Bad" sei eine reine Beschreibung der beabsichtigten Tätigkeit und verfüge deshalb nicht über hinreichende Unterscheidungskraft. Erforderlich sei ein Zusatz, etwa der Sitz der Firma oder der Name eines Gesellschafters. Aus dem Europarecht ergäben sich keine Einschränkungen für die Vorschriften zur Firmenbildung. Die Publizitätsrichtlinie für Zweigniederlassungen fordere nur die Offenlegung der Firma, enthalte aber keine Vorschriften dazu, nach welchem Recht sich die Firmenbildung bestimme. Ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit liege nicht vor, da der Firma lediglich ein unterscheidungskräftiger Zusatz beigefügt werden müsse und die Kontinuität gewahrt bleibe. Das Registergericht habe ferner zu Recht beanstandet, dass noch keine förmliche Kopie der Satzung nebst Betätigung und Apostille vorliege. Die beantragte Frist zur Beibringung müsse das Beschwerdegericht jedoch nicht gewähren, da die Beschwerde ohnehin wegen der unzulässigen Firma zurückzuweisen sei.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.
a) Anmeldung und Eintragung der deutschen Zweigniederlassung einer englischen Private Limited Company bestimmen sich nach §§ 13d, 13e und 13g HGB. Diese Vorschriften, mit denen die Elfte gesellschaftsrechtliche Richtlinie über die Offenlegung von Zweigniederlassungen (89/666/EWG) in nationales Recht umgesetzt wurde, enthalten - ebenso wie die Richtlinie selbst - keine besonderen Regelungen zur Firma der Zweigniederlassung.
b) Nach internationalem Privatrecht unterliegt die Firmierung eines Unternehmens dem Gesellschaftsstatut. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist die einem Vertragsstaat nach dessen Vorschriften wirksam gegründete Gesellschaft in einem anderen Vertragsstaat - unabhängig von dem Ort ihres tatsächlichen Verwaltungssitzes - in der Rechtsform anzuerkennen, in der sie gründet wurde. (vgl. EuGH v. 5.11.2002 - Rs. C-208/00, MDR 2003, 96 = GmbHR 2002, 1137 = AG 2003, 37 = NJW 2002, 3614 - Überseering; EuGH v. 30.9.2003 - Rs. C-167/01, AG 2003, 680 = GmbHR 2003, 1260m. Anm. Meilicke = MDR 2003, 1303 = NJW 2003, 3331 - Inspire Art; BGHZ 154, 185, 189). Für die Beurteilung des Satzungssitzes und des Gesellschaftsstatuts ist es ohne Belang, ob die Gesellschaft ihre Tätigkeit auch im Gründungsstaat entfaltet. Gesellschaftsstatut ist hier deshalb englisches Recht. Nach diesem entscheidet sich, welche Firma die Gesellschaft rechtmäßig führt. Die Firma "P.", unter der die Gesellschaft in England im Register des "Companies House" eingetragen wurde, begegnet nach englischem Recht ersichtlich keinen Bedenken.
c) Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob die Gesellschaft ihre Firma unverändert in einem anderen als dem Gründungstaat verwenden oder - wie hier - als Firma einer Zweigniederlassung in das Handelsregister eintragen lassen kann. Nach überwiegender Meinung ist für die Zulässigkeit der Firma einer Zw...