Leitsatz (amtlich)
1. Das höchstpersönliche Recht der kassenärztlichen Zulassung wird nicht berührt, wenn sich ein Arzt im Rahmen eines Gesellschaftsvertrages zum Betrieb einer Gemeinschaftspraxis im Fall der außerordentlichen Kündigung durch einen Gesellschafter verpflichtet, an der Rückübertragung des von ihm nicht eingebrachten Kassenarztsitzes an die Gesellschaft im Wege des Nachbesetzungsverfahrens mitzuwirken.
2. Ein Streit hierüber kann Gegenstand eines schiedsrichterlichen Verfahrens sein und im Aktivprozess vom Insolvenzverwalter wirksam aufgenommen werden.
3. Zur Frage, ob ein Teilschiedsspruch, der einen Arzt verpflichtet, einen Antrag auf Ausschreibung seines Kassenarztsitzes zu stellen und auf seine kassenärztliche Zulassung zu verzichten, gegen den Grundsatz des ordre public verstößt.
Normenkette
BGB § 138; InsO § 85; SGB V § 103; ZPO §§ 240, 1030 Abs. 1, § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a, Nr. 2 Buchst. a, b
Tenor
I. Der Antrag, den Teilschiedsspruch vom 13.12.2006 aufzuheben, wird abgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der dem Antragsgegner zu 1) entstandenen außergerichtlichen Kosten ab dem 21.12.2007. Diese trägt der Antragsgegner zu 1) selbst.
III. Der Geschäftswert für das gerichtliche Verfahren wird auf 175.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien führen im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis ein schiedsgerichtliches Verfahren, in dem bereits mehrere Teil-schiedssprüche ergangen sind.
Durch Vertrag vom 28.8.2002 schlossen sich der Antragsteller und der Antragsgegner zu 1), die Radiologen sind, unter Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zur Ausübung ihrer Tätigkeit in einer kassen- und privatärztlichen Gemeinschaftspraxis zusammen, die der Antragsgegner zu 1) vorher mit einem anderen Radiologen betrieben hatte. Dessen Vertragsarztsitz sollte der Antragsteller im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens übernehmen. Der Gesellschaftsvertrag (GV) enthält in § 24 eine Schiedsklausel, nach der Streitigkeiten aus dem Vertrag, einschließlich etwaiger Streitigkeiten über die Gültigkeit dieses Vertrags, unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs von einem Schiedsgericht entschieden werden. Nähere Einzelheiten zum Verfahren regelt die am selben Tag abgeschlossene Schiedsgerichtsvereinbarung. Sie besagt in § 3 u.a., dass das Schiedsgericht in der Gestaltung des Verfahrens frei ist, der Vorsitzende für dessen schnelle Durchführung zu sorgen hat, der Schiedsspruch aufgrund einer mündlichen Verhandlung erlassen werden soll und ergänzend die Bestimmungen der §§ 1025 ff. ZPO gelten.
Nach Aufnahme der gemeinsamen Berufstätigkeit kam es zu Spannungen unter den Gesellschaftern und schließlich zu einer außerordentlichen Kündigung des Antragsgegners zu 1), über deren Wirksamkeit und Folgen zunächst Streit bestand. Durch Teilschiedsspruch vom 15.3.2006 stellte das Schiedsgericht auf Antrag des Antragsgegners zu 1) und dortigen Schiedsklägers u.a. fest, dass die mit Vertrag über die Errichtung einer Gemeinschaftspraxis vom 28.8.2002 zwischen dem Schiedskläger und dem Schiedsbeklagten begründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts durch die außerordentliche fristlose Kündigung vom 7.4.2005 ihr Ende gefunden und der Schiedskläger sein Übernahmerecht nach § 18 Ziff. 1 GV wirksam ausgeübt hat. Der Schiedsbeklagte wurde zur Räumung der Praxis verpflichtet. Den hiergegen gerichteten Antrag auf Aufhebung des Teilschiedsspruchs wies der Senat am 20.12.2006 (34 Sch 016/06) zurück.
Im selben schiedsgerichtlichen Verfahren erhob der Antragsgegner Anspruch auf den Kassenarztsitz, den der Antragsteller innehat, und berief sich auf § 20 Ziff. 3 GV, der wie folgt lautet:
3. Jeder Arzt, der aus diesem Vertrag ausscheidet, verpflichtet sich, seinen Kassenarztsitz im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens zugunsten der Gemeinschaftspraxis auszuschreiben. Er verpflichtet sich, alles Erforderliche zu tun, damit die Übertragung des Arztsitzes zugunsten der Gemeinschaftspraxis durch den Zulassungsausschuss vorgenommen werden kann.
Will keiner der Vertragschließenden die bisher geführte Gemeinschaftspraxis fortsetzen, so kann im Einvernehmen der Vertragspartner im Rahmen der Auseinandersetzung der Gemeinschaftspraxis jeder Arzt seinen Kassenarztsitz weiter nutzen.
Am 13.12.2006 erging durch das Schiedsgericht in München hierzu folgender Teilschiedsspruch:
I.1. Der Schiedsbeklagte wird verurteilt, einen Antrag auf Ausschreibung seines Kassenarztsitzes bei der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB) zu stellen.
2. Der Schiedsbeklagte wird ferner verurteilt, ggü. der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB) in M. einen Verzicht auf seinen Kassenarztsitz gem. § 103 Abs. 4 S. 1 in Verbindung m. § 103 Abs. 6 S. 1 SGB V zugunsten der vom Schiedskläger betriebenen radiologischen Praxis ... zu erklären.
II. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
Der Antragsteller trägt vor, der Schiedsspruch verstoße gegen den Grundsatz des ordr...