Leitsatz (amtlich)
Lässt sich ein Verwalter bei der Leitung einer Eigentümerversammlung von einem Rechtsanwalt vertreten, so sind die in der Versammlung gefassten Beschlüsse keine Nichtbeschlüsse. Ob wegen einer solchen Vertretung Beschlüsse für ungültig erklärt werden können, bleibt offen. Eine Ungültigerklärung ist jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn feststeht, dass sich die Versammlungsleitung durch den Vertreter auf das Beschlussergebnis nicht ausgewirkt haben kann.
Normenkette
WEG § 24 Abs. 5
Verfahrensgang
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners und der weiteren Beteiligten wird der Beschluss des LG Ingolstadt vom 7.3.2005 aufgehoben.
II. Die Sache wird zur weiteren Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das LG zurückverwiesen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 87.281,02 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragsteller und der Antragsgegner waren Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Die Antragstellerin und der Antragsteller waren Miteigentümer je zur Hälfte eines Miteigentumsanteils von 1/9. Der Antragsteller war Miteigentümer zu 2/9, der Antragsgegner Miteigentümer zu 6/9. Nach der Teilungserklärung richtet sich das Stimmrecht nach Miteigentumsanteilen.
Die weitere Beteiligte ist Verwalterin der Wohnanlage.
Am 26.4.2001 fand eine Eigentümerversammlung statt. Dort wurden verschiedene Beschlüsse gefasst, wegen deren Inhalt auf die Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen wird.
Die Eigentümerversammlung leitete als Vertreter der weiteren Beteiligten der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners und der weiteren Beteiligten. Dieser vertrat auf der Versammlung auch den Antragsgegner. Die Antragstellerin wurde ebenfalls vertreten. Der Antragsteller war persönlich anwesend.
Die Antragsteller haben beim AG die Ungültigerklärung der auf der Eigentümerversammlung gefassten Beschlüsse beantragt. Mit Beschl. v. 22.4.2004 hat das AG einen Teil der Beschlüsse für ungültig erklärt und die Anträge im Übrigen abgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller hat das LG am 7.3.2005 die Entscheidung des AG dahin abgeändert, dass sämtliche auf der Eigentümerversammlung gefassten Beschlüsse für ungültig erklärt wurden. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners und der weiteren Beteiligten.
II. Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung der landgerichtlichen Entscheidung und zur Zurückverweisung.
1. Das LG hat ausgeführt: Sämtliche Beschlüsse, die auf der Eigentümerversammlung vom 26.4.2001 gefasst worden seien, seien unter Verstoß gegen das Prinzip der Nichtöffentlichkeit zustande gekommen und die Ursächlichkeit des Verstoßes für die Beschlussfassung lasse sich nicht ausschließen. Es stelle einen Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit dar, wenn anstelle der Verwalterin und des mit Stimmenmehrheit ausgestatteten Miteigentümers in Doppelfunktion ein Rechtsanwalt auftrete. Eine ungestörte Meinungsbildung der Wohnungseigentümer sei von vornherein ausgeschlossen. Außerdem stelle die Vertretung in der Versammlungsleitung einen Verstoß gegen § 24 Abs. 5 WEG dar.
2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit der Eigentümerversammlung ist nicht verstoßen worden. Dieser Grundsatz schließt es nämlich nicht aus, dass sich ein zur Teilnahme Befugter vertreten lässt (Palandt/Bassenge, 64. Aufl., § 24 WEG Rz. 15 und § 25 WEG Rz. 3). Eine abweichende Regelung durch Vereinbarung, insb. eine Beschränkung der Vertretungsmöglichkeit, hat das LG nicht festgestellt. Im Hinblick auf § 24 Abs. 5 WEG erscheint es allerdings nicht unbedenklich, dass die Verwalterin die Leitung der Versammlung einem Rechtsanwalt übertragen hat (LG Berlin v. 3.9.1986 - 191 T 67/86 WEG, WuM 1989, 203; Staudinger/Bub, BGB, § 25 WEG Rz. 87a). Ob und ggf. inwieweit eine solche Vertretung zulässig ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung.
b) Selbst wenn man davon ausgeht, dass eine derartige Vertretung unzulässig ist und auch nicht stillschweigend durch die Versammlungsteilnehmer genehmigt wurde, führt dies jedenfalls in einer Fallkonstellation wie der vorliegenden nicht dazu, dass die gefassten Beschlüsse Nichtbeschlüsse sind. Der gegenteiligen Auffassung von Lüke (Weitnauer, WEG, 9. Aufl., § 24 Rz. 15) vermag der Senat nicht zu folgen. Der Verwalter kann sich nicht nur bei seiner Anwesenheit einer Hilfsperson bedienen (BayObLG NZM 2001, 766), sondern kann die Versammlungsleitung auch auf einen Dritten übertragen, jedenfalls dann, wenn dieser in seinen Geschäftsbetrieb eingegliedert ist (Staudinger/Bub, BGB, § 24 WEG Rz. 87). Auch für Personengesellschaften und juristische Personen als Verwalter ist anerkannt, dass die Versammlungsleitung nicht von dem vertretungsberechtigten Gesellschafter bzw. Vorstand oder Gesc...