Leitsatz (amtlich)

Ein nach § 147 Abs. 2 AktG zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft bestellter besonderer Vertreter kann nicht als Nebenintervenient auf Seiten der Klagepartei einem Rechtsstreit beitreten, in dem ein für das Bestehen der Ersatzansprüche möglicherweise relevanter Hauptversammlungsbeschluss angefochten wird. Weder ist der besondere Vertreter als "Organ" der Gesellschaft in einem solchen Verfahren selbst parteifähig noch hat er gem. § 66 Abs. 1 ZPO ein eigenes rechtliches Interesse am Ausgang des Rechtstreits.

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 31.01.2008; Aktenzeichen 5 HKO 19782/06)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde des Nebenintervenienten zu 5) gegen die Zurückweisung seiner Nebenintervention durch Zwischen- und Schlussurteil des LG München I vom 31.1.2008 wird zurückgewiesen.

II. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Beschwerdewert wird auf 10.000 EUR festgesetzt.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Beschwerdeführer wurde mit Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 26./27.6.2007 als besonderer Vertreter gem. § 147 Abs. 2 Satz 1 AktG bestellt, um Ersatzansprüche der Gesellschaft gegen Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats der Beklagten sowie gegen deren Mehrheitsaktionärin, die UniCredit S. p. A., und mit dieser verbundene Unternehmen geltend zu machen. Dem Beschluss vom 26./27.6.2007 zufolge sollen sich diese Ersatzansprüche aus dem Verkauf der Bank Austria Creditanstalt AG durch die Beklagte sowie aus einem zwischen der Beklagten und UniCredit am 12.6.2005 geschlossenen "Business Combination Agreement" ergeben.

Einem Kaufvertrag vom 12.9.2006 zwischen der Beklagten als Verkäuferin und UniCredit als Käuferin über 113.989.900 Aktien der Bank Austria Creditanstalt AG war durch Hauptversammlungsbeschluss der Beklagten vom 25.10.2006 zugestimmt worden. Dieser Beschluss wird im vorliegenden Rechtsstreit von den Klägern angefochten. Darüber hinaus begehren die Kläger u.a. die Feststellung, dass das "Business Combination Agreement" der Zustimmung der Hauptversammlung bedarf.

In erster Instanz erklärte der Beschwerdeführer seinen Beitritt als Nebenintervenient auf Seiten der Kläger. Die Beklagte beantragte die Zurückweisung der Nebenintervention. Durch das angefochtene, mit dem Schlussurteil verbundene Zwischenurteil wies das LG die Nebenintervention zurück, weil kein rechtliches Interesse i.S.d. § 66 Abs. 1 ZPO bestehe. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde vom 15.2.2008.

II. Die nach § 71 Abs. 2 ZPO statthafte und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig.

Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet.

Der Beitritt als Nebenintervenient gem. § 66 ZPO wurde vom Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als gem. § 147 Abs. 2 AktG bestellter besonderer Vertreter der Beklagten erklärt. Insbesondere im Schriftsatz vom 22.1.2008 stellte er klar, dass er weder als natürliche Person dem Rechtsstreit beitreten noch den Beitritt für die von ihm vertretene Gesellschaft, also die Beklagte, erklären wolle. Der Beitritt solle vielmehr durch den besonderen Vertreter als Organ der Gesellschaft erfolgen.

Die Zulässigkeit dieses Beitritts erfordert zum einen, dass ein besonderer Vertreter als solcher gem. § 50 ZPO parteifähig ist; denn Nebenintervenient kann nur sein, wer parteifähig ist (Schultes in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl., § 66 Rz. 23). Zum anderen setzt der Beitritt ein eigenes rechtliches Interesse des besonderen Vertreters voraus: Die Entscheidung des Rechtsstreits muss sich unmittelbar oder mittelbar auf die rechtlichen Verhältnisse des besonderen Vertreters günstig oder ungünstig auswirken (vgl. z.B. Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 66 Rz. 8 m.w.N.). Beides ist nach Auffassung des Senats nicht gegeben.

I. Zur Frage der Parteifähigkeit hat der Beschwerdeführer erstinstanzlich u.a. auf verschiedene Stellen in der Kommentarliteratur verwiesen, in denen - allerdings ohne nähere Begründung - ausgeführt wird, dass der besondere Vertreter Organ der Gesellschaft sei. Diese vorwiegend begriffsjuristische Argumentation ist wenig fruchtbar: Ob man den besonderen Vertreter als Organ bezeichnet oder nicht, besagt weder etwas über seine Parteifähigkeit noch über den Umfang seiner Kompetenzen. Den - spärlichen - gesetzlichen Regelungen über den besonderen Vertreter in § 147 Abs. 2 AktG ist eine Parteifähigkeit desselben nicht zu entnehmen. Diese Bestimmungen lassen lediglich erkennen, dass der besondere Vertreter zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft bestellt werden kann. Soweit § 147 Abs. 2 Satz 5 AktG einem gerichtlich bestellten besonderen Vertreter einen Auslagenersatz- und Vergütungsanspruch zuerkennt, betrifft dies Rechte der als besonderer Vertreter bestellten natürlichen Person, aber nicht den besonderen Vertreter als "Organ". Im Grundsatz ist davon auszugehen, dass selbst Organe einer Aktiengesellschaft nicht parteifähig sind. Ausnahmen können gelten, soweit ein Organ eigene ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge